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»Uns wurde noch nichts Digitales angeboten«

»Uns wurde noch nichts Digitales angeboten« Ariane Rüdiger sprach für InformationWeek mit Ursula Fuchs, der Presse­sprecherin des Zentralen Bergungsortes (ZBO) Barbarastollen bei Freiburg.

Autor:Redaktion connect-professional • 30.11.2006 • ca. 1:20 Min

Frau Fuchs, der Barbarastollen, ein zentraler Bergungsort für deutsches Kulturgut von nationaler Bedeutung entsprechend der Haager Konvention, nutzt ausschließlich Mikrofilm, keinerlei digitale Speichermedien. Warum?
Mikrofilm hält bekanntermaßen mindestens fünfhundert Jahre. Digitale Daten müsste man in dieser Zeit zigmal umkopieren. Das ist bei solchen Datenmassen kaum möglich. Außerdem braucht man, um die Speichersysteme zu be­treiben, elektrischen Strom. Wer Mikrofiches anschauen will, braucht nur eine Kerze und vielleicht eine Lupe.

Heißt das, dass Sie noch keinerlei digitales Kulturgut von nationaler Bedeutung gefunden haben?
Wir wählen nicht aus, was als erhaltenswertes Kulturgut gelten soll. Das ist Sache der Länder oder des Bundes. Wir führen die Speicherung der ausgewählten Kulturgüter nur aus. Die Kosten für den Betrieb des Stollens werden gesplittet: Das Material zahlt der Bund, die Mitarbeiter das Land, Verpackung und Versand wieder der Bund.

Ist Ihnen von Bund oder Ländern bereits originär digitales Kulturgut als schützenswert zur Aufbewahrung übergeben worden?
Es gab durchaus Symposien zum Thema Datenerhalt, etwa bei Tonträgern, doch bisher wurde uns noch nicht aufgetragen, irgendwelches originär digital vorhandene Kulturgut zu sichern. Im Zweifel würden wir digitales Kulturgut aber wohl auch speichern. Wir würden das auf jeden Fall lösen. Aber wie gesagt, der Fall ist noch nicht eingetreten.

Könnte man das so interpre­tieren, dass Länder und Bund vielleicht davor zurückschrecken, rein digitale Dinge wie Web­seiten oder Multimedia als schützenswertes Kulturgut von überragendem Wert zu defi­nieren?
Man muss natürlich berücksich­tigen, dass es, als die Haager ­Konvention entwickelt wurde, noch keine PCs gab. Das heißt, es gab auch keine Diskussion über digi­tale Speichermedien, wie wir sie heute führen. Im Grunde müsste man die Haager Konvention oder zumindest ihre Ausführung irgend­wann an die neuen Bedingungen anpassen. Aber das ist nicht unsere Sache, sondern die der Politik. Wir machen hier nur die Aufbewahrung.