Immer auf Sendung
Höhere Verfügbarkeit und Stabilität bei einfacherem Management waren die Ziele für das neue konvergente Netzwerk beim Deutschlandradio. Nun sorgt es für zuverlässige Bürokommunikation und einen reibungslosen Ablauf der Sendungen.


Auch die Verwaltung des Netzes geht nun dank übersichtlicher Konstruktion und homogener Werkzeuge einfacher vonstatten.
Schon eine hängen bleibende CD stellt für Radio-Sender eine kleine Krise dar. Schließlich erwartet der Hörer 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche ein permanent laufendes Programm. Weit schlimmere Folgen kann natürlich ein Zusammenbruch des senderinternen Netzwerks haben. Dann kommt es möglicherweise sogar zum Totalausfall des Senders. Im schlimmsten Fall wechseln die Hörer zu anderen Stationen und die Werbekunden weigern sich zu zahlen. Aus diesem Grund ist höchste Stabilität des Netzwerks eine der wichtigsten Anforderungen bei Rundfunk-Unternehmen.
Doch neue Software für eine effizientere Produktion der Sendungen erfordert neben größeren Rechenleistungen ein intelligentes Netzwerk. Denn der klassische »Plattenaufleger« hat längst ausgedient. Heute wählen Moderatoren die Songs über automatische Suchprogramme und Auswahl-Listen mit Hilfe ihrer PCs aus. Für textbasierte, wortorientierte Sendungen nehmen Reporter und Nachrichtenmoderatoren ihre Originaltöne digital auf und schneiden sie anschließend mit Audio-Programmen in einen Beitrag zusammen. So läuft inzwischen bei nahezu allen Radio-Sendungen die gesamte Produktion digital ab. Die Audio-Daten werden anschließend über das Unternehmens-Netzwerk ausgetauscht und zur Ausstrahlung in das laufende Programm eingespeist. Die alten Netzwerke stoßen dabei schnell an ihre Grenzen, da sie sich nicht mehr erweitern lassen und den Anforderungen an Übertragungsqualität nicht mehr entsprechen.
Das Deutschlandradio hat sich vor zwei Jahren für ein neues Netzwerk entschieden, das nicht nur eine höhere Performance, sondern auch eine verbesserte Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Komponenten aufweisen sollte. Die Vermeidung so genannter Single-Point-of-Failures, also Komponenten deren Ausfall zum Zusammenbruch des gesamten Netzwerks führt, mit Hilfe von konsequent redundanter Auslegung war dabei ein wichtiges Kriterium. Schließlich sollte das Netz für weitere Anwendungen auf eine Quality-of-Service-Struktur vorbereitet sein. Sie sorgt für eine bevorzugte Übertragung wichtiger Daten.
Diese Eigenschaft ist wichtig, da das Netzwerk nicht nur für die Produktion und den Ablauf von Radiosendungen eingesetzt wird. Auch die Datenübertragung in der Bürokommunikation zwischen den Mitarbeitern läuft darüber sowie zu einem späteren Zeitpunkt das Telefonieren per Voice-over-IP und die Datenspeicherung über SAN. Für ein solches konvergentes Netzwerk, das Daten, Sprache und Bilder übertragen kann, entschied sich das Deutschlandradio aber nicht nur auf Grund der hohen Flexibilität und der vielen zur Verfügung stehenden Funktionen, sondern auch wegen der einfacheren Verwaltung sowie der geringeren Kosten. Schließlich muss an Stelle von drei bis vier verschiedenen Leitungen nur noch jeweils ein Kabel verlegt werden, und das Management erfolgt über ein einziges Programm.
Aus alt mach neu
Das bisher eingesetzte Netzwerk basierte auf zwei getrennten Bereichen für Audio und Bürokommunikation. Sie waren über einen zentralen Router vom Typ »3Com NETBuilder II« mit zwei DAS-Interfaces miteinander verbunden. Im Audio-Bereich setzte das Deutschlandradio zwei »3Com CoreBuilder 6012« ein, die über Lichtleiterfasern sowie einen Ethernet-Switch mit neun »CoreBuilder 2500« im Access-Bereich per FDDI und Fast-Ethernet verbunden waren. Die Bürokommunikation lief über einen 3Com-Corebuilder-6012 im Kern und elf 3Com-MSH im Access-Bereich. Diese standen per Shared-Ethernet in Verbindung. Der Server-Anschluss wurde über TPDDI realisiert. Mit den vorhandenen Komponenten konnte das Netzwerk nicht erweitert werden. Außerdem stieß es in Performance und Zuverlässigkeit an seine Grenzen.
