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Dell Poweredge R905 im Test

16 Kerne für virtuelle Aufgaben

Immer mehr Kerne, immer mehr Arbeitsspeicher: Die Serverhersteller rüsten ihre Flaggschiffe für den Einsatz als Virtualisierungsplattform auf. Hersteller Dell bietet dazu optional sogar die nötige Software vorkonfiguriert im Paket an. LANline hat mit dem Dell-Rackserver Poweredge 905 einen der derzeit stärksten x86-Server getestet, der mit vier AMD-Opteron-CPUs und insgesamt 16 Prozessorkernen ausgestattet ist.

Autor:Elmar Török/pf • 17.12.2008 • ca. 6:40 Min

Ganz kurz nur gab es eine Delle in der "Höher, schneller, weiter"-Philosophie der
Hardwarehersteller. Als die Taktfrequenzen Verlustleistungen erzeugten, die einem Toaster gut zu
Gesicht gestanden hätten, schwenkten Intel und Co auf langsamer getaktete CPUs um – jedoch mit mehr
Kernen und zusätzlichen Funktionen, die die Leistung steigern sollen, ohne den Stromverbrauch in
die Höhe zu treiben. Und so präsentierte Intel vor Kurzem sogar die ersten Sechs-Kern-Prozessoren,
die Xeon-7400-Familie – früherer Codename "Dunnington". So viel Leistung muss natürlich auch einen
Abnehmer finden, aktuell kann dies eigentlich lediglich eines bedeuten: Virtualisierung. Nur die
allerwenigsten Applikationen im normalen Business-Umfeld sind in der Lage, die Rechenleistung einer
aktuellen Mehr-Kern-CPU allein auszulasten.

Teilen und rechnen

Anders sieht es beim Einsatz als Virtualisierungs-Host aus. Hier ist viel CPU-Leistung wichtig,
wenn auch nicht der allein über die Performance entscheidende Faktor. Auch Arbeitsspeicher und
I/O-Anbindung sprechen ein gewichtiges Wort bei der Gesamtleistung mit. Kein Wunder also, dass Dell
ihre aktuellen Multi-Kern-Server für den Virtualisierungseinsatz mit reichlich von allem
ausgestattet hat. Vier CPUs – beim getesteten Poweredge R905 – vom Typ "AMD Opteron 8300" mit 2,2
GHz Taktfrequenz und je vier Kernen sorgen für CPU-Zyklen in rauen Mengen. Dazu kommen beim R905
maximal 256 GByte Arbeitsspeicher verteilt auf 32 Slots. Der Speicher ist vom Typ "ECC DDR2-SDRAM".
Dell sieht sogar die Nutzung von redundanten Bänken vor, bei denen sich Speicheradressen im
Fehlerfall komplett auf ein anderes Modul umschalten lassen. Da dadurch sehr viel Platz durch die
Redundanz verloren geht, ist dies wohl nur für extrem kritische Anwendungen interessant. Getaktet
wird das RAM normalerweise mit 667 MHz, bei entsprechend spezifizierter, homogener Bestückung sind
800 MHz möglich. Jede CPU hat zwei Kanäle zur Verfügung, die jeweils vier SDRAMs ansteuern. Wer
sich um die Stromrechnung sorgt, kann die Taktfrequenz auf Kosten des Durchsatzes
herunterschalten.

Nur zwei der vier CPUs sind mit den dazugehörenden Speichermodulen direkt auf dem Motherboard
untergebracht. Die beiden anderen Prozessoren sitzen auf einem massiven, gesteckten Träger, der
sich mithilfe eines Hebels ver- und entriegeln lässt. Hat der Administrator den Träger ausgebaut,
um zum Beispiel weiteren Arbeitsspeicher hinzuzufügen, sollte er sich viel Mühe mit dem erneuten
Einsetzen geben. Der Hitzeschild aus Kunststoff muss wirklich nahtlos auf dem unteren
Prozessormodul sitzen, und der zentrale Steckverbinder darf nicht einmal ansatzweise verkantet
sein. Im Test benötigten wir jedes Mal mindestens zwei Versuche, bis das Prozessormodul so auf dem
Mainboard saß, dass das System alle CPUs und Speichermodule erkannte.

