Datacenter als Basis für digitale Souveränität
Der hiesige Markt benötigt möglichst zügig mehr Rechenzentren: KI, die digitale Souveränität und immer mehr IT in industriellen Prozessen müssen auf einer soliden Basis stehen. Im Fokus stehen derzeit Regionalität und Nachhaltigkeit.

Deutschland benötigt nach Einschätzung des Digitalverbandes Bitkom viel mehr eigene Rechenzentrums- und Cloud-Kapazitäten, wenn es seine digitale Souveränität stärken und weniger Abhängigkeit von Ländern wie den USA und China will. Innerhalb Europas verfüge Deutschland zwar über die höchsten Rechenkapazitäten, so Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Aus internationaler Sicht verliere der Standort Deutschland jedoch eher an Bedeutung.
„Es ist höchste Zeit gegenzusteuern. Ohne Rechenzentren keine digitale Souveränität“, erklärte Wintergerst weiter. Dies werde angesichts der aktuellen geopolitischen Krisen überdeutlich. So wachse auch in der deutschen Wirtschaft die Sorge vor einer zu hohen Abhängigkeit von Cloud-Diensten aus dem Ausland.
Planung und Bau von Rechenzentren sind allerdings keine Vorhaben, die sich – gerade hierzulande – mal eben schnell erledigen lassen. Neben einem nicht unerheblichen Kapitaleinsatz, unter anderem für die Grundstücke, verlangsamen oft immer noch bürokratische Hürden die Prozesse. Als langjähriger Branchenexperte konnte dazu etwa Thorsten Mossman, heute CTO beim regionalen Colocation-Anbieter Nexspace, im Rahmen des Solution Days von connect professional so manche Anekdote anbringen. Die Zusammenarbeit mit dem lokalen Fernkälteanbieter in Heidelberg lobte Mossman jedoch zum Beispiel ausdrücklich – und bekräftigte damit einen Trend zu immer mehr cleveren regionalen Projekten hierzulande.
Mit einem neuen Standort in Stuttgart will das Unternehmen seine regionale Präsenz im Süden sowie an einem der führenden Innovationsstandorte in Europa, Baden-Württemberg, ausbauen. Dies sei Teil der Wachstumsstrategie, dort moderne Colocation-Kapazitäten bereitzustellen, wo der Bedarf an leistungsfähiger IT-Infrastruktur besonders hoch ist.
Die neuen Rechenzentrumsflächen sollen Kunden ab der zweiten Jahreshälfte 2026 zur Verfügung stehen. Eingebettet in ein wachsendes Partner-Ökosystem entstehe ein regional verankerter Campus, der auf Nachhaltigkeit, hohe Verfügbarkeit und ein zukunftsorientiertes Sicherheitskonzept setze.
Die moderne Infrastruktur vor Ort soll kleinen, mittleren und größeren Unternehmen sichere und leistungsfähige IT-Fläche bieten. Der Anbieter sieht seinen Standort damit als ideal für Unternehmen an, die in energie-intensiven Branchen wie der Künstlichen Intelligenz tätig sind, außerdem auch für solche Firmen, die hohe Anforderungen an Leistung, Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit stellen.
Das Rechenzentrum erfülle laut dem Betreiber dann alle Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes und werde mit einem geplanten Design-PUE von mindestens 1,2 realisiert. Für die Kühlung kommt das lokale Nahkältenetz zum Einsatz. Die im Betrieb entstehende Abwärme werde effizient genutzt und in das Wärmenetz des Campus eingespeist. Sämtliche Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes – einschließlich der ab dem 1. Juli 2026 geltenden Regelungen zur Abwärmenutzung – will man nicht nur einhalten, sondern übertreffen.
Ebenfalls bevorzugt regional tätig ist Anbieter Portus Data Centers, der im September mit dem offiziellen Spatenstich die umfangreiche Erweiterung seines Rechenzentrums in Kirchheim bei München (MUC2) gestartet hat. Gemeinsam mit dem Generalunternehmer Mercury, einem europäischen Spezialisten im Rechenzentrumsbau, errichtet Portus Data Centers auf rund 2.200 Quadratmetern zusätzliche IT-Kapazitäten. Der Ausbau umfasst laut Plan 5,5 Megawatt neue IT-Leistung, wodurch die Gesamtleistung am Standort auf 7 Megawatt steigt. Damit soll das Rechenzentrum in Kirchheim künftig zu den leistungsfähigsten Standorten im Raum München gehören.
Kurze Wege und geringe Latenzen
Regionale Rechenzentren verarbeiten Daten nahe am Nutzer und ermöglichen dadurch eine effiziente und latenzarme Datenverarbeitung. Das ist entscheidend für leistungsintensive Anwendungen, Echtzeitdaten und hybride Cloud-Umgebungen. Für viele Colocation-Kunden vor allem aus dem Mittelstand ist eine kurze Anreise zu „ihren“ Servern zudem ein wichtiges Entscheidungsargument.
