Gedrängel auf dem Gipfel
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Der Zweifel im Faust des Johann Wolfgang von Goethe überkommt auch mich beim Hören der vielen guten Nachrichten aus Hannover.
Dabei zähle ich wahrlich nicht zu den Berufspessimisten. Aber beim zweiten nationalen IT-Gipfel sollen die zentralen Weichen zur Rolle der ITK-Branche für die gesamte Wirtschaft gestellt werden. Das ist gut und nötig. Nur neu sind diese Appelle nicht. So ist geplant, die Beratungslandschaft für ITK im Mittelstand durch Informations- Vermittler zu vernetzen. Auch von einer innovativen Ausbildungs- und Fachkräftepolitik wird gesprochen. Zum wievielten Mal eigentlich schon? Und alles gipfelt beim Gipfel in einen IT-Beauftragten der Bundesregierung, also einem Bundes-CIO.
An der Speerspitze die Kanzlerin, hinter ihr Politiker, Wirtschaftsgrößen, Verbandsfunktionäre und McKinsey. Ja, auch die smarten Berater sind im Spiel, vor allem im Bundesinnenministerium. Schließlich ist auch eine nachhaltige Modernisierung der Verwaltung geplant. Und die ist bitter nötig. Nicht nur auf technologischer Ebene, sondern auch bei Kompetenzen, Zuständigkeiten und dem Tempo der Handelnden. Genau da wird es für den Bundes-CIO schwierig. Im Dickicht der Verwaltungen und Eitelkeiten benötigt ein solcher CIO mehr Kompetenzen, als es den meisten verantwortlichen Politikern lieb sein kann. Anders wird er sich aber nicht durchsetzen können, zumal das föderative System viel Abstimmungsarbeit mit den Ländern verlangt.
Viel drängelt sich auf dem Gipfel von Hannover, der umweht wurde vom Geist von Potsdam und dem ersten nationalen IT-Gipfel. Tatsächlich hat sich seither einiges bewegt. Aber es ist noch sehr viel zu tun. Da genügen ein paar kernige Äußerungen der Kanzlerin nicht viel. Nötig aber hat die IT-Branche, ohne die die gesamte Wirtschaft nicht mehr funktioniert, eine klare Positionierung in der Politik. Nötig hat sie keinesfalls die Eitelkeiten der Politiker und das Schielen nach der nächsten Wahl. Nur dann mag ich der Botschaft glauben, die ich höre.
Mit den besten Grüßen,
Markus Reuter