Reinheitsgebot für Computer & Co
Reinheitsgebot für Computer & Co: Ein neues Reinheitsgebot tritt ab dem 1. Juli in Kraft. Aus elektrischen Geräten wird das Gift verbannt. Chemischen Dreckschleudern der Kampf angesagt. RoHS lautet das Zauberwort. Ein komplizierter Begriff mit ebenso komplizierten Bestimmungen.

Der Countdown läuft. Die EU-Richtlinie 2002/95 EG oder auch »Restriction of the use of certain Hazardous Substances in Electrical and Electronic Equipment« (RoHS) tritt ab dem 1. Juli in Kraft. Die »Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten« soll verhindern, dass neue Geräte Blei, Cadmium, Chrom (VI), Quecksilber und bromierte Flammschutzmittel enthalten. Zumindest einige dieser Stoffe dürfen nur noch in verschwindend geringer Menge vorhanden sein.
Ab dem 1. Juli dürfen also nur noch Elektro- und Elektronikgeräte in der EU verkauft werden, die den Anforderung des RoHS entsprechen. Mit einer Ausnahme: Geräte und Teile, die vor dem 1. Juli vom Hersteller »als fertig verpackte Handelsware erstmalig an die erste Handelsstufe auf dem Gemeinschaftsmarkt mit dem Zweck des Vertriebs bereitgestellt werden«. Ebenfalls ausgenommen sind Ersatzteile für die Reparatur oder Wiederverwendung von Geräten, die vor dem 1. Juli in Verkehr gebracht wurden. Hat beispielsweise ein Distributor noch Ware auf Lager, die er vor dem 1. Juli bezogen hat, so dürfen die Produkte verkauft werden – unabhängig der RoHS-Richtlinien. Wird hingegen ein Container Monitore am 1. Juli in Hamburg vom Schiff gelöscht, müssen die Geräte den neuen EU-Bestimmungen entsprechen.
Die im sogenannten ElektroG verpackte Richtlinie ist lange genug bekannt. Hersteller können sich kaum auf Unwissenheit berufen, wenn sie nach dem Stichtag nicht-RoHS-konforme Altprodukte an Importeure, Distribution oder Handel abgeben. Im Gegenteil: Unwissenheit kann teuer werden. Besonders den so genannten Inverkehrbringern drohen dann Geldbußen bis zu 50.000 Euro - und das kann jeder in der Vertriebskette sein, bis hin zum Händler. Denn der muss sich vergewissern, dass sich der Inverkehrbringer an die neuen Richtlinien gehalten hat. Im Zweifelsfall durch eine entsprechende Erklärung, wie beispielsweise der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) in seinen Empfehlungen zu den neuen Richtlinien rät.
Die Unklarheiten hingegen liegen wie so häufig auch hier im Detail, etwa bei der genauen Definition des Inverkehrbringers oder bei Reparaturen. Hier gilt es zwischen »Austausch von Ersatzteilen und Austausch des gesamten Gerätes« zu unterscheiden. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hat dazu eine Reihe nützlicher Dokumentationen erstellt, die über die Homepage www.bitkom.org« abgerufen werden können.
Obwohl noch einige Fragen offen sind, glaubt Mario Tobias, zuständig für den Arbeitskreis Cycle beim Bitkom, in der Praxis werde es wenige Probleme geben. Wichtig sei, den Nachweis für die Einhaltung der Bestimmungen zu erbringen. Dies sei auch zum Eigenschutz der Händler notwendig. »Wenn erst einmal Prüfer durch die Regale sehen, oder ein Händler von einem Mitbewerber angeschwärzt wird, dann kann die Angelegenheit zu Problemen führen.«
Die meisten IT-Hersteller berücksichtigen die RoHS bereits bei der Produktion. »LG hat bereits letztes Jahr die Produktion von Monitoren, Notebooks und optischen Speicherlaufwerken in Übereinstimmung mit dem Gesetz ausgerichtet. Daher haben wir keine Lagerbestände, die RoHS nicht erfüllen«, versichert Luc Graré, Director Information System Products bei LG. Allerdings schließt er nicht aus, dass noch manche Hersteller Geräte auf Lager haben, die den Vorschriften nicht entsprechen. »Geschäftemacher gibt es immer, und die werden jetzt versuchen, nichtkonforme Geräte unter Preis in den Markt zu drücken.« Auch Toshiba hat laut Product & Business Development Manager Ulrich Jäger die langfristige Roadmap für die Notebooks schon lange vor Inkrafttreten der RoHS darauf eingestellt. Die interne Vorgabe, bereits zum 1. April 2006 nur noch RoHS-konforme auszuliefern, wäre bis auf wenige Ausnahmen eingehalten worden.
»In der Distribution berücksichtigen wir die RoHS-Richtlinie bereits seit Anfang Mai 2006 beim Einkauf von Ware außerhalb der EU. Wir fordern von jedem Lieferanten eine Konformitätserklärung und behalten uns die Rückgabe der Ware nach Eingangsprüfung vor. Mit dieser vorgezogenen Umsetzung vermeiden wir für unsere Kunden und uns als Distributor Probleme mit den Komponenten und können Wertverlustrisiken ausschalten«, erklärt Frank Heider, Geschäftsbereichsleiter beim Distributor KLE.
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