Workflow-Optimierung durch E-Akte

9. Februar 2006, 0:00 Uhr |
Immer kürzere Prozesse und ein steigender Grad an Automatisierung prägen heutzutage die Bankenlandschaft. Foto: Westdeutsche Immobilienbank

Workflow-Optimierung durch E-Akte. Großer Konkurrenzdruck und anspruchsvolle Kunden machen IT-Veränderungen erforderlich, um erfolgreich am Markt agieren zu können. Die Westdeutsche Immobilienbank (WIB) stellte sich diesen Herausforderungen.

Workflow-Optimierung durch E-Akte

Die WIB verarbeitet täglich über 6000 Dokumente, wie Briefe, Darlehensunterlagen oder Fotos. In der Vergangenheit wurden diese mit Hilfe eines firmeneigenen Informationserfassungssystems gebucht und manuell in die entsprechenden Kundenakten einsortiert. Diese wurden archiviert und bei Bedarf durch einen internen Botendienst zurück in die Bearbeitung gebracht. Mit zunehmender Kundenzahl und der damit verbundenen Fülle von Dokumenten entstand Handlungsbedarf.
Der Prozess vom Posteingang bis zur Bearbeitung dauerte zu lange, um schnell und flexibel auf die  Kundenanfragen (per Telefon oder E-Mail) eingehen zu können. Die benötigte Akte konnte nur von einem Mitarbeiter bearbeitet werden und musste anschließend wieder zurück an das Archiv gegeben werden. Erst von dort aus konnten andere Mitarbeiter diese anfordern. Bis zur Auslieferung der Informationen vergingen zwischen einen halben und einen ganzen Tag. Lag die Akte bei Anforderung nicht im Archiv, sondern bei einem anderen Mitarbeiter, dauerte es dann erheblich länger. »Daher haben wir beschlossen, mit der elektronischen Akte auf den papierlosen Schreibtisch zu setzen«, berichtet Dr. Rainer Wilhelm, Leiter Betriebsorganisation der WIB.

Umsetzung des Projektes
Der Startschuss für das Projekt »E-Akte« fiel im Oktober 2002. Erforderlich war ein Scan-System, das die Dokumente zügig und zuverlässig liest und über eine Schnittstelle mit den bestehenden Auskunftssystemen koppelt. Die komplexen Kunden- und Objektakten mussten verlinkt werden, sodass sie am Bildschirm mit wenigen Maus-Klicks aufrufbar waren.
Zusammen mit der xft GmbH wurde das Vorhaben binnen eines Jahres umgesetzt. Nach einer vierwöchigen Pilotphase in der Testumgebung und Mitarbeiterschulungen, wurde die »digitale Akte« im Oktober 2003 eingeführt. Das neue System beinhaltet alle Daten, Vertragsunterlagen und den Schriftverkehr mit dem Darlehensnehmer. Auch die zahlreichen Bestandsakten sind elektronisch archiviert worden. Den Kreditreferenten und Kundenberatern ermöglicht die Lösung den vollständigen Überblick über alle Geschäfte mit dem Kunden ? immer up to date. Neu eingescannte Dokumente gelangen per SAP Workflow zum Sachbearbeiter, der diese virtuell in die elektronische Akte einsortiert.

