Product-Lifecycle-Management

Kommunikation in der Smart Factory

21. März 2017, 8:00 Uhr | Von Andreas Fiedler.

In produzierenden Betrieben ist die Digitalisierung bereits weit fortgeschritten. Fast jedes Glied einer Produktionskette spricht IP. Doch gilt es in der vernetzten Fabrik, die anfallenden Daten auch zu nutzen und effizienzsteigernd einzusetzen.

Aufgabe eines Product-Lifecycle-Systems ist es, diese Daten mithilfe eines Informations- und Management-Systems zu erfassen und anschließend auszuwerten. Diese Analyse zeigt dann Möglichkeiten auf, den Lebenszyklus des Produkts noch effizienter zu gestalten. Ein PLM stellt außerdem sicher, dass alle am Prozess beteiligten Mitarbeiter zur richtigen Zeit und am richtigen Ort auf die richtigen Daten zugreifen können. Nimmt ein Mitarbeiter eine Änderung beispielweise in der Konstruktion vor, ist diese Information in Echtzeit für alle anderen am Prozess beteiligten Mitarbeiter ersichtlich.

Dabei ist es ausschlaggebend, dass ein PLM diese Daten durchgängig entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produktes verfügbar macht. Denn dieser ist in der Regel von vielen Systembrüchen geprägt. Im Produktdesign findet die kreative Arbeit mithilfe von vielen verschiedenen Medien statt. Dabei entstehen relevante Produktdaten, die - selbst wenn sie digital sind - an unterschiedlichen Orten abgelegt sind. Fast immer fehlt der Bezug zum Produkt, das letztlich in der Konstruktion erzeugt wird. Dort arbeiten die Kollegen wiederum in CAX-Systemen, während die Projektmanager in Excel-Tabellen Planungen und Kalkulationen erstellen. So kommt es, dass die Produktionsdaten häufig vom Produktionsprozess entkoppelt sind. Ein PLM verbindet alle Abteilungen und Systeme miteinander und sorgt für eine spürbar höhere Prozessgeschwindigkeit.

Anforderungen an ein PLM

Je nach Größe des Unternehmens variieren die Anforderungen an ein PLM. Während es bei größeren Unternehmen oft schon gang und gäbe ist, ein PLM einzusetzen, um Entwicklungszyklen zu verkürzen, haben Mittelständler andere Schwerpunkte. Für sie muss ein PLM nicht nur Daten vorhalten können, sondern auch Entwicklungsprozesse sowie das Portfolio- und Anforderungs-Management abdecken. Das PLM erfüllt in diesem Fall die Funktion eines Projekt-Management-Tools. Jedes Unternehmen, egal ob Global Player oder Mittelständler, profitiert jedoch davon, dass ein PLM das kundenspezifische Anpassen der Produktion erleichtert. Vor allem aufgrund des steigenden Wettbewerbsdrucks in globalisierten Märkten erlangt die Individualisierbarkeit von Produkten immer mehr an Bedeutung. Ein Beispiel: In der Elektroindustrie nimmt die Variantenvielfalt stetig zu. Elektrowerkzeuge wie Bohrmaschinen, die aus einem Modulbaukasten entwickelt werden, sind innerhalb kurzer Zeit in verschiedenen Varianten am Markt verfügbar. Die Hersteller produzieren die Geräte mit unterschiedlich starken Getrieben, Motoren oder Steuerungen, woraus sich eine Auswahl an Profi- oder Consumer-Produkten ergibt. Hier ist ein PLM ein wichtiges Instrument, um effizient arbeiten zu können.

Darüber hinaus ist es immer öfter der Fall, dass Unternehmen ihre Produkte auch nach Auslieferung an den Kunden noch überwachen, warten oder gar anpassen. Denn die Kunden leasen heute häufig Fertigungsanlagen nur. Eine Entwicklung, die auch im Mittelstand die Bedeutung eines PLMs wachsen lässt. Und auch die einfache Weitergabe von neuen Informationen zum Produkt, beispielsweise an Kunden oder Zulieferer, wird immer wichtiger. Stichwort Traceability: Die Luftfahrtindustrie setzt verstärkt auf die System- und Komponentenverantwortung durch den jeweiligen Zulieferer der Bauteile wie Trieb- oder Fahrwerke. Die Gesamtverantwortung über das Produkt bleibt jedoch beim Luftfahrzeughersteller. Deshalb ist es für diesen wichtig, ein Tool zu haben, in dem alle System- und Komponentendaten zusammenlaufen. Nur so können die Unternehmen nachvollziehen, was in welchem Produkt verbaut ist.

