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Wende in der Sammelklage gegen Microsoft wegen "Vista Capable"

Microsoft-Chef muss vor Gericht aussagen

Den Vertretern der Sammelklage im strittigen Vista-Capable-Prozess ist ein wichtiger Etappensieg gelungen: Das Verfahren ist jetzt ganz hoch oben aufgehängt, und Steve Ballmer selbst muss vor Gericht erscheinen.

Autor:Redaktion connect-professional • 24.11.2008 • ca. 1:40 Min

Microsoft musste jetzt einen schweren Rückschlag in der anhängigen Sammelklage wegen dem
umstrittenen "Vista Capable" Aufkleber hinnehmen. So hat die zuständige Richterin Marsha Pechman
Microsofts CEO Steve Ballmer vorgeladen, um ihn in diesem Fall vor Gericht zu vernehmen.

Bislang hatten Microsofts Anwälte stets versucht, die Verantwortung auf die beiden damaligen
Vista-Manager Jim Allchin und Will Poole zu begrenzen. Beide sind nicht mehr bei Microsoft
beschäftigt, da sie das Unternehmen kurz nach dem Vista-Release verlassen haben.

"Das Gericht hat Verständnis dafür, dass Steve Ballmer sehr viele Termine hat, doch das kann
kein Grund sein, ihn deshalb von der Wahrheitsfindung abzuschotten", hieß es in der Begründung der
Vorladung.

In einer für drei Stunden angesetzten Vernehmung soll Steve Ballmer über ein Telefongespräch
befragt werden, dass er mit Intel-Chef Paul Otellini Ende Januar 2006 geführt hat.

Nach Angaben der Kläger hat Otellini in diesem Gespräch darauf bestanden, dass der
Vista-Capable-Aufkleber auch auf die Systeme geklebt werden darf, die nur über die schwachen 915-
und 910-Grafiksätze verfügen.

Doch diese sind nicht in der Lage die meisten Grafik-Funktionen, wie beispielsweise das massiv
beworbene Aero-Userinterface, auszuführen. Als Folge eignete sich nur die Vista-Basis-Version für
diese Systeme. Darin aber sehen die Kläger eine vorsätzliche Täuschung von Microsoft.

Das Gericht stützt sich bei der Vorladung von Ballmer auf eine Reihe an E-Mails, die HP den
Klägern zur Verfügung gestellt hat. Danach gab es einen heftigen Streit zwischen Microsoft und HP
über das Downgrading der Vista-Capable Autorisierung. "Wir haben sieben Millionen Dollar investiert
um unsere Systeme auf die neuen Chipsätze umzustellen, damit wollten wir uns einen wichtigen
Konkurrenzvorteil beim Vista-Launch verschaffen, das ist jetzt alles zunichte gemacht", schimpfte
HPs Vice President für den Bereich Consumer PC, Richard Walker, am 1. Februar 2006 in einer E-Mail
an Jim Allchin.

Allchin schrieb daraufhin innerhalb weniger Minuten eine harsche E-Mail an seinen damaligen Chef
Ballmer: "Jetzt haben wir die Bescherung. Mir wurde berichtet, dass das alles mit einem Gespräch
zwischen dir und Paul [Otellini] angefangen hat. Aber ich werde der Sache auf den Grund gehen, denn
damit wurde nicht nur die Glaubwürdigkeit von Microsoft sondern auch die von meiner Person
zerstört!"

Microsoft meint dagegen, dass das fragliche Telefongespräch zwischen Ballmer und Otellini nur
ein "Freundschaftstelefonat" gewesen sei, in dem es um nichts Ernstes gegangen sei.

Harald Weiss/CZ