Mit breiter Unterstützung
Wer für Testzwecke virtuelle Computer mit einem anderen Betriebssystem als dem des Hosts installieren möchte, um inkompatible Anwendungen zu betreiben, kann mit Desktop-Virtualisierung arbeiten. Auf dem Markt gibt es dazu eine Fülle von Produkten. Zu den bekanntesten zählen Microsoft Virtual PC und Vmware Workstation. LANline testete die in diesem Umfeld ebenfalls weit verbreitete und kostenlose Open-Source-Lösung Virtualbox.
Virtualbox gehört mittlerweile zu Sun und wird kostenlos in der Xvm-Reihe angeboten. Die ursprüngliche Entwicklungsfirma Innotek hat vor der Übernahme durch Sun zusammen mit Connectix an Virtual PC gearbeitet, bevor Microsoft Connectix übernommen hat.
Virtualbox hat seine Ursprünge in Linux und unterstützt wesentlich mehr Betriebssysteme als zum Beispiel Microsoft Virtual PC 2007. Dazu zählen neben Windows (2000 SP4, XP SP2, Server 2003/2008 und Vista) auch Linux (Kernel 2.4 und 2.6), Mac OS X, OS/2 und Solaris als Host-System. In der neuen Version unterstützt Virtualbox "Seamless Windows" nicht nur unter Windows, sondern auch unter Solaris und Linux. Mit dieser Funktion integriert sich das Gastsystem optimal in den Desktop des Hosts. Dies spielt vor allem bei Testumgebungen eine Rolle oder wenn aus Kompatibilitätsgründen manche Anwendungen in einer virtuellen Maschine installiert werden müssen. Der Gastcomputer verhält sich dann wie ein normales Programm. Dadurch laufen unter Linux problemlos Windows-Programme in einer virtuellen Windows-Maschine und umgekehrt.
Als Gastbetriebssysteme unterstützt die Anwendung Windows NT 4.0, Windows 2000, Windows XP, Windows Server 2003/2008, DOS, Windows 3.x, OS/2 und Linux (Kernel 2.2). Auch Novell Netware oder Exoten wie L4 und einige BSD-Derivate zählen dazu. Diese Flexibilität ist der größte Vorteil des Virtualisierungs-Tools. So eignet es sich vor allem für die Softwareentwicklung und für Tests bei plattformübergreifenden Anwendungen. Es nutzt zudem die Hardwarevirtualisierungserweiterungen von Intel und AMD. Allerdings bietet dies derzeit noch keinerlei Vorteile in der Anwendung. Deshalb ist die Funktion nach der Installation noch nicht aktiviert. Wer aber mit den Virtualisierungserweiterungen experimentieren will, kann sie aktivieren.
Wie Vmware Workstation kann Virtualbox im Multimonitorbetrieb arbeiten. Auch PXE-Netzwerk-Boot ist möglich, sodass Systemverwalter mit der Software beispielsweise Automatisierungslösungen testen können.
Virtualbox ist mit einer Download-Größe von etwa 23 MByte sehr schlank. Auch nach der Installation benötigt das Programm keine 50 MByte auf der Platte. Wer mit virtuellen Disks von Vmware arbeitet, kann diese auch mit Virtualbox nutzen. Die Software lässt sich parallel zu Vmware einsetzen oder dieses ersetzen. Hat der Systemverwalter zum Beispiel Vmware Workstation nur getestet und will die damit erstellten virtuellen Computer weiter verwenden, kann er dafür das kostenlose Tool einsetzen. Allerdings treten bei der Verwendung von Vmware-Festplatten manchmal Probleme auf, da Virtualbox diese nicht immer zuverlässig erkennt und die virtuellen Computer dann nicht starten. Doch meist kann der Administrator mit Virtualbox sogar die virtuellen Appliances von Vmware dafür nutzen. Diese stellt Vmware auf www.vmware.com/appliances teilweise kostenlos zur Verfügung.
Virtuelle Computer einfach erstellen
Die Bedienung der Anwendung sowie das Erstellen der virtuellen Maschinen läuft ähnlich ab wie bei anderen Lösungen am Markt und ist ohne Weiteres auch von Anfängern zu bewerkstelligen.
Bei der Erstellung helfen Assistenten, mit denen der Anwender die üblichen Einstellungen wie Name, Pfad, Arbeitsspeicher und so weiter einstellt. Allerdings gestaltet sich das nachträgliche Hinzufügen von Hardware teilweise etwas unübersichtlich, weil die vielen Menüs sehr verschachtelt aufgebaut sind.
