Online-Kampfpreise setzen Projektgeschäfte unter Druck
Über die günstigen Angebote der Online-Händler ist der klassische Fachhandel bereits seit langem verärgert. Jetzt beklagen sich auch zunehmend Systemhäuser, die im Projektgeschäft tätig sind, über die Kampfpreise der Etailer. Einen einfachen Ausweg aus dem Dilemma scheint es nicht zu geben.
Seit Monaten diskutiert der Handel im CRN-Forum (unter go.www.connect-channel.de/245), warum die Etailer mit ihren Endkundenpreisen häufig unter den Preispunkten liegen, die der Fachhandel bei seinem Distributor erhält. Mittlerweile wirkt sich diese Preisdiskussion auch auf das Projektgeschäft der Sys-temhäuser aus: »Firmenkunden schauen sich bei einem Projekt die Hardware-Preise bei den Online-Händlern an und der Einkäufer fängt daraufhin an zu diskutieren«, bestätigt Michael Schickram, Geschäftsführer vom Systemhaus Schickram & Feller. Die gleiche Situation erlebt auch Andreas Art vom Münchener Sys-temhaus Sycom: »Ich biete den Kunden an, dass wir die gleichen Preise wie die Online-Händler anbieten können – dann aber ohne Beratung. Oder die Dienstleis-tung wird extra berechnet.« Die Frage, die sich der IT-Handel immer wieder stellt: Wie schaffen es die Etailer, derart günstige Preise anzubieten?
Oft wissen die Hersteller selber nicht, wie der Preispunkt für eines ihrer Produkte bei einem bestimmten Online-Händler zustande kommt: »Ich habe meinen Hersteller direkt darauf angesprochen, wie es der Etailer schafft, das Notebook zu diesem Preis anzubieten. Die wussten es nicht, und ich glaube ihnen das«, betont der Geschäftsführer eines bayerischen Systemhauses gegenüber CRN. Das Problem: Sowohl Hersteller als auch Distributoren müssen zum Monats- oder Quartalsende unbedingt die Lager räumen – hier stehen beispielsweise große Etailer parat. »Wenn ein bestimmtes Produkt monatelang in der Distribution auf Lager liegt und nicht verkauft wird, verkaufen wir es – das ist doch kein Problem«, bestätigt Arnd von Wedemeyer, Geschäftsführer von notebooksbilliger.de (siehe Exklusiv-Interview unten). Diese Vorgehensweise räumen auch die Distributoren ein: »Es gibt immer wieder Deals, die exklusiv einem oder mehreren Retailern oder Etailern angeboten werden – häufig handelt es sich dabei um so genannte End of Life-Produkte, also Produkte, die abgekündigt und nicht mehr hergestellt werden«, so Tech Data-Geschäftsführerin Simone Frömming gegen-über Computer Reseller News. Darüber hinaus sorgen Graumarkt-Waren und Produkte, die aus nicht realisierten Projektgeschäften stammen, dafür, dass es immer wieder zu extrem günstigen Angeboten im Online-Handel kommt.
Unwahrscheinlich scheint es, diese Praxis, die viele IT-Fachhändler verärgert, komplett abzustellen. Solange es Umsatz- oder Stückzahlendruck bei Herstellern und Distributoren gibt, wird es auch zu diesen Aktionen kommen. Ein Ausweg ist es höchs-tens, für die unterschiedlichen Kanäle unterschiedliche Produkte anzubieten. Das schränkt zumindest die Vergleichbarkeit ein. »Für uns ist auch der Online-Handel ein wichtiger Vertriebskanal. Um den Fachhändlern den Wettbewerb zu erleichtern, kommt es jedoch darauf an, zu differenzieren, welche Produkte über den stationären Handel und welche über die Etailer vertrieben werden«, betont Juergen Reinhard, Senior Product Marketing Manager Display bei Samsung. Eine andere Möglichkeit: »Wir haben bei Etailern Fokuspartner definiert, die eine gewisse Umsatzgrenze überschreiten. Diese Etailer betreuen wir direkt. Mit ihnen gibt es Preisvereinbarungen«, so Sven Hanssen, Director Consumer Sales & Marketing bei D-Link.
Wenn die Praxis der »Schweinepreise« nicht abzustellen ist, drängt sich eine andere Frage auf: Welche Möglichkeiten bleiben ihren klassischen Fachhandelspartnern, im Preiskampf mit den Etailern zu bestehen?
Die Antwort ist eigentlich bekannt: »Beim Fachhandel liegen die Stärken und Chancen ganz klar im Service, in der individuellen Beratung und auch im Projektgeschäft. Mit persönlichen Ansprechpartnern und Spezial- Know-how können sie eine sehr viel stärkere Kundenbindung erreichen«, betont TD-Managerin Frömming.