Da das Deutschlandradio bereits seit 1999 Lösungen und Komponenten von Cisco einsetzt, war die Entscheidung für den neuen Netzwerkausrüster schnell gefallen. Die bereits weitgehend bekannte, einfache Bedienung der Lösungen, das umfangreiche Netzwerkmanagement und das Komplettangebot für LAN- und WAN-Komponenten eines großen Herstellers waren wichtige Entscheidungskriterien. Auch der Lösungspartner für die Implementierung stand nach kurzer Zeit fest, aufgrund der langjährigen, guten Zusammenarbeit des Deutschlandradios mit Isys-Team. Der Partner bietet mit Konzeptionierung, Realisierung, Support und Schulung alles aus einer Hand. Auch das neue konvergente Netzwerk beim Deutschlandradio hat der Lösungsanbieter vollständig entwickelt und umgesetzt. Derzeit sorgt der Partner für dessen Betreuung und regelmäßige Wartung.
Dr. Andreas Barsch, Geschäftsführer Isys-Team, stellt rückblickend fest: »Zusammen mit den Kollegen des Deutschlandradios, Funkhaus Berlin, haben wir bereits eine ganze Reihe von Projekten umgesetzt, von Verkabelungsprojekten über die Einführung eines geswitchten Netzwerks in der Bürokommunikation bis zur Digitalisierung von Audiobearbeitung und Sendeabwicklung. Das bislang letzte Projekt – die Neugestaltung des Bürokommunikations- und Audio-Netzes – stellte die größte Herausforderung dar. Während des laufenden Sendebetriebs war eine Migration von FDDI im Backbone zu Gigabit-Ethernet vorzunehmen und die vorhandenen Shared-Ethernet-Segmente durch Private-Ethernet abzulösen. Die Zufriedenheit des Kunden zeigt die Leistungsfähigkeit der realisierten Lösung, deren Ausfallsicherheit und strategische Migrationsfähigkeit.«
Die Umstellung des Netzes
Zuerst erfolgte die Migration der Bürokommunikation. Hier waren durch die Umstellung bedingte mögliche Ausfälle eher zu verkraften und die Funktionsfähigkeit der neuen Struktur konnte ausgiebig getestet werden. Diese Erfahrungen sollten anschließend zu einem sicheren und reibungslosen Umzug des Audio-Bereiches führen. Das neue Netz für die Bürokommunikation wurde in zwei Stufen realisiert. In der ersten Phase setzte Isys-Team einen Catalyst-6509 mit redundanter Supervisory und GE-Line-Interface-Cards ein. An diesen Kern wurden insgesamt 40 Catalyst-3548-XL-EN- und Catalyst-3524-XL-EN-Switches im Access-Bereich über Gigabit-Ethernet-Channel angeschlossen. Die redundante Anbindung an das bestehende Audio-Netz lief zu diesem Zeitpunkt über zwei FastEthernet-Links.
In der zweiten Stufe integrierte der Lösungspartner für den Kern einen zweiten Catalyst-6509 mit redundanten Supervisor- und GE-Line-Interface-Cards. Für die Verbindung mit dem ersten sorgt ein GE-Channel. Die GE-Verbindung mit den Access-Switches wurde nun aufgebrochen und durch einen redundanten Anschluss an beide
Core-Switches über 1000BaseSX-Verbindungen ersetzt. Hierbei kam per VLAN Spanning-Tree zum Einsatz. Zusätzlich wurde ein Catalyst-2950G-24 im Access-Bereich des Audio-Netzes ebenfalls redundant an die Core-Switches angebunden. Die beiden Catalyst-6509 ersetzen nun die Funktionen des »NETBuilder II« als Core-Router. Redundanz gewährleistet dabei das Hot-Standby-Router-Protocol (HSRP), ein Bestandteil der Software IOS, die auf Switches und Routern von Cisco läuft. Über das HSRP können Backup-Router IP-Daten erkennen und übernehmen, falls ein Router oder eine WAN-Verbindung fehlerhaft sind. Resilient-IP-Services halten dabei den Verbindungszustand für wichtige Protokolle wie IPSec und NAT in redundanten Routern aufrecht. Sie bieten auch Fehlertoleranz für Real-Time-Applikationen, da beim Ausfall der Router auf die Protokolle zurückgegriffen wird. Denn aktive und Backup-Router können Informationen über den Verbindungszustand von IP-Diensten austauschen.
Im ersten Schritt der Umstellung traten keinerlei Probleme auf, da die Integration parallel zum Netzwerkbetrieb stattfand. Zu unerwarteten Ausfällen während des laufenden Betriebs im Gesamtnetzwerk kam es jedoch in der zweiten Stufe. Diese wurden durch Probleme im Zusammenhang mit VTP-Pruning verursacht. Das VLAN-Trunking-Protocol, kurz VTP, ist ein Layer-2-Protokoll, mit dessen Hilfe VLANs im gesamten Netzwerk einfacher zu administrieren sind. Die Probleme konnten jedoch durch die Hilfe des Cisco-Technical-Assistance-Center (TAC) erkannt und beseitigt werden.
