Nortel muss sich neu erfinden
Als Ausweg aus seiner anhaltenden Krise will Nortel Networks dem Vorbild IBM nacheifern: Als »Software und Services«-Anbieter soll der Umsatz im Enterprise-Segment deutlich steigen. Die Sparte »Metropolitan-Ethernet-Networks« steht zum Verkauf.
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Nortel hat die Wende trotz heftiger Restrukturierungen in den vergangenen zwei Jahren nicht geschafft. Die Börse reagierte auf die Gewinnwarnung des Herstellers, indem sie die Aktie zwischenzeitlich um 45 Prozent einbrechen ließ. CEO Mike Zafirovski hat als erste Maßnahme jetzt angekündigt, das »Metropolitan-Ethernet-Networks «-Geschäft zu verkaufen.
Diese Abteilung hat allerdings 14 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet und mit Kunden wie Bell Canada interessante Projekte umgesetzt. »Nortel verkauft dieses Segment, weil es wahrscheinlich das Einzige in der Firma ist, das Geld einbringt«, sagt der Investmentberater Duncan Stewart von Duncan-Stewart-Asset- Management aus Toronto, »es sind die Kronjuwelen.«
Ob sich hierfür so schnell ein Käufer findet, ist bei der jetzigen wirtschaftlichen Situation zu bezweifeln. »Die globale Wirtschaft befindet sich in einem Tal. Für uns ist das keine einfache Situation, die sich aber meistern lässt«, erklärt Wim te Niet, Zentraleuropachef von Nortel, im Gespräch mit Computer Reseller News. Dass der Zeitpunkt für den Verkauf unglücklich gewählt sei, wollte er nicht kommentieren. Das frische Geld soll vor allem in die Forschung in den Bereichen Unified-Communications und Zukunftstechniken für Next-Generation- Wireless fließen.
IBM als Vorbild
»Unsere Restrukturierungsmaßnahmen können auch einen Mitarbeiterabbau beinhalten«, bestätigt Nortel-Manager Niet. Damit wird die Zahl der Angestellten von mehr als 90.000 im Jahr 2000 und aktuell rund 32.550 wahrscheinlich noch weiter schrumpfen.
Auf der Partner- und Kundenkonferenz in Mainz nannte der Hersteller den knapp 480 Besuchern Eckpunkte, die den Kommunikationsanbieter wieder in die Gewinnzone bringen sollen. »Den Anteil des Enterprise-Segments am Gesamtumsatz wollen wir von derzeit 30 Prozent deutlich steigern«, sagt Wim te Niet. Der Fokus auf diese Kundenklientel sei im Produktbereich längst erkennbar, werde nun auch nach außen hin sichtbar gemacht. »Wir möchten als Serviceund Software-Anbieter und nicht mehr als Hardware- oder reiner Infrastrukturanbieter wahrgenommen werden«, erklärt der Nortel-Manager.
Als Vorbild nennt te Niet IBM, die den Wandel vom Hardwarezum globalen Software-Anbieter schafften, ihre profitablen Hardware- Segmente aber beibehalten haben. So will auch Nortel vorgehen, wobei sich der Hersteller bei Hardware auf Wachstumsmärkte im Carrier-Segment fokussiert. Vor allem Breitband für mobile Geräte über »Next Generation Mobile Networks« auf Basis der »Long Term Evolution«-Technik (LTE) ist ein Segment, von dem sich der Anbieter künftig viel verspricht. Anfang des Monats hat der Konzern gemeinsam mit TMobile und LG Electronics, die ihre Endgeräte einbrachten, in Bonn einen ersten Praxistest für LTE durchgeführt. Ähnlich aktiv will der Anbieter »Fibre-to-the- Home«-Konzepte voranbringen. »Die Infrastruktur muss generell für Unified Communications bereit sein«, sagt te Niet.
Diese Technologien werden Nortel im Jahr 2009 allerdings kaum helfen, die Bilanz aufzupolieren. Das liegt in der Natur der Early-Adopter-Technik begründet. Außerdem würden die Netzbetreiber auf Grund der wirtschaftlichen Situation ohnehin zögerlich in neue, zum Teil nicht standardisierte Infrastruktur investieren.