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Leitungsvermittlung versus Paketvermittlung

Autor:Redaktion connect-professional • 28.10.2008 • ca. 2:25 Min

Inhalt
  1. Nicht ganz dasselbe
  2. Leitungsvermittlung versus Paketvermittlung

Traditionelle Anrufe beziehungsweise Anrufe unter Verwendung alter Technik verlangen für die Dauer des Gesprächs ein leitungsorientiertes End-to-End-Setup des Schaltkreises. IP-Anrufe basieren hingegen auf Pakete. In einer leitungsvermittelnden Umgebung sind die Telefone direkt an der Telefonanlage (dem Vermittler) angeschlossen. Die Telefonanlage kümmert sich um die Signalisierung, den Rufaufbau und den Austausch des Sprachverkehrs. Die Anrufe erfolgen grundsätzlich über die Telefonanlage, und diese befindet sich für die Dauer des Anrufs auf dem Sprachpfad.

Auch ein Softswitch übernimmt eine Aufgabe bei der Signalisierung: Eine Station (Telefon oder PC) muss den Softswitch fragen, wo die Station, mit der sie kommunizieren möchte, zu finden ist. Sobald die anfragende Station aber die Ziel-IP-Adresse erhalten hat, kommuniziert sie direkt via IP mit der anderen Station. Der Softswitch befindet sich dann nicht mehr auf dem Pfad dazwischen. Zwischen den beiden Stationen existiert auch kein permanenter Schaltkreis. Die IP-Pakete mit dem eingekapselten Sprachverkehr werden wie jeder andere IP-Verkehr auch durch das Netzwerk geroutet.

Architekturen

Funktional sind Telefonanlagen- und IP-Telefonie-Architekturen mehr oder weniger identisch. Große Unterschiede gibt es aber in der Art und Weise, wie sie die Funktionen verteilen und verbinden.

Bei einer Telefonanlage sind die Anrufsteuerung, die Vermittlung und die Benutzer/Trunk-Verbindungen in einem Chassis konsolidiert. Die Kommunikation zwischen diesen Elementen läuft über eine schnelle proprietäre Backplane. Mehrfache Prozessoren, Line-Cards etc. schaffen notwendige Redundanzen. Große Telefonanlagen für mehrere Tausend Benutzer beziehungsweise Anrufe pro Tag erfordern eine enorme Rechenleistung und viel Platz.

Eine Softswitch-Architektur verteilt diese Funktionen im Netzwerk. Die Anrufsteuerung erledigt der Softswitch. Redundanz wird durch die Installation mehrerer separater Softswitches erzeugt. Die Vermittlung und Benutzer-Connectivity ist Sache der existierenden LAN-Infrastruktur und der Trunk-Verbindungen via Gateways. Gateways können das IP-Telefonie-System auch mit einer existierenden Telefonanlage verbinden. Das ermöglicht einer Organisation, ein IP-Telefonie-System einzuführen, ohne das existierende Telefonsystem aufgeben zu müssen – eine sanfte Migration von einem System zum anderen.

Bei der LAN-Infrastruktur gilt es aufzupassen: eine Grundvoraussetzung für die IP-Telefonie ist ein zuverlässiges LAN. Ist ein solches nicht vorhanden, wird die Angelegenheit komplexer und teurer. Dazu noch einmal Forrester: »Substanzielle Netzwerkinvestitionen in Gateways, QoS, Sicherheit, Media-Server, LAN-Karten, Switches und Textequipment sowie professionelle Dienstleistungen sind erforderlich, wenn auf IP-Telefonie aufgerüstet wird.«

Da Softswitches nur für den Anrufauf- und -abbau erforderlich sind, benötigen sie nicht die massive Rechenleistung einer Telefonanlage, die für eine vergleichbare Anzahl Benutzer und Anrufe vorgesehen ist. Ein einzelner Server kann mehrere Tausend Benutzer bedienen. Das spart Platz und reduziert die relativen Kosten.

Da gerade von Kosten die Rede ist: Unter dem Gesichtspunkt der Energiekosten ist eine IP-Telefonie-Lösung einer herkömmlichen Telefonanlage nicht grundsätzlich überlegen. Dies liegt besonders an den für Redundanz doppelt ausgelegten Systemkomponenten wie Router und Switches sowie den auf den Schreibtischen stehenden IP-Telefonen – alle diese Geräte wollen mit Strom versorgt sein. Das spricht natürlich gegen die Einführung der IP-Telefonie, denn wer möchte sich heute gern nachsagen lassen, nicht »grün« zu denken? Glücklicherweise lässt sich etwas dagegen unternehmen. Deutlich günstiger fährt beispielsweise schon ein Unternehmen, das sich von IP-Tischtelefonen verabschiedet und Softphones, also PC-Lösungen, verwendet. Und PC-Headsets sind bereits im Einkauf billiger als komplette Telefonapparate – ein angenehmer Nebeneffekt. Die Nutzung moderner Blade-Server für die Softswitches statt älterer Server-Türme reduziert die Energiekosten ebenfalls signifikant. Eine komplette Vergleichsanalyse vom Fachausschuss Technik des VAF Bundesverbandes Telekommunikation e.V. steht unter www.vaf-ev.de zum Download bereit.

dj@networkcomputing.de