Wortmann AG plant vorsichtige Expansion: Heile Welt in Hüllhorst. Für Experimente ist bei der Wortmann AG kaum Platz. Im Vordergrund steht das Brot-und-Butter-Geschäft. Die Distribution vertreibt alles, was im Computer steckt ? die Eigenmarke bewegt sich im Produktumfeld der PCs, Server und Monitore. Dieses Rezept sorgte für steigende Umsätze und eine satte Rendite.
In Hüllhorst zählt die Wortmann AG zu den größten Unternehmen, und Firmenchef Siegbert Wortmann zu den bedeutenden Unternehmern. Das mag auch etwas damit zu tun haben, dass der 49-Jährige seiner ostwestfälischen Heimat immer treu geblieben ist und Einfluss ausübt. »Natürlich denkt man als Unternehmer schon mal daran, den einen oder anderen Bereich auszulagern. Aber eigentlich war das nie ein Thema für mich.« Mittlerweile nutzt er die Treue zur Heimatregion sogar als Argument für die Eigenmarkenprodukte Terra: »Ich sag den Mittelstandskunden ganz klar, wenn ihr bei HP, IBM oder anderen großen Konzernen kauft, dann kauft ihr Hardware, die irgendwo in Asien gebaut wird. Wer bei mir kauft, unterstützt den Standort Deutschland. Denn wir bauen hier im Land, zahlen hier unsere Steuer und beschäftigen Menschen von hier.«
So viel Patriotismus kommt beim Mittelstand an, versichert Wortmann. Vorausgesetzt, die Preise unterscheiden sich nicht zu stark. Aber da glaubt er, ganz gut im Rennen zu liegen. Ob PCs, Notebooks, Server, oder LC-Monitore, ob von der Stange oder im BTO gefertigt ? Wortmann hat sich bei Fachhändlern und Systemhäusern gut etabliert. »In der Hardware gibt es kaum Unterschiede, egal ob A-Brands oder B-Brands. Absetzen von der Masse der Anbieter kann man sich mit guten Kundenkontakten, besserem Service, besseren Dienstleistungen und natürlich ständiger Erreichbarkeit.« Und genau dies treffe für sein Unternehmen zu. Wenn jemand eine Frage hat, gebe es immer persönliche Ansprechpartner im 240 Mitarbeiter zählenden Unternehmen. Noch dazu sind seine Beschäftigten schon viele Jahre im Betrieb. »Wenn jemand was von mir will, kann er mich jederzeit erreichen«, beteuert Wortmann, der das Unternehmen 1986 mit Ehefrau Gabriele und Thomas Knicker gegründet hat.
Quasi Hansdampf in allen Gassen, kümmert sich der Vorstandsvorsitzende um allerlei Dinge, für die andere Unternehmen einen größeren Managementstab benötigen würden. »Ich mach nicht nur Meetings, sondern arbeite auch richtig.« Dazu gehört, dass er beispielsweise alle Kreditorenschecks unterschreibt und alle Einstellungen persönlich vornimmt. Diese Präsenz zahle sich letztendlich aus. »Mit Tom Knicker und Robin Wittland haben wir einen effektiven Führungsstab. Dieser kleine Überbau spart uns viel Geld.«
Überhaupt zählt Wortmann ein striktes Kostenmanagement nicht nur zu den Urtugenden eines Unternehmers, sondern wohl auch als eine positive Eigenart der Ostwestfalen. »Wir sind bodenständig«, betont er mit Stolz in der Stimme. Außerdem verfügt er über ein ordentliches Maß an Geschäftstüchtigkeit. Denn neben der Distribution, »über die wir alles vertreiben, was im PC steckt« und der Eigenmarkenproduktion Terra, ist er Teilhaber am Braunschweiger Distributor Devil. Aber das sei alles nicht so wild, wie manche Leute behaupten würden, wiegelt er ab. »Ich kenn´ den Karsten Hartmann schon sehr lang. Der war mal bei uns beschäftigt und wollte wieder in seine Heimat Braunschweig zurück.« Dafür habe er als bodenständiger Mensch Verständnis. »Also habe ich gesagt: lass uns was zusammen machen.« Herausgekommen ist die Gründung von Devil, die anfangs vor allem als Broker für CPUs und Festplatten tätig waren.
Mittlerweile habe sich die Beteiligung gut entwickelt. Trotzdem sei Devil von Wortmann unabhängig: »Devil kauft vielleicht drei Prozent seines Gesamtumsatzes bei uns und wir etwa ein Prozent bei Devil. Da kauft beispielsweise ein API ebenso viel bei uns«, betont er. Die Braunschweiger müssten wie »fremde Kunden« gesehen werden. Einzig die Einkäufer der beiden Unternehmen sprechen sich gelegentlich ab. »Aber das machen andere auch. Nur bei Devil sind wir sicher, dass man sich auch darauf verlassen kann.« Und was ist mit der Beteiligung an E&K Data AG in Viersen? »Das ist nicht weiter von Belang, da habe ich nur ein paar Aktien«, erklärt er.
