Leitwolf: Lothar Matthäus als Vertriebscoach
Lothar Matthäus hat Recht: »Wie man mit so einem Idol (gemeint ist er selbst, Anm. d. Red.) umgeht in Deutschland, da muss sich Deutschland schämen.«
In der Tat machte sich Häme breit in der IT-Branche, als Microsoft bekannt gab, der frühere Kapitän der Nationalelf werde demnächst für den Software-Riesen nicht nur als Werbefigur herhalten, sondern auch dessen Partner im Lizenzvertrieb schulen. Ausgerechnet ein unterbelichteter Ki-cker mit Lolita-Komplex als Coach für den Channel, hieß es.
Die Spötter werden sich allerdings wundern. Gewiss, der fränkische Ballzauberer ist kein intellektueller Überflieger. Aber die Neunmalklugen und Naseweisen haben in der Branche sowieso ausgedient. Hand aufs Herz: IT ist viel einfacher, als es die Hersteller ihren Kunden stets vorgaukeln. Anwender mit aufgeblähten Konzepten wie Adaptive Enterprise oder SOA zu überfordern, um ihnen dann endlose Manntage an Beraterleistungen zu verkaufen, diese Strategie ist doch in der Krise voll gegen die Wand gefahren.
Ein Matthäus kommt da wie gerufen! »Der Lothar ist ein Leitwolf«, hielt schon Kaiser Franz den Zweiflern entgegen. Solche Alphatiere, die ohne Worte, nur mit Blicken und Gesten signalisieren, wo’s lang geht, braucht der Vertrieb heute mehr denn je. Microsoft hat als erster die Zeichen der Zeit erkannt. Und schon ziehen die andern nach: SAP ist sich mit Boris Becker so gut wie einig. Der Leimener soll bei den Nachbarn aus Walldorf das schleppende Mittelstandsgeschäft auf Trab bringen und die Schlagzahl im Vertrieb erhöhen. So wie Bumm-Bumm-Boris einst seine Siege erspielte – Aufschlag, ans Netz, Volley, Punkt – genauso offensiv sollen SAP-Partner künftig auf Neukundenfang gehen. O-Ton Becker: »Mein Matchball ist heute der Vertragsabschluss.«
Da darf der Erzrivale nicht zurückstehen: Oracle sicherte sich die Unterstützung von Stefan Effenberg. Laut informierten Kreisen warf Larry Ellison persönlich ein Auge auf den rotblonden Rabauken (Markenzeichen: testosterongeschwängerter Blick, Stinkefinger). Wie Effe seinerzeit David Beckham in Old Trafford mustergültig die Beine wegsäbelte und damit den Engländern den Schneid abkaufte, soll Sportskanone Ellison mächtig imponiert haben. Auch der Oracle-Vertrieb macht bekanntlich keine Gefangenen. Dort zählen nur Skalps.
Ein sorgenvoller Einwand sei erlaubt: Was wird nach dem Ende der Karriere aus den sensiblen Charakteren, aus Typen wie Philipp Lahm oder Christoph Metzelder, die zu weitschweifigen Analysen neigen, die ein soziales Gewissen mit sich rumschleppen? In der IT ist für sie jedenfalls kein Platz. Dort sind die Tough Guys gefragt. Zum Glück gibt es Amnesty, Greenpeace oder die Heilsarmee. Aber der IT-Vertrieb ist kein Ponyhof.