CA Technologies setzt alles auf Cloud
Mit Plädoyers, Strategiebotschaften, Produkten und Dienstleistungen machte CA Technologies - ursprünglich Computer Associates, bis dato CA - auf seiner Kundenveranstaltung CA World unmissverständlich klar, wo künftig die Musik spielt: Cloud, Cloud und nochmal Cloud. Daneben gibt es nur noch das Mainframe-Business. Diese kompromisslose Neuausrichtung sorgt zwar für eine klare Orientierung, bei manchem sicher aber auch für erhöhten Blutdruck: Eine Garantie, dass die Rechnung aufgeht, existiert ebenso wenig wie ein Plan B.
CA Technologies (CAT) hat in jüngerer Zeit durchaus nennenswerte Erfolge zu verbuchen. Das Ende
April 2010 abgeschlossene Geschäftsjahr 2009 beendete der einzige verbliebene unabhängige große
IT-Management-Software-Hersteller mit 694 Millionen Dollar Gewinn (fast 39 Prozent mehr als 2008 –
bei nahezu identischem Umsatz). In Europa konnte das Unternehmen zuvor mit dem dritten Quartal 2009
das beste Quartal seit Bestehen der Firma verbuchen – das Unternehmen will deswegen sogar noch
stärker als bisher in Europa investieren. Mit dem Ausbau seiner Partnerbeziehungen gelangen CAT
strukturelle Erfolge – das Partnernetz umfasst Accenture und Deloitte als langjährige
Allianz-Partner, Capgemini, T-Systems, Siemens und viele andere als Managed Service Provider oder
Channel-Partner, zudem IBM, CSC, EDS und Fujitsu als globale Service-Provider. Auch die Rückkehr in
die begehrte Liste der 500 erfolgreichsten Unternehmen der Welt durfte CAT feiern.
Bill McCracken, der Nachfolger des zum 31. Dezember 2010 ausgeschiedenen CA-Chefs John Swainson,
sah offensichtlich dennoch dringenden Handlungsbedarf. In Anbetracht der zuletzt aufgekauften
Firmen war abzusehen, dass es wohl in Richtung Cloud gehen wird, doch überraschte der neue Mann an
der Unternehmensspitze mit der kompromisslosen Konsequenz, mit der er den neuen Weg gehen will. Der
67-jährige CEO brachte es mit einem Ausdruck aus der Poker-Welt auf den Punkt: "All in", so das
geflügelte Wort – allerdings mit eilig angefügtem Zusatz: "Ohne Risiko". "Riskant wäre es, jetzt
weniger engagiert voranzugehen. Die Zukunft heißt Cloud, und CA Technologies wird alles
unternehmen, um bei dieser Art, Applikationen bereitzustellen, die Nase vorne zu haben."
Etwa 1.000 Mitarbeiter dürfte die neue Marschrichtung allerdings nicht begeistern – sie wurden
ganz Cloud-gerecht gleich mal "virtualisiert". Die verbliebene Belegschaft zeigte sich in Las Vegas
sehr begeistert vom neuen Chef – immerhin habe er sich als erster Firmenboss der CA-Geschichte die
Zeit genommen, sich stichprobenartig hierarchieübergreifend mit seinen Mitarbeitern rund um den
Globus in Einzelgesprächen zusammenzusetzen und sich für ihre Sorgen und Verbesserungsvorschläge zu
interessieren.
Neuer Name, neues Glück
Die CA World war die Zeit für konstruktive Botschaften: Mit CA Technologies ein neuer Firmenname
– bis zur CA World hieß das Unternehmen noch Google-unfreundlich schlicht CA – eine "
wandlungsfähige" Corporate Identity (das traditionell in pastelligen Blau- und Grüntönen gehaltene
Firmenlogo prangt jetzt in allen möglichen Farbkombinationen auf den Visitenkarten der
CAT-Mitarbeiter) und natürlich last, not least die neue Unternehmensstrategie. Der "CA"-Teil im
Namen soll das langjährige Erbe repräsentieren, "Technologies" auf die Zukunft verweisen, in der
sich CA als Vorreiter neuer Lösungen sieht, "welche die Art und Weise, wie IT das Business
antreibt, von Grund auf revolutioniert", so McCracken.
Beim Management einer Cloud-Umgebung will sich CAT auf die gesamte IT-Wertschöpfungskette
konzentrieren: "Es geht um die zunehmend dynamische Kombination von externen und internen
IT-Ressourcen, über die IT-Organisationen unternehmenskritische Applikationen und Dienste
bereitstellen", so McCracken. "Wir verwalten und sichern diese Ressourcen jetzt gemeinsam in
integrierter Form. Auf diese Weise kann sich die IT jetzt erheblich präziser und zeitnäher als
früher auf rasch wechselnde Geschäftsanforderungen einstellen – gleichzeitig aber auch die Kosten
senken und deutlich verbesserten Wert aus den gesamten Technikausgaben ziehen." Im Umkehrschluss
bedeutet das – und McCracken formulierte es ebenso unverblümt: "Überleben wird in Zukunft nur, wer
seine Business-Modelle schneller als die Konkurrenz an die sich immer schneller wandelnden
Marktgegebenheiten anpassen kann." Und das Synonym für Wandlungsfähigkeit sei natürlich: Cloud.