Portus Data Centers stellt außerdem Kapazitäten für High Performance Computing (HPC) und KI-Workloads bereit und will so auch mittelständische Unternehmen bei anspruchsvollen digitalen Projekten unterstützen. Erste zusätzliche Kapazitäten im Kirchheimer Rechenzentrum sollen ab Anfang 2027 bereitstehen.
„Diese Erweiterung stärkt nicht nur die digitale Infrastruktur der Region, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit lokaler und internationaler Unternehmen in der Region”, sagte Marco Kain, Geschäftsführer von Portus Data Centers Munich. „Die Nähe zu unseren Kunden ist für uns ein zentraler Erfolgsfaktor. Unsere kurzen Wege und schnellen Reaktionszeiten bilden die Grundlage für zukunftsfähige digitale Lösungen.”
Die millionenschwere Erweiterung, unterstützt vom Infrastrukturinvestor Arcus, schaffe lokal verfügbare IT-Kapazitäten und stärke die digitale Souveränität Deutschlands. „In Kirchheim schaffen wir eine hochmoderne Plattform für Unternehmen jeder Größe – regional verankert, aber mit internationaler Anbindung”, ergänzte Falk Weinreich, Group CEO von Portus Data Centers. Das Projekt sei ein wichtiger Meilenstein der Buy-and-Build-Wachstumsstrategie. Ziel sei es, Unternehmen in der Region München und darüber hinaus leistungsstarke, nachhaltige IT-Infrastruktur mit niedriger Latenz zur Verfügung zu stellen und so einen Beitrag zur digitalen Handlungsfähigkeit Deutschlands zu leisten.
Parallel zum Ausbau von MUC2 entwickelt Portus Data Centers eine neue Anlage mit bis zu 12,8 Megawatt IT-Kapazität auf einem neuen Grundstück innerhalb des hochvernetzten Campus in Hamburg. Zudem habe man sein Luxemburger Rechenzentrum durch zusätzliche 1,2 Megawatt IT-Leistung deutlich erweitert. Weitere Projekte in Deutschland und angrenzenden Märkten seien bereits in Vorbereitung.
Nachhaltige Rechenzentrumsinfrastruktur
Das erweiterte Rechenzentrum werde zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben und erfülle die Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG). Mit einem PUE-Wert von 1,2 oder niedriger und modernster Kühltechnik setze Portus Data Centers neue Standards für energieeffiziente Infrastruktur.
Data4 investiert in Hanau
Rund zwei Milliarden Euro will der französische Data4-Konzern in den Standort Hanau investieren. Mit einer symbolischen Grundsteinlegung haben Vertreter aus Politik und Wirtschaft den Bau des neuen Rechenzentrums auf den Weg gebracht, das auf dem Gelände einer ehemaligen US-Kaserne entstehen soll. Das RZ in
Hanau solle einer der nachhaltigsten und innovativsten Standorte Europas werden und einen Beitrag zur digitalen Souveränität und Zukunft des Kontinents leisten, sagte Konzernchef Olivier Micheli. Und mit 180 Megawatt Stromkapazität soll es eine der leistungsstärksten Anlagen des Kontinents werden. Der Betrieb der Anlage – vergleichbar mit dem Campus Marcoussis in Frankreich, der bis zu 1.000 Mitarbeiter beschäftigt – will man mehrere hundert Arbeitsplätze in der Region schaffen.
Data4 entwickelt, baut und betreibt derzeit insgesamt zehn Rechenzentrums-Gelände in sechs Ländern Europas. Für seinen Standort in Deutschland hat Data4 nun seine geplanten Investitionen von einer Milliarde auf über zwei Milliarden Euro erhöht. „Der Campus mit 180 Megawatt Stromkapazität in Hanau bildet einen wichtigen Baustein für die digitale Transformation sowohl der Region als auch Deutschlands insgesamt. Deutschland und Europa müssen die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz aktiv vorantreiben. Dies gelingt nur, wenn die notwendige digitale Infrastruktur in ausreichendem Maß vorhanden ist – etwa durch leistungsstarke Rechenzentren, wie sie hier entstehen. KI eröffnet insbesondere für deutsche und europäische Unternehmen enorme Chancen, ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit deutlich zu stärken. Dabei ist es entscheidend, dass wir bei aller Digitalisierung zugleich auf erneuerbare Energien setzen und Ressourcen effizient nutzen. Die geplante Nutzung der entstehenden Abwärme zeigt, wie Digitalisierung und Umweltschutz heute Hand in Hand gehen können“, sagte die hessische Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus. Sie dankte zudem dem europäischen Nachbarn für diese nachhaltige Investition.