Hardware allein kann die Stromrechnung nicht senken
Moderne Server-, Storage- und Netzwerklösungen allein machen noch kein effizientes Rechenzentrum aus. Erst wenn Transparenz, Steuerung und Automatisierung zusammenspielen, ließen sich Energieverbrauch und Kosten nachhaltig reduzieren, meint Peter Dümig, Senior Product Manager Server bei Dell.
Die böse Überraschung folgt meist mit der Jahresabrechnung: Betreiber von Rechenzentren stellen dann fest, dass die Energiekosten weit höher ausgefallen sind als prognostiziert – obwohl sie moderne Server eingesetzt und die Kühlanlagen optimiert hatten. Der Grund dafür ist oft weniger offensichtlich: Stromfresser im laufenden Betrieb, die niemand auf dem Schirm hatte. Reservekapazitäten laufen dauerhaft mit, Lasten sind ungleich verteilt, und es fehlt ein detaillierter Überblick. All dies führt schnell dazu, dass selbst gut geplante Rechenzentren in eine Schieflage geraten können.
Energieeffizienz muss deshalb tiefer ansetzen – und zwar direkt in der IT. Betreibern von Rechenzentren stehen gleich mehrere Optionen zur Verfügung, um die Infrastruktur präzise zu überwachen, zu steuern und zu optimieren. Das Ziel ist ein Energiemanagementsystem, das von der Steckdose bis zum Workload reicht.
Messen allein genügt nicht
Am Anfang steht die Transparenz. Was sich nicht messen lässt, lässt sich nicht steuern. Für diese Aufgabe verfügen moderne Systeme über einen integrierten Controller mit Remote-Verwaltung. Dieser liefert eine direkte Sichtbarkeit auf Serverebene: Stromaufnahme, Auslastung, Temperatur sowie der Zustand von Lüftern lassen sich in Echtzeit erfassen. Anstelle von Gesamtwerten für den Raum entsteht somit ein präzises Bild bis hinunter auf einzelne Systeme. Für Administratoren bedeutet das, nicht mehr im Blindflug zu arbeiten, sondern zu erkennen, welche Komponenten tatsächlich effizient laufen und wo Optimierungen erforderlich sind.
Doch Messen allein genügt nicht. Der Betrieb von Rechenzentren wird erst dann wirklich effizient, wenn sich der Energieeinsatz auch aktiv steuern lässt. Genau hier kommen moderne Softwarelösungen ins Spiel. Sie ermöglichen es, den Energieverbrauch ganzer Servergruppen oder anderer Komponenten gezielt zu regulieren. Workloads lassen sich priorisieren, Leistungsprofile anpassen und Obergrenzen für den Stromverbrauch definieren. Ein anschauliches Bild dafür ist eine Ampel: Kritische Systeme bleiben immer auf „Grün“, während weniger wichtige Prozesse im Zweifel auf „Gelb“ gedrosselt oder temporär auf „Rot“ gesetzt werden. So wird verhindert, dass Energie an Stellen verpufft, die für den Geschäftsbetrieb gar nicht essenziell sind.
Der Autopilot für den Rechenzentrumsbetrieb
Die eigentliche Zukunft in Bezug auf Energieeffizienz liegt jedoch in der Automatisierung, denn je komplexer IT-Landschaften werden, desto weniger lassen sie sich manuell steuern. Hier setzt AIOps, sprich die Artificial Intelligence for IT Operations an. Mithilfe von KI-Methoden analysiert eine solche Plattform kontinuierlich Betriebsdaten, erkennt Muster und schlägt Optimierungen vor – oder führt sie gleich automatisch durch. Damit agiert sie wie ein Autopilot, der ständig Kurskorrekturen vornimmt, um das Rechenzentrum auf dem optimalen Pfad zu halten. AIOps kann beispielsweise frühzeitig erkennen, wenn ein Cluster unter niedriger Auslastung läuft, und Workloads konsolidieren, um ganze Server herunterzufahren. Oder es schlägt vor, Hochlasten in Zeiten mit niedrigeren Stromtarifen zu legen. Der Effekt: Einsparungen entstehen nicht punktuell, sondern kontinuierlich über den gesamten Lebenszyklus der Infrastruktur. Zudem wird das IT-Team entlastet, denn AIOps läuft nahezu geräuschlos im Hintergrund.
Wie groß das Potenzial ist, zeigen konkrete Anwendungsbeispiele. In der Fertigung etwa sind viele Systeme rund um die Uhr im Einsatz, auch wenn die Produktion nachts oder am Wochenende gedrosselt ist. Durch den Einsatz intelligenter Tools lässt sich der Energieeinsatz hier dynamisch anpassen: Die Maschinensteuerungen bleiben aktiv, während spezielle Workloads zeitversetzt gefahren werden. In der Finanzbranche sind dagegen kurze Spitzenlasten Alltag: AIOps kann dafür sorgen, dass Ressourcen automatisch hochgefahren werden, wenn die Handelsplattform öffnet, um sie danach wieder auf ein energiesparendes Niveau zurückzufahren.
Energieeffizienz trifft auf Regulatorik
Die Kombination aus Monitoring, Steuerung und Optimierung ist nicht nur aus ökonomischer Sicht hilfreich, da Energie inzwischen ein gewaltiger Kostentreiber ist. Sie ist auch eine große Unterstützung bei der Einhaltung regulatorischer Vorgaben: Immer mehr Unternehmen sind verpflichtet, ihre CO₂-Bilanz offenzulegen und konkrete Reduktionsziele zu dokumentieren. Rechenzentren stehen hierbei besonders im Fokus. Moderne Lösungen liefern die erforderlichen Nachweise für Audits und ESG-Berichte.
Am Ende ist es wie bei jedem Transformationsprozess: Die Reise zu mehr Effizienz beginnt mit Transparenz, führt über gezielte Steuerung und mündet in Automatisierung. Wer diesen Weg geht, verwandelt Energieeffizienz von einem Lippenbekenntnis in einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil. Strom ist nämlich nicht nur ein ungeliebter Kostenfaktor, sondern eine Ressource, die mit der gleichen Präzision gemanagt werden sollte wie Rechenleistung oder Speicherplatz.