Bitte vollständig (oder wenigstens offen)
Ich erinnere mich, vor langer Zeit einmal in einem Editorial geschrieben zu haben, die Industrie müsse Managementprodukte so entwerfen, dass Administratoren keine weiteren Managementprodukte benötigen, um sie zu verwalten.

Zweifellos unterstützen die meisten Administratoren diese Forderung, die Industrie scheint das aber nicht zu kümmern. Das könnte daran liegen, dass die Produktmanager Network Computing nicht lesen, aber vermutlich spielen andere Gründe eine Rolle. Dabei ist es gar nicht schwer, diese Forderung zu erfüllen. Es ist schon fast damit getan, ein vollständiges Produkt anzubieten oder zumindest ein Produkt, das so offen ist, dass ein beliebiges anderes Produkt die fehlenden Funktionen problemlos ergänzen kann. Leider ist Solches selten.
Betrachten wir einmal Microsofts Gruppenrichtlinien: Was sind sie anderes als ein Managementprodukt oder -werkzeug? Die Gruppenrichtlinien sind unvollständig, und es fehlen wichtige Verwaltungsfunktionen. Wir haben hier also ein unvollständiges Produkt. So etwas anzubieten, ist nicht nett, aber immerhin hat Microsoft die Programmierschnittstellen veröffentlicht.
Natürlich ist ein vollständiges Produkt besser, aber in diesem Fall gewinne ich der Sache sogar etwas Positives ab, denn so bleibt anderen Softwarehäusern noch etwas zu tun übrig. Das ist gut für die Wirtschaft.
Gar nicht positiv ist aber das, was diese Softwarehäuser nun produzieren, um die Gruppenrichtlinien zu vervollständigen und zu verwalten (siehe Vergleichstest AD-Policy-Administration-Suites, ab Seite 12). Ein einzelnes vollständiges Produkt existiert nicht, die Industrie zwingt uns, gleich mehrere zu kaufen, beispielsweise eins, das die Gruppenrichtlinien erweitert, und ein anders, das die Richtlinien verwaltet. Die individuellen Produkte erledigen ihre Arbeit akzeptabel, aber das große Bild stimmt nicht.
Die Managementprodukte arbeiten kaum mit den Erweiterungen zusammen, obwohl die Erweiterungen auch nur Gruppenrichtlinien sind. So lange nur Produkte eines Herstellers zum Einsatz kommen, funktioniert es noch, doch ist dies keine Lösung, denn wer ein gutes Managementprodukt offeriert, der bietet nicht zwangsläufig auch gute Erweiterungen. Vollständig ist hier nichts und offen genug auch nicht. Aber kein Problem, denn bestimmt entwickelt gerade jemand eine Managementanwendung, die das Managementprodukt des einen mit den Richtlinienerweiterungen eines anderen Herstellers unter einen Hut bringt.
Ihr Dirk Jarzyna