»Eine Erneuerung der Netzwerke steht an«
»Eine Erneuerung der Netzwerke steht an«. Michael Ganser ist seit drei Monaten Geschäftsführer von Cisco Deutschland. CRN-Redakteur Peter Marwan sprach mit dem neuen Cisco-Chef über die anstehenden Aufgaben und die Situation im Netzwerkmarkt. Das Fazit: Ganser versprüht für 2006 viel Optimismus, für die anstehende Erneuerung vieler Unternehmensnetzwerke sieht er sein Unternehmen gut positioniert, die Partner dürften allerdings in ihrer Entwicklung nicht nachlassen.
»Eine Erneuerung der Netzwerke steht an«
CRN: Sie haben zum 1. August die Position des Geschäftsführers und Vice President von Cisco Systems in Deutschland von Ihrem Vorgänger Andreas Dohmen übernommen. Welche Aufgaben haben Sie in den vergangenen vier Monaten in Angriff genommen?
Ganser: Zunächst einmal war es für mich eine Zeit des Zuhörens und Lernens: Was bewegt Kunden und Partner im deutschen Markt? Dabei kam heraus, dass wir im Markt wieder offensiver auftreten müssen. Mit der Vision der intelligenten Informationsnetzwerke haben wir ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Daraus lassen sich viele Lösungen neu ableiten und besser lösen, zum Beispiel im Bereich Security. Das erlaubt die Gesamtkosten der Kunden zu verbessern und gleichzeitig eine flexiblere Business Unterstützung zu ermöglichen.
CRN: Wie wollen Sie diese Veränderung, etwa am Beispiel des Security-Portfolios, herbeiführen?
Ganser: In der Vergangenheit war Security ein Point-Produkt: Für ein bestimmtes Problem wurde ein passendes Produkt gekauft. Heute ist die Sichtweise vollkommen anders: Das Netzwerk setzt die Security-Lösung um. Immer mehr Kunden fragen sich, wie sich diese Erkenntnis in ein brauchbares Konzept umsetzen lässt. Dabei können wir ihnen mit unseren Partnern helfen.
CRN: Viele Kunden analysieren ihre Security-Architektur wegen der Hektik des Tagesgeschäftes zu wenig. Sie stopfen die gerade entstandenen Löcher so gut es geht. Deswegen haben Anbieter von Einzelprodukten nach wie vor eine Chance am Markt. Welche Kunden sind denn bereits so weit, dass sie ihr Einkaufsverhalten an einem langfristig orientierten Konzept ausrichten können und wollen?
Ganser: Konzepte, wie wir sie bieten können, werden von Firmen bevorzugt, für die Security wichtig ist. Beispielsweise im Finanz- oder Gesundheitswesen. Partner, die bei diesen Kunden erfolgreich sein wollen, müssen natürlich viel in Ausbildung und Strukturen investieren, denn sie verkaufen ihren Kunden heute schon die Technologien von morgen. Wir sehen aber auch, dass gerade die Partner, die viel in die Zukunft investieren, oft auch am profitabelsten arbeiten.
CRN: In der deutschen Distributionslandschaft hat es mit der Integration von Compu-Shack in Ingram Micro und Azlan in Tech Data bedeutende Veränderungen gegeben. Diese Veränderungen werden von den Zuständigen auch mit der zunehmenden Commodisierung von Netzwerkprodukten begründet. Cisco dagegen bemüht sich schon seit Jahren, seine Partner stets an neue Technologien heranzuführen, etwa Voice over IP oder Security. Verpasst die Distribution hier Chancen?
Ganser: Wer glaubt, Netzwerk-Lösungen seien Commodity-Produkte, der könnte falscher nicht liegen. Richtig ist aber, dass das Einkaufsverhalten bei Netzwerkprodukten dem von Commodity-Produkten entspricht. Das bekommen natürlich auch unsere Distributionspartner zu spüren, die daher entsprechend reagieren müssen. Das Gute an der zunehmenden Verbreitung ist, dass die Lösungen damit auch für den Mittelstand erschwinglich werden. Das eröffnet dem Channel Chancen, Kommunikationsprodukte an Kunden zu verkaufen, die zuvor nicht erreichbar waren.
CRN: Wie unterstützt Cisco seine Channel-Partner dabei, der von den Distributoren konstatierten »Commodisierungs-Spirale« mit dem damit einhergehenden Preisverfall zu entgehen?
Ganser: Mit der Verbreiterung der potenziellen Kundenbasis wird der Markenname immer wichtiger. Der Aufwand, Produkte unterschiedlicher Hersteller in einer Firma zu platzieren, den ein Partner bisher als Value Add verkaufen konnte, ist dagegen immer weniger gerechtfertigt. Für Cisco ist das gut: Wir haben eine Architektur, die sonst keiner hat, und wir haben immer mehr Partner, welche die daraus entstehenden Vorteile verstehen und für sich zu nutzen wissen.
CRN: Welche Strategie ist notwendig, um als Cisco-Vertriebspartner diese Vorteile zu nutzen?
Ganser: Partner müssen sich die Frage stellen, ob sie vertikal oder regional aufgestellt sind. Interessante vertikale Märkte sind aus unserer Sicht etwa der Mittelstand, das Gesundheitswesen, kommunale und regionale Verwaltung oder auch das Logistik- und Transportwesen. Dann zählt aber auch, welche Kundenstruktur vorliegt: Geht es nur darum, so günstig wie möglich einzukaufen, wird eine IT-Architektur mit speziellen Anforderungen benötigt oder tritt die IT eher in den Hintergrund und wird vom Kunden eine Business-Lösung verlangt. Dementsprechend muss ein Partner passend aufgestellt sein.
CRN: Wie viele Kunden verlangen denn schon nach einer Business-Lösung und sind bezüglich der dazu verwendeten IT-Komponenten eher offen?
Ganser: Ich schätze, dass es derzeit etwa ein Drittel sind. Ein gutes Beispiel sind etwa Krankenhäuser: Sie wollen durch den IT-Einsatz primär ihre Geschäftsprozesse effizienter gestalten. Unter dieser Prämisse rücken dann ganz andere Aspekte in den Vordergrund, als wenn lediglich der beste Preis gefragt ist.
CRN: Ganz wollen Sie sich aus dem preissensitiven Segment aber nicht zurückziehen?
Ganser: Keineswegs, unser erst kürzlich gestartetes Programm »Foundation Advantage« ist dafür der beste Beleg. Mit ihm wollen wir interessante Anreize schaffen, damit unsere Partner von der anstehenden Erneuerung der Netzwerke profitieren können. Wir sehen hier bei vielen Kunden großen Bedarf. Die größten Projekte, über die wir derzeit sprechen, zielen in diese Richtung. Außerdem haben wir unsere Produktlinie für den preissensiblen Markt massiv erweitert.
CRN: Im Grunde handelt es sich bei »Foundation Advantage« um eine Erweiterung des existierenden Trade-Up-Programmes von Cisco.
Ganser: Ja, wir nehmen nun jedoch erstmals auch ausgediente Geräte anderer Hersteller in Zahlung. Wir sehen, dass die Anforderungen an die Netzwerke seit der letzten großen Erneuerungswelle vor dem Jahr 2000 drastisch gestiegen sind. Die Preissensitivität ist aber in Deutschland nach wie vor sehr hoch. »Foundation Advantage« soll zusammen mit unseren Finanzierungsangeboten ? etwa »Easy Lease«, das auch für den Mittelstand attraktiv ist ? unseren Partnern die passenden Argumente liefern, um von dem erwarteten Geschäft zu profitieren.