Da Dell den Poweredge R905 und seine ähnlich massiv ausgestatten Kollegen explizit für den
Einsatz als Virtualisierungs-Hosts empfiehlt, nimmt es nicht Wunder, dass die Anwender beim
Gerätekauf Vmware ESX und Citrix Xenserver vorkonfiguriert ordern können. Dabei wird der Hypervisor
allerdings keineswegs auf der Festplatte eingerichtet: Dell hat vielmehr auf der Hauptplatine einen
speziellen SD-Steckplatz vorgesehen, in den ein Flash-Modul mit dem Hypervisor passt. So steht der
komplette Server einschließlich Massenspeicher dem Hypervisor zur Nutzung zur Verfügung. Falls der
Anwender jedoch auf die SD-Karte verzichten will, ist dies auch kein Problem. Gleich neben deren
Steckkarte findet sich auf dem Familienpizza-großen Motherboard ein USB-Sockel, von dem der Server
bei Bedarf booten kann. Im Test klappte dies mit einer USB-Version des Hypervisors "Vmware ESXi 3.5"
ganz ausgezeichnet. Natürlich funktioniert dies ebenso gut, wenn der Anwender den USB-Stift an
einen der beiden Slots auf der Front steckt – aber so ist das Speichermedium sauber aufgeräumt.
Dies ist umso wichtiger, wenn man die vorderen USB-Anschlüsse deaktiviert – das System-BIOS bietet
diese sehr lobenswerte Sicherheitsfunktion.

Die Fünf-Minuten-Virtualisierung

Etwa 30 Sekunden dauert der Startvorgang per USB-Stift mit ESXi 3.5 – die diversen
BIOS-Meldungen von Systemboard, Fibre Channel Controller, Netzwerkkarten, BMC (Baseboard Management
Controller) und RAID-Adapter einmal abgerechnet. Kein schlechter Wert, wenn man bedenkt, wie lange
ein normal konfigurierter Windows Server 2003 zum Hochfahren benötigt. Sollen Anwender also das
Angebot von Dell annehmen und den Server gleich mit bestücktem SD-Slot ordern? Sie können, aber sie
müssen nicht.

Die perfekte Abstimmung von Dell mit den Herstellern Vmware und Citrix reduziert, wie sich
zeigt, die Bedeutung einer Zeitersparnis bei Nutzung eines vorinstallierten Hypervisors: Lädt der
Anwender – als Alternative zur Vorinstallation – die Software selbst herunter, so dauert die
Installation auch nicht viel länger. Wir haben dies im Test sowohl mit "Citrix Xenserver 5.0
Express Edition" als auch mit "Vmware ESXi 3.5" ausprobiert. Ergebnis: Durch den vorinstallierten
Hypervisor spart der Administrator etwa 20 Minuten, die zu 90 Prozent aus Zuschauen bestehen,
während die Installationsroutine Dateien kopiert. Danach kann der Anwender bereits mit beiden
Hypervisors arbeiten, sie funktionieren "Out of the Box". Das System erkennt alle Komponenten
korrekt, die Netzwerkadapter, auch die 10-Gigabit-Ethernet-Zusatzkarte, die Fibre-Channel-Adapter,
das Mainboard mit allen Sensoren für Lüfter, Temperatur, Stromverbrauch etc. Dafür ist Dell ein
dickes Lob auszusprechen. Andererseits macht dieses einfache Prozedere die optionale
Vorinstallation – zumindest in puncto Zeitersparnis – reichlich fragwürdig. Allerdings lässt sich
in letzterem Fall via
dell.com/VMwareNow ein
Upgrade von ESXi auf eine komplette Lizenz von Vmware Infrastructure 3 Enterprise per Mausklick
durchführen. Dies könnte für den einen oder anderen Anwender genug Anreiz darstellen, um zum
Komplettpaket zu greifen.

Auch ein weiterer Hypervisor hat keinerlei Berührungsängste mit dem Poweredge R905: Microsofts
Hyper-V arbeitete im Test tadellos mit der Serverplattform zusammen – sowohl als Core-Installation,
als auch über den Weg eines vorher installierten Windows-2008-Servers. Im zweiten Fall nutzten wir
die Unterstützung der mitgelieferten "Dell Systems Build and Update Utility 5.4". Die bootfähige
DVD enthält alle Verwaltungsprogramme von Dell wie "Openmanage", "Server Administrator", "IT
Assistant" und "BMC Console". Für die Installation des Betriebssystems bootet der Anwender von der
DVD und wählt im Linux-basierenden, grafischen Menü zwischen dem gewünschten Betriebssystem oder
den zusätzlichen Konfigurations-Tools. So lässt sich der RAID-Controller von dieser Stelle aus
ebenso konfigurieren, wie das BIOS und der Remote Access Controller. Falls der Administrator mehr
als einen Server einrichten will, erstellt das Tool auch Skripte, mit denen sich der Vorgang
automatisieren lässt. Abgesehen davon, dass die deutsche Übersetzung missverständliche Begriffe
enthält, ist das Tool sehr praktisch: In acht Schritten gelangt der Administrator zum fertigen
Betriebssystem, bei dem alle Treiber korrekt eingerichtet sind und der Server komplett installiert
ist.

