Zum Inhalt springen

Nicht ganz dasselbe

IP-Telefonie – Viele Menschen benutzen die Begriffe Voice over IP und IP-Telefonie synonym, obwohl die Techniken, die sie bezeichnen, tatsächlich sehr unterschiedlich sind. Network Computing zeigt, was dahinter steckt.

Autor:Redaktion connect-professional • 28.10.2008 • ca. 2:40 Min

Inhalt
  1. Nicht ganz dasselbe
  2. Leitungsvermittlung versus Paketvermittlung

Gute Gründe dafür, Voice over IP (VoIP) zu implementieren, kennt inzwischen jeder IT-Profi. Über Jahre wurden es Hersteller, Arbeitsgemeinschaften, VoIP-Gremien und selbst Internet-Provider nicht müde, die Vorteile dieser Technik hinauszuposaunen. Und die Botschaft hat den Empfänger erreicht: Bei einer 2007 von Forrester Research durchgeführten Befragung von 516 Entscheidungsträgern in Nordamerika und Europa antworteten mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent), dass 2008 ihr Budget für IP-Telefonie erhöht würde. Nicht ganz so klar ist hingegen, ob es immer ein ausgewachsenes IP-Telefonie-System sein muss, was da eingeführt wird. In der Tat ist es manchmal besser, darauf zu verzichten oder es vielleicht nur für einen Teil der Organisation aufzusetzen. Wer eine derartige Entscheidung treffen muss, tut gut daran, die Unterschiede zwischen VoIP und IP-Telefonie zu verstehen. Hilfreich ist außerdem, einige Vergleiche zwischen Telefonanlagen und der IP-Alternative anzustellen.

VoIP versus IP-Telefonie

Viele Menschen, darunter auch Telekommunikations- und IT-Profis, sprechen von VoIP und IP-Telefonie so, als ob es dasselbe wäre. Das aber ist ein Irrtum. Einige Unternehmen, darunter gar Avaya, sagen, dass IP-Telefonie die Sprachkommunikation über das Internet-Protokoll, also VoIP, ermöglicht. Das ist ebenfalls nicht ganz korrekt. Voice over IP (sowie früher einmal auch Voice over ATM und Voice over Frame-Relay) ist eine Technik, die es schon sehr lange gibt. Im Wesentlichen geht es bei dieser Technik nur darum, eine bereits existierende WAN-Infrastruktur auch dafür zu nutzen, Sprachverkehr zwischen Telefonanlagen (PBX, Private-Branch-Exchange) zu übertragen oder einem Remote-Handset Connectivity zur Anlage zu bieten. Dies hilft, Kosten zu reduzieren. Darüber hinaus ändert sich aber nur wenig. Die Telefone und Telefonanlagen bleiben die gleichen. Die Benutzer telefonieren weiterhin mit normalen Telefonen und die TK-Anlage behält ihre existierenden Telefonleitungen, Trunk-Cards, Nummern- und Routenpläne. Statt an ein dezidiertes oder öffentliches Telefonnetz (PSTN) wird die Anlage aber über eine Trunk-Card an ein Gateway angeschlossen. Es gibt auch Telefonanlagen, die einen solches Gateway gleich integrieren. Dieses Gateway verkapselt den Sprachverkehr in IP und sendet ihn durch das WAN. Am anderen Ende geht es natürlich umgekehrt. Diese Vorgehensweise spart Carrier-Kosten, denn statt zweier Schaltkreise (oder Netzwerke) wird nur noch einer genutzt. Wie gesagt, die Technik ist nicht neu, Zeitmultiplex-Systeme (TDMs, Time-Division-Multiplexers) haben so etwas schon vor mehr als zehn Jahren sehr gut gemacht. Deren Nachteil war jedoch, dass für die Sprache Timeslots zu spezifizieren waren, und zwar unabhängig davon, ob jemand einen Anruf machte oder nicht. VoIP unterscheidet sich davon unter anderem, indem es Datenverkehr erlaubt, die Bandbreite zu nutzen, wenn kein Sprachverkehr anliegt.

Selbstverständlich ist das in der Realität alles etwas komplizierter, denn das Netzwerk muss ja konfiguriert werden, beispielsweise für Priorisierung, geringe Delays und minimalen Jitter.

IP-Telefonie ist ein deutlich größeres Konzept. Eine durchgängige Implementierung bedeutet den Abschied von der existierenden Telefonanlage, den Telefonen und Handsets. Während der IP-Teil der Gleichung beim zuvor beschriebenen VoIP-Konzept lediglich die Strecke zwischen den Gateways betrifft, geht es nun beim Telefon auf dem Schreibtisch los. Die Telefonanlagen selbst werden ersetzt durch so genannte Softswitches. Das sind Server, die das Call-Routing, das Management und die Berichtsfunktionen übernehmen. Gateways kümmern sich um die Verbindungen zu anderen Standorten und ins öffentliche Telefonnetz, und die Handsets sind nun vollwertige IP-Stationen, die für einige Benutzer fast den PC ersetzen. Die Funktionen eines Telefons kann natürlich auch gleich einen PC mit Soundkarte zur Verfügung stellen, beispielsweise über ein daran angeschlossenes Headset. Statt neben dem PC ein separates Telefon auf dem Schreibtisch stehen zu haben, befähigt ein wenig Software den PC dazu, als »Soft«-Phone zu arbeiten. Im Gegensatz zu Telefon-Hardware lässt sich Software leicht aktualisieren und erweitern – ohne Unterbrechung der Arbeit, ohne Equipmentkosten und sogar ohne jeden einzelnen Arbeitsplatz aufsuchen zu müssen.