Wie dem auch sei. Siegbert Wortmann beschränkt sich nicht nur auf IT. Über seine Beteiligungsgesellschaft verdiente er unter anderem vor ein paar Jahren mit einer Wohnungsbaugesellschaft ordentlich Geld. Auch da hat er offensichtlich im richtigen Moment zugegriffen. »Die Vorgängerfirma war pleite. Ich habe zugegriffen und dann bis 1998 hier in der Region Wohnungen gebaut. Vor allem Vier- und Sechsfamilienhäuser. Die sind uns damals regelrecht vom Zeichentisch abgekauft worden.« Selbst in Dresden hat er 35 Wohnungen errichtet und einen Teil davon verkauft. Doch mit dem Einbruch im Immobilienmarkt musste Wortmann das Geschäft reduzieren. Von 20 Mitarbeitern sind nur noch zwei übrig geblieben. »Die kümmern sich jetzt hauptsächlich um unsere eigenen Baupläne für die neue 2.000-Quadratmeter-Halle«, meint Wortmann.
Bei so viel Geschäftstätigkeit stellt sich die Frage nach den Bilanzen. Da allerdings hält sich Wortmann recht bedeckt. Den Umsatz der Wortmann AG, also der Distribution und der Eigenmarkenfertigung, prognostiziert er fürs laufende Jahr mit etwa 280 Millionen Euro. Das wären immerhin 25 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Für 2005 kann er sich 300 Millionen Euro vorstellen, wäre aber auch mit weniger zufrieden: »Sage immer, wenn wir das Gleiche wie im Vorjahr erreichen, dann ist es gut. Wenn mehr, dann freuen wir uns ganz besonders.« Weniger auskunftsfreudig ist er bei der Rendite. »Wir sind zufrieden und liegen um ein Mehrfaches über der Quote der Broadline-Distribution.« Im Übrigen warne er vor zu großen Zuwächsen in dieser Branche. »Wer zu schnell wächst, verliert oft die Nähe zum Kunden. Manch eines dieser Unternehmen gibt es ja auch nicht mehr.« Den Umsatz der gesamten Wortmann-Gruppe beziffert er mit rund 650 Millionen Euro.
Bei der Umsatzstreuung der AG spricht der Vorstands-Chef gern von »Halbehalbe«. Soll heißen, zu jeweils etwa 50 Prozent Distribution und Eigenmarke. »Diese Risikostreuung ist gewollt. Wenn ein Geschäft schlecht läuft, kann man mit dem anderen ausgleichen«, lautet seine Erfahrung. Risikominimierung im Sinne von Wortmann stehe auch bei den Vertriebskanälen oben an: Fachhandel, Systemhäuser sowie Kooperationen und Verbundgruppen werden beliefert. Mehr nicht, also kein Vertrieb der Terra-Produkte und der Distributionsware über den Retail. »Wir wollen nicht zu unseren Fachhändlern in Konkurrenz treten«, betont Wortmann. Außerdem benötige sein Unternehmen keine mehrstelligen Steigerungsraten, »wie andere, die über alle Kanäle vermarkten«.
Und mit welchen Hoffnungen oder auch Befürchtungen geht Wortmann in die nächsten Jahre? »Ich hoffe, dass der ITK-Markt nicht weiter nachlässt.« Außerdem wünsche er sich, dass der Preisdruck rausgenommen werde. »Aber so richtig kann ich nicht daran glauben. Dazu ist der Druck mancher Hersteller viel zu groß. Und viele Distributoren, die mit einem gewaltigen Overhead enorme Kosten produzieren, müssen immer mehr Umsatz über den Preis machen.«
Es scheint fast so, als ob in Hüllhorst die Welt noch in Ordnung sei. Doch soweit will Wortmann nicht gehen. Natürlich seien auch in seinem Unternehmen Fehler gemacht worden. Und selbstverständlich müsse auch der ostwestfälische Distributor mit den Fischen der Branche mitschwimmen. Aber alles wolle er denn doch nicht mitmachen. »Wir bauen auf Kundenbindung, Service und effektives Kostenmanagement. Das honorieren unsere Kunden«, ist er überzeugt. Ebenso glaubt er, dass man auf Kreditversicherer verzichten könne. Lieber trage er das Risiko allein, als »den Versicherungen das Geld zu geben«. Denn: »Wir bekommen zwar bei Ausfällen keine Erstattung, brauchen aber auch keine Beiträge zu zahlen. Dadurch sparen wir viel Geld.«
Und seinen Fachhandelspartnern kann er nur empfehlen, in Zukunft noch mehr auf Service und Dienstleistungen zu achten. »Wer nur auf die Preise des Retail starrt, bringt sich selbst an den Rand des Abgrunds«, warnt Wortmann. Stattdessen soll der Handel Lösungen verkaufen und Beratungsstärke zeigen. »Wenn der dann ein paar Prozent teurer ist, ist ein zufriedener Kunde auch bereit, das zu bezahlen«, glaubt der Wortmann-Chef.
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