High-Speed-Mobilfunk geht in die nächste Runde
Auf dem Mobile World Congress (MWC), der diese Woche in Barcelona stattfindet, ist die mobile Breitbandzukunft bereits zum Greifen nah: Zu Wimax und LTE hat sich mit HSPA+ jetzt noch eine neue eine "Interimstechnik" gesellt, die mobile Übertragungsraten bis zu 22 MBit/s bieten soll. Der MWC ist die weltweit größte Veranstaltung zum Thema Mobilfunk - mit acht Messehallen und zahlreichen Außenpavillons wirkt sie fast wie eine kleine CeBIT.
Das mobile Internet erlebt dieses Jahr offensichtlich global seinen Durchbruch.
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Fast alle Mobilfunk-Provider verzeichnen einen sprunghaften Anstieg des Datenverkehrs in ihren
Netzen, nachdem sie ihre Daten-Flatrates fast auf DSL-Niveau heruntergeschraubt haben. In der
Praxis läuft der mobile Datentransfer in Deutschland heute meist mit nominell 3,6 MBit/s –
entsprechend HSDPA (High Speed Downlink Packet Access), Stufe 2. Bis Ende des Jahres wollen einige
deutsche Provider mit Ausbaustufe 3 (7,2 MBit/s) vorankommen. Die Technik ist jedoch bereits ein
gutes Stück weiter. In Barcelona präsentieren die Aussteller ihr inzwischen oft sehr umfangreiches
Angebot an Wimax-Geräten (Sticks, Karten, Router etc.) – fast durchgängig in der mobilen Variante
nach 802.16e-Standard.
Die großen Renner in Barcelona sind allerdings LTE (Long Term Evolution) und HSPA+. Und das sind
auch aus deutscher Sicht sicherlich die interessanteren Aspiranten, denn Wimax räumt hier
inzwischen niemand mehr eine nennenswerte Chance ein. Das durch die 3GPP standardisierte LTE steht
in Ländern mit gut ausgebauter Mobilfunknetzen weit besser da, weil es beim Netzaufbau nicht mit
den etablierten Providern konkurrieren muss. Vielmehr eröffnet es genau diesen mobilen Carriern
neue Wege beim Ausbau ihrer Infrastruktur für Datenraten bis zu derzeit etwa 100 MBit/s.
Dort will sich allerdings jetzt noch HSPA+ dazwischen drängeln. Die auf Chip-Seite vor allem
durch Qualcomm getriebene Technik adressiert ebenfalls die etablierten Mobilfunk-Provider, ist im
Gegensatz zu LTE bereits verfügbar und lässt sich gut mit UMTS verbinden. "Wer über ein gut
ausgebautes UMTS-Netz verfügt, für den ist HSPA+ sicher eine interessante Möglichkeit, die Nutzung
seiner Infrastruktur weiter zu verlängern", so Bruce Gustafson, Vice President Carrier Networks
Strategic Marketing bei Nortel Networks im Gespräch mit LANline. "LTE hingegen setzt von vorne
herein auf eine einfache, kostengünstige IP-Infrastruktur, die nicht nur bei den Übertragungsraten
weit überlegen ist, sondern auch beim Betrieb und Management. Gerade letzteres ist für viele
Operatoren ein entscheidender Punkt, denn angesichts der Wirtschaftskrise stehen auch hier die
Reduzierung von Anschaffungs- und vor allem Betriebskosten ganz oben auf der Agenda." Was er damit
meint, ist auf dem Messestand des MWC gut zu sehen: Nortel hat LTE mit der Fähigkeit zur
Selbstorganisation ausgestattet – ähnlich wie die Access Points einiger WLAN-Hersteller "fühlen"
die LTE-Basisstationen in die Umgebung, erkennen dynamisch andere Basisstationen und stimmen ihre
Leistung, Routing-Tabellen und vieles Weitere automatisch mit diesen ab. Selbst der Ausfall einer
Basisstation soll damit kein Drama mehr sein – alle anderen Basisstationen in der Nähe übernehmen
innerhalb weniger Sekunden deren Job. Auch das zeitliche Argument will Gustafson im Wettstreit mit
HSPA+ nicht gelten lassen: "Ab Ende dieses Jahres werden wir beginnen, unsere LTE-Produkte
kommerziell zu vermarkten, der Vorsprung von HSPA+ ist also wirklich nur marginal". Und auch die
Endgeräte lassen wohl nicht mehr lange auf sich warten, Hersteller wie etwa Samsung wollen noch in
diesem Jahr mit LTE-fähigen Smartphones auf den Markt kommen – Datenkarten haben bereits mehrere
Hersteller angekündigt.
Stefan Mutschler/dp