Insgesamt 450 Mitarbeiter nutzen seit Mitte 2003 das neue Netzwerk beim Deutschlandradio, das die Daten fast ausschließlich per TCP/IP überträgt. Nur im Audio-Bereich wird noch marginal Decnet eingesetzt. Die strukturierte Gebäudeverkabelung besteht aus TP-Kabel, Cat 5, im Tertiärbereich und Gradientenindex-Faser GI 50/125 im Sekundärbereich. Elf Wiring-Center unterstützen die Datenverkabelung gemäß Class D (EN50173).
Erste Erfahrungen
Derzeit laufen die Applikationen für die Bürokommunikation sowie spezielle Anwendungen zur Audio-Bearbeitung und Sendeabwicklung auf dem konvergenten Netzwerk. Die Erhöhung der verfügbaren Bandbreite über das geswitchte GE-Backbone führt dabei zu mehr Performance. Die vollständige Redundanz steigert die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit des Netzwerks deutlich. So können die Mitarbeiter des Deutschlandradios schneller und zuverlässiger arbeiten, sowohl bei der Produktion ihrer Sendungen als auch beim Austausch von Daten ihrer Office-Anwendungen. Da ein stabiles und hoch performantes Netzwerk Grundvoraussetzung für die digitale Sendeabwicklung ist, wurde das neue Netz bereits zum unverzichtbaren Bestandteil in den Kommunikations- und Produktionsabläufen des Deutschlandradios im Funkhaus Berlin.
Info Deutschlandradio
Das Deutschlandradio ist ein Ergebnis der Wiedervereinigung. Es wurde nach dem Fall der Mauer aus Deutschlandfunk, RIAS Berlin und dem vom Runden Tisch gegründeten Deutschlandsender Kultur geschaffen. Am 1. Januar 1994 gingen die neuen Programme Deutschlandfunk in Köln und Deutschlandradio in Berlin auf Sendung. Die beiden öffentlich-rechtlichen Programme bieten ohne Werbeeinblendungen rund um die Uhr Nachrichten, Buchtipps, Filmkritiken, Hörspiele, Börsenkurse und Politikerinterviews. Derzeit schalten etwa 8,5 Millionen Bundesbürger die beiden Programme regelmäßig ein. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2003 sah für das Deutschlandradio einen Gesamtetat von rund 200 Millionen Euro vor. Dabei fielen über 75 Millionen Euro für Personalaufwendungen und Honorare an sowie rund 32 Millionen Euro für die Technik. Weitere 45 Millionen sind für laufende Betriebskosten wie Energie, Instandhaltung der Funkhäuser, Außenstudios oder EDV erforderlich.
Auch die Verwaltung des redundanten Netzwerks geht nun einfacher vonstatten, da die Konstruktion wesentlich übersichtlicher ist und homogene Managementwerkzeuge genutzt werden können. Auch Erweiterbarkeit gewährleistet das neue Netzwerk, da der FDDI-Kern durch Gigabit-Ethernet ersetzt wurde. Außerdem löste ein Switched-10/100-MBit/s-LAN die bisherigen Shared-Ethernet-Segmente ab. So konnte durch die logische Aufteilung des Netzwerks über die Einführung von VLANs eine höhere Flexibilität erreicht werden. Diese homogene Netzwerkinfrastruktur führt daher nicht nur zu einer vereinfachten Administration, sondern auch zu einer schnelleren Fehlerbehebung. Die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Netzwerk zeigen, dass die anvisierten Ziele tatsächlich erreicht wurden. Eine ROI-Betrachtung stellt das Deutschlandradio jedoch nicht an, da die technischen Gründe für die Erneuerung des Netzwerks im Vordergrund standen. Das Projekt wurde im Plan realisiert. Voraussetzung dafür waren die umfangreichen Planungen von Isys-Team für die beiden Bereiche, das Audio- und das Bürokommunikationsnetz. Hier konnte Isys-Team seine große praktische Erfahrung im Umgang mit Hochverfügbarkeitslösungen umsetzen. Die Komplettlösung mit Consulting, Planung, Kostenschätzung, Realisierung, Service und Support verlief auch auf Grund des langjährigen Kontaktes seit 1994 mit dem Deutschlandradio weitgehend reibungslos.
»Die langfristige Entwicklung des Projekts durch die Experten von Isys-Team und die Entscheidung für die Produkte von Cisco waren für uns a priori Garant eines erfolgreichen Projektverlaufs«, er-klärt entsprechend Frank Michel, Leiter Audio- und Systemtechnik Deutschlandradio. »Das ergab sich insbesondere aus der mehrjährigen positiven Erfahrung in der Zusammenarbeit mit dem Projektteam um Heinz-Kamphausen von Isys-Team und die hohe Qualität der Cisco-Produkte. Wir haben alle Projektziele erreicht, somit sind wir selbst sowie unsere Mitarbeiter und Nutzer mit der neuen Lösung vollauf zufrieden.« Philipp Hausner, Produktmarketing Manager, Cisco Systems