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Erste Kommentare der neuen Yahoo-Chefin enttäuschen die Aktionäre

Neue Yahoo-Chefin gibt sich kämpferisch

Yahoos neue Chefin Carol Bartz ist zwar erst ein paar Tage im Amt, aber sie bekommt schon jetzt den Druck zu spüren, an dem ihr Vorgänger Jerry Yang gescheitert ist. In Zukunft wird sie wohl sorgfältiger in ihren Äußerungen sein müssen, da die Seismografen der Investoren auf jeden kleinen Stimmungsumschwung bei Yahoo um ein Vielfaches verstärkt reagieren.

Autor:Redaktion connect-professional • 18.1.2009 • ca. 1:55 Min

Bei Yahoo weht jetzt eine steife Brise, nach dem die 60-jährige Carol Bartz den Chefsessel
übernommen hat. Auf dem vorsichtig-höflichen Führungsstil von Jerry Yang folgt jetzt ein deftiger
US-Management-Ton.

So kündigte sie bereits an ihrem zweiten Arbeitstag in einer Rede an, dass sie sofort alle
Beratungsverträge kündigen wird, die sich mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens
befassen.

Auch soll der Posten des Präsidenten nicht neu besetzt werden. Diese Position hatte bislang die
frühere Finanzchefin Sue Decker bekleidet, die jedoch aus Wut darüber, dass sie nicht CEO wurde,
das Unternehmen verlassen hat.

Auf der Topetage von Yahoo zeigte man sich nach der Rede zufrieden. "Sie scheint
entscheidungsfreudig zu sein und hat eine klare Meinung", war die Ansicht vieler Yahoo-Manager.

Bei den anwesenden Investoren war dagegen die Enttäuschung nicht zu übersehen, dass Bartz nichts
zum Microsoft-Deal gesagt hatte. "Sie muss da ganz schnell handeln, sonst weht ihr der Wind ganz
kräftig ins Gesicht", sagte anschließend Ryan Jacob, Portfolio-Manager von Jacob Internet Fund.

Doch es gab auch andere Stimmen: "Ein Verkauf des Search-Bereichs an Microsoft ist kompletter
Unsinn – was bleibt dann noch von Yahoo übrig", meint Jeffrey Lindsay, Analyst bei Sanford
Bernstein.

Viele Aktionäre sind über das fürstliche Gehalt verwundert, dass ihr das Board zugebilligt hat.
So erhält Bartz ein Jahresgehalt von 13 Millionen Dollar plus leistungsabhängige Aktienoptionen,
die das Gesamtgehalt auf bis 38 Millionen Dollar hochtreiben können.

Am Donnerstag äußerte sich Bartz dann endlich zum Thema Microsoft – aber nicht in der von vielen
Aktionären erhofften Weise: "Ich habe noch keine endgültige Meinung zu einem Deal mit Microsoft,
aber mein Gefühl sagt mir, dass wir es nicht machen sollten", sagte sie und schickte damit die
Yahoo-Aktie um sechs Prozent nach unten.

Mit Steve Ballmer habe sie auch schon gesprochen, allerdings mehr informell und nicht übers
Business, fügte sie am Freitag hinzu. Einige Analysten mahnten jedoch zur Vorsicht bei der
Beurteilung dieser Äußerungen. "Sie hat doch noch gar nichts konkretes gesagt, außer dass es nicht
besonders klug ist, Vermögenswerte zu verkaufen wenn der Markt am Boden ist", meinte Scott Kessler,
Analyst bei Standard & Poor?s am darauf folgenden Tag.

Doch hinter den Kulissen gibt es zwischen Yahoo und Microsoft eine neue Betriebsamkeit. Einem
Bericht der New York Times zufolge haben sich Steve Ballmer und Yahoos Board-Chairman Roy Bostock
vergangene Woche in New York getroffen. Zwar wurde über den Inhalt der Unterhaltung nichts bekannt
und sowohl Microsoft als auch Yahoo wollten den Artikel nicht kommentieren, aber es dürfte unschwer
zu erraten sein, dass Yahoo bei Microsoft ausloten will, wie deren Einstellung jetzt aussieht, nach
dem Jerry Yang nicht mehr im Wege steht.

Harald Weiss/CZ