Da die Anwendung auch deutsche Betriebssysteme unterstützt, fällt die Bedienung trotz der zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten leicht. Doch die Menüs sind manchmal nicht sehr benutzerfreundlich gestaltet. Außerdem ist auch die Verwaltung nicht gerade intuitiv. Dafür bietet die Anwendung aber extrem viele Möglichkeiten, die anderen Programmen wie Virtual PC fehlen.
Die Konfiguration und Daten der virtuellen Maschinen speichert Virtualbox in XML-Dateien. Festplatten lassen sich dynamisch oder mit fester Größe anlegen. Dynamische Platten haben den Vorteil, dass sie nur exakt den Festplattenplatz belegen, den sie tatsächlich benötigen. Steigt der verbrauchte Plattenplatz an, wächst auch die dynamische Festplatte mit.
Gasterweiterungen
Die Arbeit in den virtuellen Maschinen geht schnell von der Hand, insbesondere wenn der Anwender die "Gasterweiterungen" installiert hat, die die Geschwindigkeit und Treiberunterstützung verbessern. Diese wird wie bei vergleichbaren Lösungen nach der virtuellen Maschine installiert. Sie sind im Menü "Geräte" der virtuellen Computer abgelegt.
Wie fast alle Virtualisierungslösungen unterstützt auch Virtualbox ISO-Dateien und bindet sie als CD/DVD-Laufwerk ein. Startet die Gasterweiterung also nicht automatisch, kann der Anwender die ISO-Datei der Erweiterung als CD-Laufwerk über "Geräte/CD/DVD-ROM einbinden/ CD/DVD-ROM-Abbild" integrieren. Die Datei hat die Bezeichnung "VBoxGuestAdditions.iso" und befindet sich im Verzeichnis "C:ProgrammeSunxVM Virtual Box".
Mit den Gasterweiterungen erhält der Gast einige neue Funktionen: Wie üblich kann der Mauszeiger zwischen dem Desktop des Hosts und der virtuellen Maschine hin und her wechseln, ohne die Host-Taste zu benötigen. Die maximale Auflösung beträgt nach der Installation der Gasterweiterungen 64.000 x 64.000 Pixel und erreicht 32 Bit Farbtiefe. Das ermöglicht einen Mehrmonitorbetrieb. Mit den "gemeinsamen Ordnern" lassen sich leicht Daten zwischen Host und Gast austauschen. Außerdem synchronisiert sich die Zeit zwischen den virtuellen Computern und dem Host automatisch. Neben der grafischen Oberfläche lässt sich Virtualbox auch in der Befehlszeile steuern. Dazu befindet sich im Installationsverzeichnis die Datei "VBoxManage.exe". Auch hier merkt man der Anwendung die Linux-Wurzeln an: Die Befehlszeile bietet extrem viele Möglichkeiten, virtuelle Maschinen zu konfigurieren und zu steuern.
Auch einen eigenen Webserver bringt die Anwendung mit. Wer sie mit einer Simple-Directmedia-Layer-Anwendung (SDL) steuern will, findet mit dem Tool "VBoxSDL.exe" ein wertvolles Hilfsmittel.
Erfreulicherweise beherrscht Virtualbox auch Snapshots für virtuelle Computer. Mit diesen Snapshots stellen Systemverwalter schnell und einfach den Status virtuelle Computer zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder her.
Fazit
Die Vielseitigkeit ist die große Stärke von Virtualbox, doch sie bringt auch einige Einschränkungen mit sich: Beispielsweise verwenden die virtuellen Maschinen nach dem Start immer den kompletten zugewiesenen Arbeitsspeicher, nicht nur den tatsächlich benötigten. So verbrauchen die virtuellen Computer mehr RAM als notwendig. Auch die fehlende 64-Bit-Unterstützung für Gastbetriebssysteme kann in manchen professionellen Umgebungen ein Problem bedeuten. Virtualbox verwendet ausschließlich einen virtuellen x86-Prozessor für die virtuellen Computer, was für kleinere Testumgebungen allerdings mehr als ausreichend ist. So erhalten auch professionelle Anwender, die über den einen oder anderen Fehler in der aktuellen Version hinwegsehen können, mit Virtualbox eine schnelle, stabile und kostengünstige Virtualisierungslösung.
Info: Sun Microsystems Tel.: 0800/1013649 Web: www.virtualbox.org