Goethe vs »GhostNet«
Das chinesische Spionagenet »GhostNet«, das bei einer Überprüfung des Computers des Dalai Lama entdeckt wurde, hat zu 30 Prozent Rechner mit sensitiven Daten befallen. Virenexperte Ingo Wachter kommentiert die Nachlässigkeiten bei NATO und Ministerien mit Goethe.

- Goethe vs »GhostNet«
- Die Erkenntnis
Bei der routinemäßigen Überprüfung des Computers des Dalai Lama sind kanadische Sicherheitsexperten des Munk Centre for International Studies auf einen chinesischen Spionagetrojaner gestoßen. Ghost Net hat nach einem ersten Bericht mindestens 1295 Rechner in 103 Staaten befallen, knapp ein Drittel davon Maschinen mit sensitiven Daten in Außenministerien, Botschaften, internationalen Institutionen und bei Medien. Das Netzwerk ist demnach seit knapp zwei Jahren aufgebaut worden und noch aktiv. Bestätigt wird diese Meldung durch einen weiteren Report zweier Studenten der Universität Cambrigde.
Ingo Wachter, Vorstand der PGP Deutschland AG, kommt angesichts dieses neuerlichen Vorfalls von Datenmissbrauch und ihrer leichtsinnigen Handhabung ein deutscher Klassiker in den Sinn: »Fast könnte man meinen, Johann Wolfgang von Goethe habe hellseherische Fähigkeiten besessen. Lässt der deutsche Dichter doch seinen 'Zauberlehrling', der heimlich einen Zauberspruch seines Meisters ausprobiert und der sich den Folgen nicht gewachsen sieht, feststellen: 'Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los.'
Bei Goethe hilft der zurückgekehrte Meister dem in Bedrängnis geratenen Lehrling aus der Klemme und bringt die Geister mit dem kurzen Befehl 'In die Ecke, Besen! Besen! Seid’s gewesen' wieder unter Kontrolle. In der heutigen digitalen Welt wird es den betroffenen Institutionen ungleich schwerer fallen, ja eigentlich unmöglich sein, aus der Situation ohne Schaden herauszukommen. Denn hier reicht kein Zauberspruch, um das Geschehene rückgängig zu machen.