Die neue Oberklasse
Poweredge 6850 – An die Spitze ihrerServerfamilie stellt Dell eine Vierprozessormaschine mit Intels neuestem Chipsatz. Ob sich das Top-Modell gegen die lauernde Konkurrenz durchsetzen kann, muss sich zeigen.


Den derzeit dicksten Server des Direktanbieters treiben vier 3,6 GHz schnelle Xeon-MP-Prozessoren von Intel an. Auf Wunsch erhält der Kunde Prozessoren mit 8 oder 1 MByte L2-Cache. Das Board des Servers basiert auf Intels Designvorschlag und arbeitet mit Intels MP-Chipsatz E8500, Codename »Twincastle«.
In der Mitte der 4-HE-Gehäusefront bringt Dell fünf Hot-Swap-Einschübe für SCSI-Laufwerke unter. Rechts sitzt das übliche DVD-Laufwerk in Notebook-Bauform. Zu beiden Seiten der Disks sorgen je zwei redundante, hintereinander geschaltete Lüfter für die Kühlung des Systems. In der Gehäusemitte stecken die vier CPUs mit passiven Kühlkörpern und die dazugehörigen Spannungswandler. Am Ende des Rackmount-Chassis bleibt Platz für drei PCI-X- und vier PCI-e-Steckplätze. Den DDR-2-Speicher bringt Dell auf vier herausnehmbaren Modulen unter. Auf Wunsch kann das RAM gespiegelt oder in einem Memory-Raid-Modus betrieben werden. Als Option offeriert Dell einen Low-Profile-FC-Controller von Qlogic. Damit dieser keinen der sieben Hot-Swap-fähigen Steckplätze belegt, hat Dell im Boarddesign einen besonderen PCI-e-Steckplatz eingeplant, der direkt neben einer der Speicherbänke liegt und dem FC-Controller vorbehalten bleibt. Onboard enthält der Server die obligatorischen dualen Gigabit-Ethernet-Interfaces sowie USB- und COM-Anschlüsse.
Zwar verfügt das Board über eine Grafikkarte, doch setzt Dell diese außer Kraft, wenn der Kunde eine Remote-Access-Karte verlangt. Dieser besondere »DRAC/4«-Controller integriert Grafikchip, Netzwerkkarte und einen virtuellen IDE/Floppy-Controller. Der Administrator kann über den Internet-Eplorer auch bei abgeschaltetem Server auf den DRAC zugreifen. Damit lassen sich der Server aus der Ferne ein- oder ausschalten und alle Ein-/Ausgaben von Grafikkarte, Maus und Tastatur in eine Java-Konsole auf den PC des Adminsitrators umleiten. Über das Browser-Plugin vermag der DRAC zudem, eine Floppy-Disk, CD oder DVD im Laufwerk der Administrator-Workstation dem Server als eigene vorzugaukeln. So lässt sich der 6850 nicht nur komplett samt Bios-Setup fernsteuern, sondern auch ferninstallieren.
Die Testmaschine arbeitet mit 16 GByte RAM, vier 3,66-GHz-CPUs mit je 1 MByte L2-Cache, dem FC- und DRAC-Controller, sowie einem zusätzlichen 10/100-MBit-LAN-Interface. Im ersten Test in den Real-Wolrd Labs Poing arbeitet der 6850 als Vmware-ESX-Server. Für diesen Einsatz hat Dell das Testsystem optimiert. Diese Aufgabe erledigt der Rechner auch sehr professionell und schnell. Die Performance einzelner VMs ist sehr gut. Erst wenn sehr viele VMs simultan eine hohe I/O-Last erzeugen, bricht der Quad-Server leicht ein. In diesem Sonderfall ist ein Quad-Opteron mit seinen acht Speicherkanälen noch im Vorteil. In anderen Tests installiert Network Computing sowohl Linux-, als auch Windows-2003-Server, jeweils in der 64-Bit-Variante. Dabei haben einige Linux-Versionen bei der Installation Probleme, die PS-2-Tastatur des Servers zu erkennen, welche Dell über einen USB-zu-PS-2-Adapter anspricht. Über den DRAC-Controller lassen sich aber alle Systeme fehlerfrei einrichten.
Fazit: Zwar eignet sich die vorliegende Konfiguration gut für den Einsatz unter VMWare, doch hat ein Quad-Opteron-System hier spürbare I/O-Vorteile. Betreibt man den 6850 jedoch mit einem System und einer Anwendung, wie beispielsweise Oracle oder dem SQL-Server-2005, kann die Xeon-Architektur punkten. Bei der Kommunikation zur Außenwelt hat das 8500er-Chipset mit seinen integrierten PCI-e-Bussen Vorteile gegenüber dem AMD-Chipsatz. Für diesen Einsatz eignen sich jedoch die Prozessoren mit 8 MByte L2-Cache besser. Allerdings hat das Intel-MP-Design im 6850 seinen Preis. Das vorliegende Testsytem ist rund 25 000 Euro teuer, während ein Quad-Opteron mit einer vergleichbaren Ausstattung knapp die Hälfte kostet. Neue Dual-Opteron-Systeme mit Dual-Core-Prozessoren wie Suns X4200 dürften vergleichbare Leistungen erreichen, ihr Preis beträgt aber ebenfalls nur die Hälfte des 6850.
An Funktion und Leistung des Systems ist nichts auszusetzen, und der DRAC-4 ist eine enorme Hilfe für den Administrator. Der Anwender muss sich aber fragen, ob er eine Maschine mit vier physischen CPUs unbedingt benötigt, wenn er für den halben Preis ein vergleichbar performantes System mit zwei Dual-Core-CPUs bekommt. Richtig interessant dürfte der 6850 daher erst wieder werden, wenn Intel die Dual-Core-Xeon-DP-Prozessoren liefern kann und der 6850 mit acht Kernen noch mal an Leistung gewinnt.
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