Von Dieter Bohlen lernen
Dass der Stadtverwaltung in San Francisco dank der Aktivitäten eines frustrierten Administrators um ein Haar ihr Netzwerk abhanden kam, mag bei vielen IT-Verwaltern Schadenfreude ausgelöst haben. Dabei könnte sich ein solcher Vorfall auch hier zu Lande abspielen.

Frag den Dieter. So heißt dessen Kolumne in der »Bravo«. Darin berät Herr Bohlen aufgewühlte Teenager, wie sie ihre aktuellen Liebeskrisen meistern können.
Der Mann ist gewiss der richtige. Hat er doch bereits zwei Ehen erfolgreich hinter sich gebracht, von denen die letzte einen Monat währte. Aber hat nicht einen gewissen Reiz, ihn bei Liebesdingen als Experten, als negatives Vorbild zu platzieren? Denn wer wüsste es besser, wie man es nicht macht?
Ob Terry Childs seine aktuelle Prominenz dazu nutzt, einen vergleichbaren Status als Fachmann zu etablieren, steht noch aus. Gesichert ist, dass seine köstlich skurrile Entführungsgeschichte des Glasfasernetzes in San Francisco vor Reiz und Schadenfreude nur so protzt.
Man fragt sich nur: Wie konnte das bloß geschehen? Wie sind die denn aufgestellt? Haben die denn nicht aufgepasst?
Der Fingerzeig auf den anderen ist ab und zu durchaus genussvoll, da eine gewisse Schadensfreude kaum zu unterdrücken ist. Aber an dieser Stelle darf die intellektuelle Arbeit nicht stoppen.
Denn Ereignisse wie diese tragen in sich essenzielles Wissen. Sie legen gnadenlos offen, woran die IT in den Unternehmen vor allem im Alltag krankt. Seien es die offensichtlichen Schwächen in der Organisation und den Prozessen, wie beim amerikanischen Glasfasernetzbetreiber. Oder technische Mängel bei Software-Produkten, auf denen beispielsweise ganze Business-Modelle der Malware-Industrie beruhen.
Das Erfreuliche an Vorkommnissen dieser Art: Sie passierten jemand anderem. Jemandem wie der IT-Abteilung der Stadtverwaltung San Francisco. Sie darf sich der Schadenfreude der ganzen IT-Welt sicher sein und muss mit weitaus ernsthafteren Konsequenzen rechnen.
Ein Glücksfall also für alle anderen Netzbetreiber und Unternehmen, die diesen Vorfall allerdings sinnvoll ausschlachten sollten -- indem ihr Blick von dem Ereignis auf das eigene Netz, die eigenen Prozesse gelenkt wird.
Könnte das, was bei denen passiert ist, auch bei uns geschehen? Wie sind beispielsweise die Rechte der internen IT-Abteilung bei uns vergeben? Wer kontrolliert diese?
Es sind schließlich Figuren wie Childs, deren Taten die EDV-Welt, so eigenartig es klingen mag, am Ende ein Stück besser machen können. Denn die richtigen Schlüsse aus ihren Fällen ziehen heißt, die eigene IT stärker zu sichern.
Ihr Michael Piontek
Michael Piontek ist der Security-Spezialist von Network Computing.