Prozesse intelligenter machen

Um ein PLM einzuführen, muss ein Unternehmen einige Voraussetzungen schaffen. IT und Engineering erarbeiten im besten Fall gemeinsam ein Konzept für die Einführung. Da es mittelständischen Unternehmen oft an der nötigen Expertise im Bereich IT fehlt, arbeiten diese dementsprechend häufig mit PLM-Dienstleistern zusammen. Grundsätzlich ist heute in den Produktionshallen bereits viel Potenzial für eine Smart Factory vorhanden. Widerstandsschweißwerkzeuge können beispielsweise über den gemessenen Druck beziehungsweise die gemessenen Ströme bei jeder Schweißung eine Prognose über den Zustand der Kupferkappen an den Schweißarmen abgeben. Das erleichtert die Wartung. Allerdings sind derzeit oft lediglich die Daten über speicherprogrammierbare Daten abrufbar (SPS), aber es ist nicht möglich, diese auszuwerten. Mit einer personalisierten PLM-Komplettlösung können Unternehmen diese Daten nutzen. Denn das PLM bereitet diese so auf, dass sie Rückschlüsse auf die beteiligten Prozesse zulassen.

H&D_Grafik_PLM_LANLine
Nach der Analyse des Ist-Zustands erfolgt die Auswahl des PLM-Systems. Ist dieses im nächsten Schritt integriert, geht das System schließlich in den Betrieb über. Bild: H&D

Manche der Daten, beispielsweise die Konstruktionsdaten, haben ein sehr großes Volumen. Diese können schnell zu einer Überlastung des WANs führen, wenn sie das PLM durchlaufen. Deshalb ist es ratsam, native CAD-Dateien frühzeitig in ein neutrales Format wie JT zu überführen. Das kann Datenpakete auf ein Zehntel ihres eigentlichen Volumens reduzieren und sollte deshalb schon am Anfang des Produktlebenszyklus geschehen. Durch die Anpassung des Formats entlasten Unternehmen nicht nur ihr Netzwerk, sondern sparen auch Rechnerkapazitäten auf Client-Seite ein. Neben der Konstruktionsabteilung arbeiten auch im Produktlebenszyklus nachgelagerte Fachbereiche mit dem JT-Format. Die Produktionsplanung hingegen ist auf die genauen CAD-Daten angewiesen, um die Produktionshallen zu visualisieren. Manche Unternehmen beschäftigen Mitarbeiter, deren einzige Aufgabe es ist, diese Daten bei den Entwicklern anzufordern. Mit einem PLM stehen die Daten den Planern sofort zur Verfügung.

Um die Bedürfnisse der Anwender zu berücksichtigen, ist es wichtig, diejenigen Mitarbeiter früh einzubinden, die später tatsächlich mit dem PLM arbeiten. Der erste Schritt der Einführung eines PLMs ist demnach die Evaluation der bestehenden Prozesse.

Evaluation der Prozesse

Immer wieder ist zu beobachten, dass verschiedene Abteilungen den gleichen Prozess unterschiedlich umsetzen. Auf der klaren Definition dieser Prozesse baut das PLM schließlich auf. Deshalb ist die Analyse im Vorfeld so wichtig. Je besser sie ist, desto reibungsärmer klappt die Einführung des PLMs. Den Fachabteilungen muss dabei klar sein, wie der Prozess aussieht, wo und wie die Daten abgelegt sind und wie man diese weitergibt. Eine saubere Evaluation verkürzt die Einführungsdauer, was aus wirtschaftlicher Sicht wünschenswert und deshalb vor allem für kleinere Unternehmen sehr wichtig ist.

Auf technischer Seite sollten Unternehmen ebenfalls gute Vorarbeit leisten, um Probleme bei der Überführung des PLMs in den Produktivbetrieb zu vermeiden. Im Fokus steht dabei die IT-Infrastruktur, denn sie hat Einfluss auf die Performance des PLMs.

Vorab sollten Unternehmen evaluieren, wie viele Anwender später das PLM nutzen und ob man nur einen Standort oder mehrere anbinden will. Daraus ergibt sich die Frage, ob die Datenleitung für dieses Volumen ausgelegt ist. Falls das nicht der Fall ist, gilt es abzuwägen, ob es sinnvoller ist, die PLM-Software an die vorhandene Infrastruktur anzupassen, oder ob das Unternehmen besser in die Infrastruktur investiert oder diese optimiert.

Um die Verbindung zwischen verschiedenen Standorten zu verbessern, könnten Mandanten oder Caches zum Einsatz kommen, die sich nachts replizieren. Das sorgt für eine Entlastung der Leitung am Tag, wenn der Betrieb auf Hochtouren läuft. Ist hingegen die Bandbreite des WANs zu gering, um das PLM zu Stoßzeiten online zu nutzen, ist es sinnvoll, einen zusätzlichen Replikations-Server zu verwenden. Bei all diesen Maßnahmen lohnt sich ein Blick in die Zukunft. Unternehmen sollten dabei eine mögliche Expansion in andere Märkte im Hinterkopf behalten. Denn durch die Digitalisierung wird es auch für Mittelständler zunehmend leichter, neue Märkte zu erschließen.

Fazit

Ein Product-Lifecycle-Management dient heute nicht mehr nur dazu, Produktdaten zu speichern und vorzuhalten. Es hilft, Prozesse zu optimieren und Entwicklungszyklen zu verkürzen. Durch die digitale Transformation gewinnt es immer mehr an Bedeutung. Denn die Zahl der digitalisierten Prozesse innerhalb des Lebenszyklus eines Produktes steigt und mit ihr der Nutzen eines PLMs.

Andreas Fiedler ist Business Unit Manager – Engineering Application Services der H&D International Group ().

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