IT-Einkaufsbedingungen werden zum Streitfall
Bei den Verhandlungen um eine Neuregelung der IT-Einkaufsbedingungen für die öffentliche Hand konnte zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bitkom keine Einigung erzielt werden. Unklar ist, welche Absicht der Branchenverband mit seiner Kritik an der von dem Ministerium nun im Alleingang erlassenen Regelung verfolgt.
Schließt ein IT-Entscheider einer Behörde einen Vertrag über die Lieferung und Instandhaltung von Hardware oder die Überlassung und Pflege von Standardsoftware ab, so standen ihm schon bisher als Vertragsmuster die Ergänzenden Vertragsbestimmungen für die Beschaffung von IT-Systemen (EVB-IT) zur Verfügung. Ging es allerdings um die Bereitstellung eines Komplettsystems, das Hardware, Software und Integrationsleistungen umfasst, fehlte bisher ein entsprechender Mustervertrag. Diesen Mangel hat das das Bundesministerium des Inneren (BMI) nun mit der Veröffentlichung des EVB-IT Systemvertrags behoben. Während die bisherigen Vertragsmuster allerdings einvernehmlich von Vertretern des Innenministeriums und des Branchenverbands Bitkom vereinbart wurden, entbrannte um den EVB-IT Systemvertrag diesmal ein heftiges Ringen. Nach jahrelangen Verhandlungen entschloss sich das BMI schließlich dazu, den neuen Mustervertrag im Alleingang zu veröffentlichen.
Mit heftiger Kritik nicht nur am Zustandekommen des EVB-IT Systemvertrags meldet sich nun der Branchenverband Bitkom zu Wort: »Wir hätten weiterverhandelt, aber das BMI hat sich entschlossen, die Einkaufsbedingungen im Alleingang festzulegen«, so Marco Junk, der als Referent Public Sector für den Branchenverband an den Verhandlungen beteiligt war. »Vor allem für den Mittelstand sind die neuen EVB-IT sehr problematisch«, so Junk weiter. Die Neuregelung sehe eine massiv verschärfte Haftung sowie eine ungewöhnlich lange Gewährleistungsfrist vor. »Die Möglichkeit von Teilabnahmen wäre deshalb unserer Ansicht nach eine gute Lösung gewesen.« Aber auch hier gingen die schließlich veröffentlichten Bestimmungen des Innenministeriums dem Bitkom nicht weit genug.
Ihre eigene Ansicht zu dem Disput hat dagegen Elisabeth Keller- Stoltenhoff von der Münchner IT-Recht-Kanzlei, die dem Ministerium bei den Verhandlungen zum EBV-IT Systemvertrag beratend zur Seite stand: »Ich glaube nicht, dass der Mittelstand besonders traurig über die neuen Einkaufsbedingungen ist«, so die Rechtsanwältin. Etwa im B-2-B-Geschäft hätten mittelständische Unternehmen oft wesentlich härtere Vertragsbedingungen zu akzeptieren. Da es im Unterschied zu den früheren EVB-IT nun um ganze IT-Systeme gehe, sei es aber logisch, eine weitergehendere Haftung zu verlangen. »Im Prinzip handelt es sich hier nur um Regelungen, wie sie in der Industrie üblich sind.« Was die plötzliche Opposition des Verbands betrifft, hat die IT-Recht- Expertin einen Verdacht: Der Bitkom habe bloß Angst vor der Präzedenzwirkung der Einkaufsbedingungen.