Technische Aspekte
Bei der Architektur der Lösung wurde in dem deutschen Bankensektor ein neuer Weg beschritten. Die gesamte Akten-, Dokument- und Prozesslogik liegt dabei zentral in dem eigens dafür installierten SAP-Netweaver-System, das als technologische Plattform und E-Aktensystem dient. Zur Abbildung des notwendigen Funktionsspektrums wurden sämtliche relevanten Zusatzsysteme über Schnittstellen an das E-Aktensystem angebunden.
Dazu zählen unter anderem: die SAP-basierten Bankenkernsysteme, ein WIB-eigenes CRM-System, ein revisionssicheres Archivsystem, eine Scanlösung aus dem Hause Dicom und das Produkt »xft queue Manager« zur Steuerung der dokumentbasierten Ein- und Ausgänge.
Bei diesem anspruchsvollen Portfolio von zu integrierenden Systemen und Funktionen wurde der Bank schnell klar, dass klassische, rein DMS-basierte Ansätze nicht hinreichend gewesen wären, um die gewünschten positiven Effekte auf die Prozesseffizienz der Bank zu liefern. Hierfür eigneten sich moderne und offene Service-Architekturen, wie sie SAP mit Ihrem Produkt SAP Records Management auf Basis von Netweaver anbietet. Das Besondere daran ist der generische Ansatz und somit die Möglichkeit zur beliebigen Wiederverwendung der aktivierten Aktentypen, Prozesse und Services.
Ein praktisches Beispiel für den Einsatz der Service-Architektur ist die Umsetzung des Scannens in der Poststelle. Über die standardisierte Integration der Scanstation mit dem SAP-System über den xft queue manager können beliebige Dokumentarten erfasst, im Archivsystem abgelegt und an das SAP-Hauptsystem übergeben werden. Aktuell wird dabei im Bereich Posteingang für Kundenakten- und Darlehensverarbeitung mit zirka hundert Dokumentarten gearbeitet. Die revisionssichere Ablage erfolgt dabei frühzeitig direkt nach dem Stapelscannen mit Barcode-Erkennung, noch bevor die Kontrolle an SAP übergeben wird. Diese Integration hat sich in der Praxis bereits mehrfach durch schnelle Aktivierung, Transparenz in der Administration, Zuverlässigkeit und hohe Performance bewährt.
Dieses Prinzip des spezifischen Einsatzes generischer Funktionen gilt für den gesamten Lösungsansatz bei der WIB. Die Bank hat somit die technologische Grundlage geschaffen, auf dieser Basis weitere Aktentypen und Prozesslösungen zu realisieren, oder sich auch über die in SAP grundsätzlich gegebene Mandantenfähigkeit im Bereich der Darlehensverwaltung als E-Akten Service Provider für weitere Kunden zu positionieren. Es ist somit ? trotz komplexer Aufgabenstellung ? gelungen, eine saubere Struktur aufzusetzen, die auch für zukünftige Lösungen tragfähig ist und nicht als hoch individuelle Insellösung aufgrund mangelnder technologischer Perspektiven und steigender Wartungskosten irgendwann nicht mehr nutzbar ist.

Messbarer Erfolg
Das Zusammenspiel der Systeme hat sich positiv auf Kundenservice und -zufriedenheit ausgewirkt. Jetzt sind die notwendigen Informationen ad hoc auf dem Bildschirm abrufbar. Im stark umkämpften Privatkundengeschäft konnte die Bearbeitungszeit durch den verkürzten und verschlankten Prozess reduziert werden. In der verbesserten Kundenakte werden nur noch die Dokumente im Original aufbewahrt, bei denen es der Gesetzgeber durch Aufbewahrungsfristen vorsieht, und es aus Beweisgründen erforderlich ist. Der Aktenumfang konnte um bis zu siebzig Prozent reduziert werden, wodurch Einsparpotential in den Archivräumen geschaffen wurde.
Bei den Mitarbeitern herrschte Anfangs Skepsis. Sie fürchteten die vermehrte Arbeit vor dem Bildschirm. Doch die Vorteile der papierlosen Akte überzeugten. Die umständliche und langwierige Suche nach Akten oder Dokumenten ist stark vereinfacht. Die Wartezeit auf entliehene Akten entfällt, da auf eine elektronische Kundenakte mehrere Nutzer gleichzeitig zugreifen können. »Statt Zeit mit der Jagd nach der richtigen Akte zu verbringen, können sich die Sachbearbeiter voll auf das eigentliche Tagesgeschäft konzentrieren«, bringt es Jörg Wenk, Leiter der Neugeschäftsbetreuung Privatkunden, auf den Punkt.
Durch das neue System sind die Wege kürzer geworden. Die Fäden für die elektronische Erfassung laufen im Bereich Orga/EDV der WIB zusammen. Um den Mitarbeitern einen reibungslosen Umgang mit dem System zu ermöglichen, steht eine Hotline zur Verfügung. Das neue System weist, dank hoher Bildqualität und Strichcodeerkennung, eine niedrige Fehlerquote auf. Die Häufigkeit von Fragen und Beschwerden zu der Erfassung ist nach der Einführungsphase deutlich zurückgegangen. Diese Zeitersparnis auch bei der EDV-Abteilung schafft Freiraum für eine permanente Weiterentwicklung des Systems.   

Uwe Jablonka ist Bankdirektor bei der Westdeutschen Immobilienbank.


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+