Milch und Monitore
Milch und Monitore
Freitag, kurz vor Feierabend, erreicht mich der Anruf meiner Frau. Ich soll noch schnell für das Wochenende drei Liter frische Milch mitbringen. Zum Glück gibt es hier einen Supermarkt um die Ecke. Also stürzte ich mich in das Getümmel von Rentnern und Hausfrauen und kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine große globale Krise alle zu Hamsterkäufen treibt, dabei ist nicht einmal ein verlängertes Wochenende angesagt. Es kommt wie es kommen muss: Wo sonst im Kühlregal die Milch steht, klafft nur eine kalte Lücke. Ärgerlich, aber kein Beinbruch, der nächste Supermarkt, dieses Mal mit blau-gelbem Logo ein paar S-Bahn-Stationen weiter, hat noch genug Milch. Das Wochenende und der Haussegen sind gerettet. So ähnlich ging es zeitgleich hunderten von Ingram-Kunden. Allerdings waren nicht Hamsterkäufe schuld, sondern ein neues Lagerverwaltungssystem.
Während ich ohne Milch weiterziehen musste, konnten manche Händler weder Mainboards noch Monitore bestellen und die Auslieferung bereits bestellter Ware stockte. In unserer Redaktion häuften sich die Anrufe besorgter Reseller, denn gerade vom Broadliner Nummer eins hätte man das nicht erwartet. Während ich zum nächsten Markt lief, hat sich auch der eine oder andere Händler nach einer Alternative umgeschaut. Doch welcher Distributor hat noch ein vergleichbares Portfolio? Bei COS oder Tech Data klaffen Lücken, was manche Markenhersteller betrifft. Angeblich konnte sich vor allem Actebis Peacock die Hände reiben, denen die Ingram-Probleme ein nettes Geschäft bescherte.
Falls ich wieder kurzfristig zum Milchholen geschickt werde, schau ich trotz der einmaligen negativen Erfahrung wieder beim Supermarkt gegenüber vorbei. Sollte ich dann aber wieder vor dem leeren Regal stehen, kaufe ich meine Milch künftig woanders. Die Ingram-Mitarbeiter haben die Ärmel hochgekrempelt und in 24-Stunden- und Wochenendschichten den Rückstand aufgearbeitet. Ingram-Chef Gerhard Schulz hat sich in einem Schreiben an die Reseller für die Schwierigkeiten entschuldigt. Ob Milch oder Monitore – wenn es bei einer einmaligen Panne bleibt, dann wird diese keine weiteren Folgen haben.
Mit den besten Grüßen,
Markus Reuter,
Chefredakteur,