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Broadcaster wechseln zu Digitaltechnik

Broadcaster wechseln zu Digitaltechnik. Der Wandel von analogen zu digitalen Verfahren wird die Fernsehindustrie auch in den nächsten Jahren bestimmen. Denn erst 15 Prozent der europäischen Sender sind voll mit digitaler Technik ausgerüstet.

Autor:Redaktion connect-professional • 25.5.2005 • ca. 2:20 Min

Broadcaster wechseln zu Digitaltechnik

»Die Digitalisierung bleibt der wichtigste Trend der nächsten zehn bis 15 Jahre«, sagt Jeff Healey. Er hat als Senior Analyst ­Media und Broadcasting für ­Datamonitor die Entwicklung auf dem europäischen Broadcasting-Markt untersucht. Der Marktforscher schätzt das europäische Marktvolumen für IT-Systeme, die bei Broadcastern eingesetzt werden, auf 3,6 Milliarden Dollar im Jahr 2008 - 2004 waren erst 2,6 Milliarden. Durchschnittlich soll der Markt damit in der nächsten Zeit um jährlich acht Prozent wachsen. Profitieren werden davon neben den Allroundern Sony und Thomson auch viele Spezialisten und Unternehmen, die man ansonsten aus dem IT-Bereich kennt. Einer der wichtigsten Wachstumsbereiche werden wegen MPEG-4 und VC1, für die man neues Equipment braucht, Encoder und Multiplexer sein. Die Profiteure heißen hier Harmonic, Tandberg und Thomson. Stark zulegen wird auch der Absatz von Videoservern. Hier heißen die wichtigsten Anbieter Omneon, Pinnacle und Thomson.
In einem Boom befindet sich derzeit der Markt für Media Asset Management, also die Aufbewahrung und Verwaltung des digitalen Contents, dessen Volumen Healey heute auf 477 Millionen Dollar schätzt. Er soll in den nächsten Jahren um 18 Prozent jährlich zulegen.
Profitieren können davon zum einen Software-Spezialanwender wie Ardendo, Blue Order, Dalet, Harris und SGT, zum anderen IT- beziehungsweise Storage-Generalisten wie Dell, EMC, HP, Hitachi, IBM, SGI und Storage Tek. Außerdem nutzt die digitale Archivierungstechnik den Anbietern von Filesystemen und Software, die den Transfer großer Dateien unterstützen. Einen Namen haben hier ADIC, SGI und Front Porch.

Nachzügler Deutschland
In Deutschland besteht bei der digitalen Archivierung enormer Nachholbedarf. Und das, obwohl das Land zusammen mit Frankreich und Großbritannien zu den größten Märkten gehört. Gemeinsam vereinigen die drei Länder die Hälfte des gesamten Broadcast-IT-Marktes auf sich. »Deutschland ist diesbezüglich am langsamsten in Europa, führend sind Spanien, Frankreich und Großbritannien«, sagt Healey. Derzeit gebe es hierzulande nur fünf digitale Archive. »RTL ist zwar der größte Content-Produzent nach Hollywood, aber es gibt trotzdem in Deutschland wenig Bereitschaft, in digitale Archive zu investieren.«
Neben dem Trend zu Digitalarchiv wächst auch der Druck in Richtung hochauflösendes Fernsehen (HDTV, High Definition Television). »Wenn Premiere am Ende des Jahres in HDTV einsteigt, wird die Verbreitung der Technik auch in Deutschland dramatisch zunehmen«, sagt Healey. Deshalb werde schon jetzt in geeignete Kameras und andere Gerätschaften investiert.
Schließlich konstatiert Healey die wachsende Bereitschaft der Sender, nicht nur aufwändige Nachverarbeitungsaufgaben und die eigentliche Ausstrahlung auszulagern. Vielmehr würden sie, um sich aufs Kerngeschäft zu konzentrieren und gleichzeitig Kosten zu sparen, Infrastrukturaufgaben wie Aufbau und Wartung von Data Warehouses oder Netzmanagement vermehrt an externe Anbieter vergeben. Dabei, so erwartet Healey, liege der Fokus auf Zuverlässigkeit. Schließlich ist die größte anzunehmende Katastrophe für einen Fernsehsender, dass der Bildschirm schwarz bleibt. Deshalb haben in erster Linie große, etablierte Dienstleister eine Chance im Outsourcing-Geschäft mit Medienhäusern. Die Datamonitor-Studie listet die Namen der üblichen Verdächtigen auf: Accenture, HP, IBM, SGI, SBS und T-Systems.
Hemmend auf die Ausbreitung digitaler Techniken wirken, so Datamonitor, schlechte Erfahrungen der Broadcaster mit IT-Unternehmen, fehlende Vertrautheit mit einem voll digitalisierten Workflow, Angst um Arbeitsplätze und die simple Tatsache, dass die vorhandenen Techniken sich bewährt haben und in der Praxis funktionieren. Dennoch werde sich dank HDTV und Kostenvorteilen langfristig die digitale Technologie durchsetzen.