Zum Inhalt springen

Automatisierung treibt den Markt

Industrialisierung der Dokumentenbearbeitung – In der ECM-Branche hat die Zukunft begonnen. Bis vor kurzem galt ein elektronisches Archivsystem noch als Applikation, mit dem Abteilungen ihre Archive entlasteten. Das ist Vergangenheit: ECM bedeutet heute die Automatisierung und Industrialisierung der mit Dokumenten verbundenen Prozesse.

Autor:Redaktion connect-professional • 27.9.2007 • ca. 3:15 Min

Als das entscheidende Segment im ECM-Markt gilt im Moment die Digitalisierung von Papierdokumenten.Die Unternehmen füllen ihre Content-Systeme mit den Daten aus archivierten Schriftstücken oder den Informationen des gescannten Posteingangs. Das Konzept sieht vor, dass die Mitarbeiter sämtliche Schriftstücke, die sie zur Arbeit brauchen, in wenigen Sekunden an den Arbeitsplatz geliefert bekommen. Außerdem bearbeiten die Content-Systeme die Dokumente, bei denen eine Erledigung oder Freigabe durch Mitarbeiter nicht mehr zwingend notwendig ist, in Zukunft automatisiert. Dazu gehören zum Beispiel Anfragen der Kunden, Standardverträge, Rechnungen oder hoch standardisierte Aufträge – wie im Bankengeschäft die Verarbeitung von Überweisungen und Schecks.

Bislang ist die Recherche nach Dokumenten wie Verträgen und Policen, alten Rechnungen oder vergilbten Lieferscheinen eine Sache von Tagen. Häufig müssen die Mitarbeiter genau vorgeschriebene Dienstwege einhalten: Bevor sie einen Blick in die Akten werfen können, sehen sich die Sachbearbeiter in der Pflicht, die Einsicht mündlich zu beantragen oder Formulare auszufüllen. Doch die Verantwortlichen bei den Anwendern und Herstellern arbeiten an der Beschleunigung dieser Dokumentenprozesse. Das Zauberwort hierfür heißt Digitalisierung, die dafür benötigten Maschinen sind Dokumenten-Scanner, diese Geräte sind heute in der Lage, täglich mehrere 10 000 Dokumente in Daten zu verwandeln.

Die Situation ist paradox. Nahezu jedes Dokument, das Unternehmen jetzt aus ihren Altbeständen und Archiven digitalisieren – um sie in letzter Konsequenz online verfügbar zu machen – haben deren Mitarbeiter, Kunden oder Geschäftspartner in der Vergangenheit auf Computern erstellt.Mit großer Wahrscheinlichkeit sind sogar die Datensätze, aus denen die Rechner das Dokument in der Vergangenheit einmal erstellt hatten, noch tief in den Systemen der Unternehmen verborgen. Das selbe gilt für den zweiten Bereich der Digitalisierung: Die Bearbeitung der Eingangspost. Der größte Teil der Anschreiben wurde am Computer erstellt – häufig sogar an den Rechnern des Adressaten – beispielsweise wenn Versicherungen oder Banken Formulare oder Anfragen an ihre Kunden schicken.

Die Experten sprechen von Dokumenten-Kreisläufen, die sie zunächst im Auftrag der Anwender analysieren und im nächsten Schritt verbessern möchten: Grundannahme ist, dass beispielsweise bei der Bearbeitung von Formularen – etwa für die Aufnahmen eines Kredites – Maschinen die Aufgaben von Sachbearbeitern schneller, effizienter und günstiger übernehmen.Mit einer Analyse des Datenbestandes erkennen Banken sehr schnell, dass sie bereits einen großen Teil an bestehenden Informationen möglicher Kunden im Haus haben.Wenn die Systeme jetzt ein neues Kreditangebot machen, codieren sie im Anschreiben die bereits vorliegenden Informationen. Gleichzeitig hinterlegen sie die noch fehlenden Informationen zum Beispiel mit Farbe.

Das Ergebnis dieses Vorgehens: Die Erkennungssysteme lesen lediglich die farbig gekennzeichneten Felder aus und generieren daraus die Daten, die sie in die Datenbanken der Kreditapplikationen eintragen. Die heute etablierten »Kreditfabriken« benötigen für den Verkauf ihrer Leistungen weder Personal oder Arbeitszeit, noch aufwändigen »Papierkram «, sondern lediglich Scanner, Server und die smarte Software der ECM-Hersteller.

Wenn die Verantwortlichen ihre Kreditproduktion automatisieren, können sie noch an einer anderen Stelle Geld sparen – nämlich indem sie den gesamten Prozess digitalisieren und als Trägermedium ihrer Informationen an Stelle von Papier Datennetze wie das Internet nutzen. In den letzten zwei, drei Jahren gaben digitale Formulare dem ECM-Markt eine hohe Dynamik.Wie schnell sich die Anforderungen verändern können, merken die Scan-Produktionen der Geldinstitute. In den vergangenen Jahren hat sich rund um die Großbanken eine Industrie entwickelt, deren Hauptaufgabe es ist, jährlich Milliarden Belege aus dem Zahlungsverkehr zu digitalisieren und anschließend die Daten aus den digitalen Formularen auszulesen und in die Bank-Applikationen ihrer Kunden zu liefern.

Um das Papier aus diesem Prozess zu verdrängen, bieten die Banken ihren Kunden seit mehreren Jahren Angebote für den Zahlungsverkehr über das Web. Als Folge dieser virtuellen Bankangebote sind die Zahlen für die papierbasierten Überweisungen stark rückläufig. Und obwohl die Zahlungsbeleg-Verarbeiter im »Imaging«-Markt mit zweistelligen Wachstumschancen zu Hause sind, bricht ihr spezielles Segment weg. Jetzt versuchen die Dienstleister einerseits mit neuen Technologien die Erkennungsleistung ihrer Systeme extrem zu erhöhen und damit die Kosten in der Produktion wesentlich zu senken. Gleichzeitig beginnen sie ihr Angebot zu überdenken: Parallel zum Rückgang der gescannten Papierbelege versuchen sie ihre Produktionen mit dem Digitalisieren von Altarchiven oder der Postverarbeitung auszulasten.

Für die Anwender, die auf der Cebit nach neuen Ideen für die Verbesserungen ihrer ECM-Systeme suchen, sind das zwei gute Nachrichten: Es gibt genügend Dienstleister, die die Digitalisierung – teilweise mehr als 100 Jahre alter Archive – anbieten. Und diese großen Abnehmer von Technologie und Produkten treiben den Markt immer weiter: Hersteller und Lieferanten müssen Systeme verkaufen, mit denen die Dienstleister eine immer umfassendere Automatisierung aufbauen können.

Christian Raum
cr@networkcomputing.de