Flott unterwegs
WAN-Optimierungsmechanismen zielen darauf ab, den Fernzugriff auf zentral gehostete Ressourcen zu verbessern. Mit den WAN Optimization Controllern (WOCs) zwischen Zentrale und Zweigstelle erzielen Unternehmen schon gute Ergebnisse. Jetzt wollen die WOC-Anbieter die Notebooks der Remote-Anwender erobern.
WAN-Optimierer, kurz WOCs, sollen den Zugriff aus der Zweigstelle auf die Server in der Unternehmenszentrale erleichtern. Sie beschleunigen und verbessern den Datenabruf mit diversen speziellen Techniken. Im Kommunikationskanal zwischen Zweigstelle und Zentrale sitzen dabei zwei Geräte - eins auf der Seite der Zentrale vor den Servern und eins in der Zweigstelle vor dem Anwender. Seit einiger Zeit gibt es nun nicht mehr nur Appliances, die miteinander kommunizieren: Einige der WOC-Hersteller versuchen sich zurzeit an einer kleinen Software, die auf einem Notebook installiert auch den Zugriff für Remote-Anwender verbessern soll.
LANline untersucht zurzeit im Rahmen einer Testserie diese so genannten Soft-WOCs. Zwei Hersteller, Riverbed und Blue Coat, haben die Tests schon durchlaufen, Citrix Systems und Cisco werden in Kürze folgen (Kasten auf Seite 23). Die Soft-WOCs erzielten dabei im Allgemeinen beachtliche Beschleunigungswerte.
Die WAN-Optimierung für Remote-Anwender ähnelt der herkömmlichen WAN-Beschleunigung zwischen zwei Standorten. Auch hier geht es vor allem darum, den Durchsatz zu erhöhen und die Latenz zu minimieren. Es ist eine symmetrische Technik; auf beiden Seiten des Datenkanals muss ein Beschleuniger vorhanden sein. Beide Varianten arbeiten mit denselben Mechanismen: Caching, Kompression, Traffic-Management und Protokolloptimierung.
Unterschiede zum WOC
Anders als bei der herkömmlichen WAN-Optimierung über Hardwarekomponenten (Appliances) auf der Client-Seite geht es bei den Soft-WOCs nicht mehr nur um die Beschaffenheit des Unternehmensnetzes und des Datenkanals, über den die Anwender zugreifen, sondern auch um die Umgebung, in der sie zum Einsatz kommen - um das Notebook selbst. Denn anders als bei der Beschleunigung zwischen Zentrale und Zweigstelle läuft der Client-seitige Beschleuniger direkt auf dem Rechner des Anwenders. Das Ziel der Hersteller solcher Soft-WOCs muss es also sein, die Anwendung so einfach und "narrensicher" wie möglich auszulegen: Was der Anwender bei der WAN-Beschleunigung nicht sieht, kann er nicht manipulieren - ein wichtiger Punkt, denn nicht immer sind Anwender Computerspezialisten.
Soft-WOCs sind nicht nur etwas für die Mitarbeiter, die von Kunde zu Kunde fahren; sie eignen sich auch für Mitarbeiter, die zum Beispiel viel von zu Hause aus arbeiten.
Die Endgeräte der in Frage kommenden Anwender sind in unzähligen Varianten im Einsatz, für den Betrieb mit einem Soft-WOC sollten sie aber auf jeden Fall mit Windows XP oder Windows Vista ausgestattet sein: Zurzeit gibt es die Beschleuniger nur für Windows-Umgebungen, weder für Macintosh noch für Linux bieten die Hersteller einen Soft-WOC an. Sicher wird sich der eine oder andere Hersteller in Zukunft auch mit anderen Client-Betriebssystemen befassen, der Fokus der Anbieter liegt aber bislang klar auf den Windows-Umgebungen.
Softwareverteilung
Gilt es, das Notebook eines Remote-Anwenders mit einer Beschleunigersoftware auszustatten, muss diese möglichst unkompliziert bei ihm ankommen. Die Hersteller bieten hier unterschiedliche Möglichkeiten. Generiert wird diese Software normalerweise auf einer Beschleunigerhardware, die im Unternehmensnetz installiert ist - meist in der Zentrale. Ist die Software erst einmal erstellt, lässt sie sich per Push- oder Pull-Installation beim Anwender abliefern. Für die Pull-Installation könnte der Administrator das kleine Programm über einen Download-Link bereitstellen. Er könnte dem Anwender aber auch erlauben, über einen speziellen Port direkt auf die Appliance im Unternehmensnetz zuzugreifen, um das Programm auf dem Notebook zu installieren. Die Push-Installation funktioniert über ein MSI-Paket. Solch eine Microsoft-Installationsdatei lässt sich über eine zentrale Softwareverteilungsstelle an die Mitarbeiter ausbringen. Bei den bisher getesteten Herstellern Riverbed und Blue Coat waren die Installationsvorgänge für die Software sehr einfach.
