Verschieden germanisch: Roadshow durch Feindgebiete
Der deutsche Durchschnittsmann beschwerte sich laut einem neuen Spiegel-Report im vergangenen Jahr mit fast 43 Kilogramm Früchten und 540 Gläsern mit alkoholischem Inhalt.
Er ging in Pyjama gekleidet zu Bett und hatte 117 Mal Sex mit seiner Gattin. Diese Umfrage-Ergebnisse präsentierte das Spiegel-Magazin seinen englischsprachigen Lesern: »What makes the Average German tick?«, lautete die Fragestellung.
Das ist ein rührender Versuch, den Angelsachsen diffizilere Einsichten in das deutsche Wesen zu vermitteln. Viele Briten und Amerikaner bestehen ja auf die bewährte Erkenntnis, dass die »Krauts« lieber mit Pickelhaube und Schäferhund zu Bett gehen als mit Früchten und Frauen. Solche Klischees müssen natürlich korrigiert werden.
Der Spiegel beeilt sich jedoch gleichzeitig festzustellen, dass es diese idealtypische Quersumme aller Deutschen so natürlich gar nicht gibt. Richtiger: gar nicht geben kann. Bayer ist nicht gleich Preuße, Sachse nicht gleich Saarländer. Von Österreichern und Schweizern, unseren DACH-Nachbarn, trauen wir uns gar nicht zu sprechen. Auch wenn eine Neuauflage innerdeutscher Massenkeilereien à la Königgrätz vorerst nicht zu erwarten ist, an der Treue des Deutschen zu seinem speziellen Germanenstamm hat sich seit der Völkerwanderung recht wenig geändert.
Das müssen auch die deutschen Distributionsgrößen schmerzhaft erfahren. Die größte Branchenmesse »IM.Top« von IngramMicro in München halten viele norddeutsche ITK-Reseller für das jährliche Treffen der bayerischen Rinderzüchter, während die bajuwarischen IT-Profis den Bochumer »Channeltrends«- Kongress von Actebis für eine ambitionierte Kunst-Performance im Rahmen der Ruhr-Triennale halten mögen.
Solche Weißwurst-Äquatoren müssen natürlich überwunden werden, will man ein solides Deutschlandgeschäft aufweisen. Deshalb schickt Ingram Micro seinen Deutschland-Chef Gerhard Schulz im Sommer nach Berlin. Dort präsentiert sich der Ur-Bayer den Handelskunden weltmännisch preußisch mit schneidiger Pickelhaube. Weitere Tourdaten sehen dann Hamburg (Gerhard Schulz mit Schiffer-Klavier) und das Ruhrgebiet (Gerhard Schulz als Bergbau-Kumpel) vor. Die Konkurrenz schlägt natürlich zurück: »Kohl und Pinke«- Spezialistin Bärbel Schmidt kredenzt für die Actebis-Kunden in Bayern Schweinshax’n mit Knödeln und für die Wiener Reseller Kalbsschnitzel mit Apfelstrudel. Unklar ist noch, wie Tech Data seine flämische Speerspitze Els Demeester auf der DACH-Tour positioniert.
Gerüchteweise haben die Schweizer TD-Mitarbeiter ihre Regionspräsidentin rechtzeitig davor gewarnt, belgische Schokolade und südniederländische Käseprodukte ins Land einführen zu wollen. Und das alles sollen US-amerikanische Konzernleitungen begreifen….