Bewertungsplattform für Cloud-Services
Auf der CA World ließ es CAT nicht bei grauer Theorie. Ein Großteil der zahlreichen
Neuankündigungen bezog sich auf Cloud Computing und Virtualisierungstechnik, so etwa der Anstoß zu
einer neuen Cloud-Community namens "Cloud Commons" (www.cloudcommons.com). Mit wissenschaftlicher
Unterstützung der Carnegie Mellon University in Kalifornien sollen auf dieser als extrem interaktiv
konzipierten Infoplattform Cloud-Services verschiedener Anbieter in standardisierter Form
vergleichbar gemacht werden. Dazu hat Carnegie Mellon mit Unterstützung der Industrie und unter
Heranziehung einschlägiger Standards einen "Service Measurement Index" (SMI) entwickelt, der eine
neutrale Bewertung von Cloud-Services zulassen soll.
Darüber hinaus bietet die Site auch subjektive Bewertungsmöglichkeiten an – ähnlich dem
Sternesystem auf E-Commerce-Plattformen wie Amazon.com für jeweils dort erhältliche Produkte. Im
Laufe der Zeit soll hier in Form einer umfänglichen Best-Practice-Sammlung eine zusätzliche Quelle
für die Bewertung von Cloud-Services entstehen, die neben dem eher akademischen SMI- einen
praktischen Ansatz repräsentiert.
Schaltzentrale der IT
Darüber hinaus ließ CA Technologies in Las Vegas eine Reihe Produktankündigungen im Umfeld des
Cloud Computing vom Stapel. Im Einzelnen handelt es sich um die Produkte "Cloud Insight", "Cloud
Compose", "Cloud Optimize" und "Cloud Orchestrate", die zusammen die "Cloud-Connected Management
Suite" bilden. Cloud Insight ist eng an das neue Cloud-Community-Portal "Cloud Commons" und dessen
standardisierten Index für die Bewertung von Cloud-Services geknüpft. Insight integriert Cloud
Commons über fest eingebaute Schnittstellen und soll so eine punktgenaue Entscheidung für den
Einsatz einer Cloud-Lösung liefern.
Cloud Compose präsentiert sich als umfassende Lösung zur Erzeugung einer Rechner-Cloud auf Basis
von Standardhardware. Ein visuelles Interface soll dabei die Zusammensetzung und Inbetriebnahme von
Cloud-Umgebungen erleichtern, ebenso wie das Management laufender Cloud-Systeme. Cloud Optimize
schließlich soll Nutzer bei der Optimierung interner und externer IT-Infrastrukturen und Services
unterstützen. Wie bei Cloud Insight soll auch hier wieder der SMI als Bewertungswerkzeug ins Spiel
kommen. Cloud Orchestrate schließlich soll die Kontrolle über den Workflow ebenso wie eine
regelbasierte Automation bei der Verbesserung von Service-Infrastrukturen bieten. Während Insight
und Compose ab Oktober dieses Jahres kommerziell verfügbar sein sollen, erwartet CAT für Optimize
einen Launch-Termin im April 2011, Optimize soll in der zweiten Jahreshälfte 2011 folgen.
Die neuen Cloud-Lösungen basieren auf Produkten und Technik, die CAT letztes Jahr mit Cassatt,
Oblicore und NetQoS sowie im Februar dieses Jahres mit 3Tera übernommen hat. Weitere
Firmenübernahmen seien im Rahmen der neuen Cloud-Management-Strategie durchaus wahrscheinlich. CAT
hat dabei in erster Linie interessante kleine Softwareschmieden im Sinn, die das Portfolio
zielgenau ergänzen. Welche Unternehmen konkret in Frage kommen, wollte CAT allerdings natürlich
nicht herauslassen.
Basis jeder Form des Cloud Computing ist eine vollständige Virtualisierung der gesamten IT –
nicht nur der Server- oder Speichersysteme. Drei neue Lösungen aus dem Hause CAT sollen Unternehmen
künftig dabei unterstützen: "Virtual Assurance", "Virtual Automation" und "Virtual Configuration";
hinzu kommen zwei erweiterte Tools: "Spectrum Automation Manager" und "Virtual Assurance for
Infrastracture Managers". Mit diesen Tools hätten Administratoren nun eine große Auswahl an
Management-Funktionen in virtuellen Umgebungen und damit letztlich eine verbesserte Kontrolle über
ihre virtuellen Systeme.
Einziger Nebenschauplatz neben der Cloud war auf der CA World das Mainframe-Geschäft. In der Tat
generiert CAT hier sehr stabil rund die Hälfte seines Umsatzes. Auf dieser Schiene ist es
wettbewerbstechnisch weitaus stiller als auf der Cloud-Strecke – dennoch lieferte CAT auf der CA
World auch hier einige Überraschungen. So lassen sich Mainframes mit dem neuen "Mainframe Chorus"
jetzt ziemlich "Macintosh-like" bedienen. Chorus gilt als neuer Schlüssel der bereits auf der
letzten CA World ins Leben gerufenen "Mainframe 2.0"-Initiative. Diese Initiative adressiert das
aktuelle Kernproblem in der Mainframe-Welt: einen zeitgemäßen Weg zu finden, Mainframes zu managen
und so auch die jüngere Generation für die Technik zu begeistern.
Chorus war in Las Vegas in einer Beta-Version zu sehen, war aber bereits der Publikumsmagnet
schlechthin. Das Final Release der auf sieben Datenbank-Tools von CAT basierenden
Benutzeroberfläche soll in wenigen Monaten auf den Markt kommen.