Gesamtleistung beachten

Schnell ist Dell Poweredge R905 auf jeden Fall: Im Test erwies sich das System – neben dem
Virtualisierungseinsatz – als idealer Partner für Microsoft Windows Server 2008 Enterprise Edition
mit 64 Bit. Tests, die hohe Rechenleistung beanspruchten, zum Beispiel eine
Festplatten-Imaging-Software beim Komprimieren der Datensätze, führte das System so schnell aus,
dass der Unterschied zwischen hohem Kompressionsgrad und keiner Kompression zeitlich praktisch
nicht ins Gewicht fiel. Dennoch zeigten sich die 16 Kerne kaum belastet, das System hatte im Test
noch jede Menge Reserven für seine Aufgaben als Exchange- und Fileserver.

Doch CPU-Zyklen allein machen aus einem Server noch keine Highspeed-Maschine, die Flaschenhälse
liegen an anderen Stellen. RAM- und Massenspeicherbandbreite sowie die LAN-Performance haben – in
Abhängigkeit von der virtualisierten Anwendung – einen mindestens ebenso hohen Stellenwert.
Natürlich brilliert ein Server wie der Dell Poweredge R905 bei sehr CPU-lastigen Anwendungen wie
dem SSL-Processing bei geschützten Websites. Etwas schwieriger wird es bei häufigen Zugriffen auf
den Arbeitsspeicher. Die Speicherverwaltung der virtuellen Maschine ist zwangsläufig nicht mit der
eines "echten" Hosts identisch, der Hypervisor muss also ständig virtuelle in physische Adressen
umsetzen und umgekehrt. Dies führt bei den heute üblichen mehrstufigen Speicherkonzepten mit ihren
extrem optimierten Cache-Algorithmen schnell zu sehr hohen Leistungsverlusten. Durch die virtuellen
Adressen werden Cache-Blöcke geleert, auch wenn die gewünschten Daten eigentlich noch für weitere
Zugriffe im schnellen Cache-Speicher verbleiben sollten. Chiphersteller AMD geht das Problem mit
der – auch hier implementierten – Technik "Rapid Virtualization Indexing? (RVI) an. Mit RVI bekommt
eine virtuelle Maschine ihren eigenen Adressraum im physischen Speicher und kann diesen selbst
verwalten. Der Hypervisor hat damit (fast) nichts mehr zu tun, die virtuelle Maschine kann beinahe
wie in einem physischen Host nach Gutdünken über den ihr zugeteilten Arbeitsspeicher verfügen.

Bleibt noch die I/O-Performance. Obwohl eine extrem I/O-lastige Anwendung einen
Virtualisierungs-Host immer in die Knie zwingen kann, so hat Dell zumindest einiges unternommen, um
diesen kritischen Punkt weit hinaus zu schieben. Der Poweredge R905 verfügt onboard über vier
Gigabit-Ethernet-Ports und kann mittels Zusatzkarte ein Modul mit zwei
10-Gigabit-Ethernet-Anschlüssen aufnehmen. Ferner finden sieben PCIe-Steckkarten im hinteren Teil
des Servers Platz, fünf davon mit "x4"-Spezifikation, zwei mit "x8". Für RAID-Controller und "Dell
Remote Access Controller" (DRAC) sind zwei zusätzliche Slots vorgesehen, sodass die sieben PCIe
Slots für I/O-Anwendungen wie Fibre-Channel-Adapter frei bleiben.

Fazit

Der Dell Poweredge R905 ist ein Virtualisierungs-Host, wie ihn sich der Anwender wünscht. Er
besitzt ausreichend CPU-Power, RAM und Platz für I/O-Schnittstellen, um die meisten Anwendungen zu
virtualisieren. Durch die Zusammenarbeit mit Citrix und Vmware fallen Treiberprobleme und
aufwändige Installationen des Hypervisors flach. Mit Preisen ab etwa 6500 Euro ist der Server zwar
kein Schnäppchen, bringt aber alle Voraussetzungen mit, um im Unternehmen wichtige Anwendungen
langfristig zu hosten.

Info: Dell Deutschland Tel.: 0180/52244 Web:
www.dell.de