Der Soft-WOC ist ein eigenständiges Programm und braucht auf den Notebooks Festplattenplatz - nicht nur für das Programm selbst, auch die gecachten Informationen zu den übertragenen Dateien wollen auf der Festplatte abgelegt sein. Wenn ein Systemverwalter auf der Beschleuniger-Appliance einen Soft-WOC generiert, sollte es ihm im Konfigurationsassistenten auch möglich sein, den Plattenplatz, den das Programm auf der Festplatte einnimmt, zu begrenzen. Sollte dieser Bereich der Festplatte später irgendwann einmal voll sein, überschreibt der Soft-WOC ihn einfach. Generell gilt: Besser mehr Platz zuweisen als zu wenig, denn wenn der Plattenplatz zu gering berechnet wird und später manuell erweitert werden muss, gehen die Informationen für bereits übertragene Daten verloren. Temporär höhere Zugriffszeiten sind dann die Folge, da der Soft-WOC abgerufene Dateien behandelt, als holte er sie zum ersten Mal vom Server.
Auto-Detection als nützliches Feature
Damit der Anwender ungestört mit seinem Notebook arbeiten kann, ohne sich mit der Beschleunigersoftware beschäftigen zu müssen, sollte der mobile WOC Auto-Detection unterstützen: Jedes Mal, wenn der Anwender sein Notebook hochfährt und eine Verbindung zum Unternehmensnetz herstellt, sollten sich der Soft-WOC und die Appliance im Unternehmen erkennen und die Kommunikation selbsttätig starten.
Soft-WOCs eignen sich aber nicht nur für Notebooks, auch Unternehmen, in deren Zweigstelle sich unter Umständen der Einsatz einer WOC-Appliance nicht rechnet, könnten Soft-WOCs auf den Rechnern der Mitarbeiter installieren, damit auch kleine Außenstellen vom verbesserten Zugriff auf Unternehmensdaten profitieren. Ob sich dies empfiehlt, ist letztlich nur eine Frage des Preises.
Auf dem Markt der WAN-Beschleunigung für mobile Anwender tummeln sich bekannte Hersteller wie Blue Coat, Cisco, Citrix und Riverbed. Die Hersteller verfolgen unterschiedliche Lösungsansätze. So bietet zum Beispiel Riverbed zur Verwaltung der Soft-WOCs namens Steelhead Mobile eine zentrale Managementeinheit, den Steelhead Mobile Controller. Dieser kümmert sich um die Lizenzen der Soft-WOCs und deren Bereitstellung. Konkurrent Blue Coat hingegen verwaltet die Soft-WOCs auf der RZ-seitigen Beschleuniger-Appliance selbst, eine dedizierte Hardware ist nicht erforderlich.
Sicherheitsaspekte beim Fernzugriff
Bei der Anbindung mobiler Anwender stellt sich immer die Frage der Sicherheit. Ein Soft-WOC sollte diese Sicherheit des Fernzugriffs nicht untergraben, sind doch mobile Anwender ohnehin einem höheren Sicherheitsrisiko ausgesetzt als lokal arbeitende. Die Unterstützung von VPNs und SSL-Verkehr (Secure Sockets Layer) sind hier wichtige Kriterien. Bei der Beschleunigung von SSL-verschlüsseltem Verkehr stecken die Soft-WOCs meist noch in den Kinderschuhen, die Anbieter verweisen dann gerne auf die Nutzung von IPSec-VPNs. Sicher ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis die Anbieter eine Beschleunigung für SSL-Verkehr in ihre Programme implementieren werden. Bis dahin aber müssen die Verantwortlichen im Unternehmen damit leben, dass der SSL-verschlüsselte Verkehr ohne Optimierung übertragen wird. Systemverwalter sollten hier explizit beim WOC-Hersteller nachfragen. Generell sollten sie natürlich darauf achten, dass sich die Programme in bestehende Sicherheitsrichtlinien einbinden lassen.
Prepopulation
Teils sind die WOC-Appliances mit einem nützlichen Zusatzwerkzeug ausgestattet: der so genannten Prepopulation. Hier startet der Administrator die Datenübertragung von der Zentrale auf den WOC in der Zweigstelle selbst - zum Beispiel nachts. Greift der Anwender dann am Morgen auf diese Daten zu, liegen diese bereits auf dem WOC der Zweigstelle vor, und der Anwender kann sofort und schnell mit ihnen arbeiten. Für Soft-WOCs hingegen eignet sich Prepopulation weniger, da hier das Notebook des Anwenders selbst als Zweigstellen-WOC fungiert.
Fazit: Anforderungen prüfen
Systemverwalter sollten genau untersuchen, welche Anforderungen die mobilen Anwender in puncto WAN-Beschleunigung stellen. Die Beschleunigungsleistung der Soft-WOCs ist im Regelfall gut, je nach Applikation können aber Unterschiede bestehen.
Sinnvoll sind Soft-WOCs immer dort, wo Mitarbeiter von unterwegs oder dem Home Office aus zentrale Ressourcen nutzen müssen, aber auch in kleineren Zweigstellen mit wenig Mitarbeitern kann es sich lohnen, über Soft-WOCs nachzudenken. Bei Bedarf an Beschleunigung von SSL-Verkehr lohnt sich eine gezielte Nachfrage bei den Anbietern, hier ist der Markt noch stark in Bewegung.