»Wir wünschen uns einen stabilen Wettbewerb«
»Wir wünschen uns einen stabilen Wettbewerb«. Im ITK-Channel heißt es weiter Prozesse verbessern, denn Niedrigpreise und -margen werden den Markt weiter dominieren. Ingram Micro-Chef Gerhard Schulz erklärt im Interview mit CRN-Redakteur Samba Schulte, wo er noch Potenzial für Prozessoptimierungen sieht.
»Wir wünschen uns einen stabilen Wettbewerb«
CRN: Sie führen Ingram Micros marktführende Position gerne darauf zurück, dass Ihr Unternehmen rechtzeitig die Prozesse, beispielsweise in der Logistik, optimiert hat. Wenn der massive Preisverfall anhält, wo bleiben da weitere Möglichkeiten, sich strukturell der flauen Marktlage anzupassen?
Schulz: Sicherlich, die Preise und damit auch die Margen kollabieren. Teilweise so schnell, dass es schwer fällt, die Kosten anzupassen. Die Distributoren müssen immer höhere Stückzahlen absetzen, um das gleiche Umsatzvolumen zu erreichen. Trotzdem: Die Bedeutung der Distribution insgesamt als effiziente Schnittstelle zwischen Hersteller und Händler steigt in diesem Prozess. Das ist positiv. Optimierungspotenzial besteht beispielsweise in der weiteren Automatisierung der Lieferkette. Also bei der elektronischen Anbindung der Handelspartner, aber auch der Hersteller. Gerade bei der Anbindung an die Lieferanten steckt die Distribution noch in den Kinderschuhen. Derzeit arbeitet bei uns ein Projektteam an der Optimierung der Schnittstellen. Wir werden über die optimierte Anbindung beispielsweise früher wissen, wann die Ware ankommt. Dadurch kann die Zeit der Zwischenfinanzierung und somit das Finanzierungsvolumen insgesamt reduziert werden. Auch die Effizienz in Vertrieb und Marketing kann dadurch gesteigert werden.
Des Weiteren wünschen wir uns eine stabile Wettbewerbslandschaft. Manche Konkurrenten neigen bei ihrem Versuch, Marktanteile zu gewinnen oder zu halten, zu einer chaotischen Preispolitik. Das bringt den Markt durcheinander. Außerdem vergessen viele, dass aggressive Preisaktionen teuer bezahlt werden müssen. Wirtschaftlich vernünftiger ist es, an den eigenen Prozessen zu arbeiten, als auf solche kurzfristigen Lockangebote zu setzen.
CRN: Preiskämpfe finden häufig gerade im HP-Channel statt. Für Verärgerung unter manchen HP-Distributoren sorgte aber zuletzt die Einführung des neuen »Preferred Partner«-Programms. Werden HP-Produkte nun teurer, da der Distribution Back-end-Gelder gestrichen wurden?
Schulz: Tatsache ist, dass Hewlett-Packard die Skonto-Vereinbarungen mit den Distributoren weltweit gekürzt hat. Natürlich gilt: Wenn hinten Gelder fehlen, wird sich das auch vorne auswirken. Deshalb werden wir manche Konditionen ändern müssen, manche aber nicht. Hier gibt es große Unterschiede zwischen den HP-Distributoren: Manche sind von dieser Umstellung stärker betroffen, je nachdem wie groß der Geschäftsanteil des HP-Absatzes am Gesamtumsatz ist oder ob man vor allem Preferred Partner oder kleine HP-Händler beliefert. Wir sehen unsere Aufgabe darin, kleine HP-Partner aufzubauen und möglicherweise an den Preferred Partner-Status heranzuführen.
CRN: Bei der zukünftigen Ausrichtung von Ingram Micro sprechen Sie von einer Broad Segment-Stragie und suchen verstärkt auch eine Positionierung in der Value Add Distribution. Wie weit sind Sie dabei gekommen?
Schulz: Broad Segment Distribution heißt für uns: Je breiter das Angebot, desto zielgruppenspezifischer muss die Ansprache der Fachhandelspartner in punkto Vertrieb und Marketing werden. Beispielsweise werden Fachhandelsprogramme zu den Trendthemen Mobility oder Security bei uns übergreifend über alle Vertriebs- und Produktmarketingabteilungen auf- und umgesetzt. Der Fachhändler muss sich so nicht von Business Unit zu Business Unit durchfragen, sondern erhält alle relevanten Lösungen aus einer Hand. Bei den VAD-Bereichen, Software oder Netzwerke, sehen wir unsere Hauptaufgabe in der Projektberatung und der Abwicklung. Das technologische Know-how muss aber der Fachhändler haben.