»Zusammenarbeit beim Desktop wäre wünschenswert«
Holger Dyroff, Vice President Product Management Suse Linux Enterprise bei Novell, stellt sich ebenfalls den Fragen zur Allianz zwischen Novell und Microsoft.
CRN: Von welchem technischen Aspekt der Kooperation zwischen Microsoft und Novell profitieren die Anwender aus Ihrer Sicht am meisten?
Dyroff: Die Anwender profitieren am meisten von der Virtualisierung und der Interoperabilität der Dokumenten-Formate. Virtualisierung ermöglicht die bessere Auslastung der Server, eine Reduzierung der Hardware-Kosten und verringert den Energie- Verbrauch, ohne dass die Geschäftsprozesse darunter leiden. Außerdem können durch Virtualisierung verteilte Systeme integriert werden. Die Verbesserung der Interoperabilität der Dokumenten-Formate fördert die reibungslose Zusammenarbeit unabhängig vom verwendeten System und der eingesetzten Plattform. 99 Prozent aller Microsoft Office-Dokumente lassen sich bereits mit Open Office öffnen. Wir arbeiten gemeinsam mit Microsoft an weiteren Translatoren.
CRN: Am Markt sind bereits Lösungen verfügbar, die den gemeinsamen Betrieb von Windows und Linux in einer IT-Landschaft ebenso wie die Virtualisierung unterstützen. Worin liegt der Mehrwert, der durch die Kooperation zwischen Microsoft und Novell entsteht?
Dyroff: Der Mehrwert liegt eindeutig darin, dass die Interaktion der Protokolle nun deutlich schneller weiterentwickelt werden kann. Bislang war das nur mit viel Aufwand möglich. Da Microsoft uns im Rahmen der Kooperation die Spezifikationen zur Verfügung stellt, wird eine 100-prozentige Interoperabilität der beiden Hypervisor erreicht – das wäre ansonsten nicht möglich, ist aber ein Aspekt, der äußerst wichtig für den geschäftskritischen Einsatz ist.
CRN: Auf welchen Themenfeldern könnte die Kooperation fortgesetzt werden?
Dyroff: Im Serverbereich gibt es zahlreiche interessante Projektmöglichkeiten, von denen die Kunden profitieren würden. Im Desktop-Bereich gibt es nach wie vor klare Grenzen der Zusammenarbeit. Mit der weiteren Verbreitung von Linux auf dem Desktop ist zu wünschen, dass sich diese Position bald ändert.
CRN: Novell bietet einen Mixed Stack aus Open- Source- und Closed-Source-Produkten an. Nach welchen Kriterien ist es sinnvoll, den Quellcode einer Lösung verschlossen zu halten, und wann ist der Moment gekommen, ihn offen zu legen?
Dyroff: Novell ist ein Unternehmen mit einer Linux-Strategie, aber zusätzlich mit einer Strategie für Management-Lösungen für die eigene Plattform und für heterogene Systeme. Viele, gerade komplexe Lösungen und Anwendungen sind heute noch nicht in Open Source verfügbar. Novell hat sich daher für eine Mixed-Source-Strategie entschieden, die Elemente aus beiden Welten zusammenbringt. Die Entscheidung für oder gegen Open Source ist eine Einzelfallentscheidung. Bei älteren Projekten gilt es, die Qualität des Source Codes, die Lizenzen externer Unternehmen und die Wahrscheinlichkeit einer aktiven Open Source Community abzuwägen. Bei neuen Projekten stehen hauptsächlich letzterer Aspekt sowie die Konkurrenzsituation am Markt im Vordergrund. Die grundsätzliche Frage lautet: Kann ein Projekt von der gemeinsamen Entwicklung vieler profitieren oder ist es zu speziell? Zukünftig wird die Verfügbarkeit von Open Source- Anwendungen für die Kunden weiter steigen, aber komplexe Lösungen wie Management- Systeme und ERP-Systeme werden sicher noch proprietär verfügbar sein.