Zum Inhalt springen

Schneller Backup für Bayern

Schneller Backup für Bayern Das Landesamt für Vermessung und Geoinformation (LVG) Bayern hat eine neue Storage-Lösung für die 79 Vermessungsämter im Freistaat eingeführt und die Speichersysteme ­konsolidiert.

Autor:Redaktion connect-professional • 30.11.2006 • ca. 4:55 Min

Lange Geschichte und moderne IT müssen kein Widerspruch sein. Das beweist das Landesamt für Vermessung und Geoinformation (LVG) Bayern.

Das Landesamt für Vermessung und Geoinformation (LVG) Bayern ist zum 1. August 2005 aus dem Bayerischen Landesvermessungsamt und den Vermessungsabteilungen der Bezirksfinanzdirektionen (BFD) entstanden. Unter anderem dient das LVG als Mittelbehörde für die 79 bayerischen Vermessungsämter. Der gestrafften Hierarchie standen ge­wachsene, dezentrale IT-Strukturen und Prozesse sowie zahlreiche Applikationen und Server gegenüber. Nur der Internet-Auftritt der Vermessungsämter, über den auch die Produkte vertrieben werden, wird von beiden gemeinsam genutzt. Während die Vermessungsämter reine Linux-Umgebungen verwenden, ko­existieren am LVG Windows, Apple, DEC Alpha-Systeme bis hin zu Sun und SGI mit meist lokal angeschlossenen Festplattensubsystemen. Die Vermessungsämter verwalten die Katasterinformationen der zirka zehn Millionen Flurstücke Bayerns. Das Liegenschaftskataster mit numerischen Katasterdaten, Eigentümerverzeichnissen und digitalen Flurkarten ist in einem Informationssystem abgelegt. Postgre SQL, eine Open-Source-Datenbank für Linux, bildet die Grundlage. 150000 Messungen jährlich sorgen dafür, dass das Kataster laufend aktuell gehalten wird.

Backup zwingend
Ein möglichst einfaches, aber hoch zuverlässiges Backup-Konzept ist daher zwingend. Die Server waren bislang mit lokalem Tape-Speicher ausgestattet. DDS4-Laufwerke sicherten die Daten nahe der Kapazitätsgrenze. Die Vermessungsämter haben zwar bis zu 90 Mitarbeiter, jedoch kein IT-Fachpersonal vor Ort. Entsprechend aufwändig war die Behebung von Backup-Problemen, sodass im Rahmen einer Ausschreibung Alternativen für die veraltete Tape-Technik gefragt waren. Eine zentrale Bandbibliothek am LVG, über NDMP (Network Data Management Protocol) mittels Legato Networker gesichert, wurde aus Kostengründen genauso verworfen wie ein Fibre-Channel-SAN. Den Zuschlag erhielt das Konzept von Network Appliance, das für zwei kritische Themen Lösungen bot: Die Lösung konsolidierte den Plattenspeicher und erlaubte ein zentrales Backup. Pro Amt gibt es jeweils zwei Linux- und einen Solaris-Server. Bisher nutzten sie separate Speicher direkt am Gerät. Nun wurde dieser auf einer FAS250-Appliance pro Vermessungsamt konsolidiert. Dabei erhielten die Anwender gemeinsamen Zugriff auf das Datenbank-Volume und autorisiertem Zugriff auf das Volume mit den Home Directories. Der Remote-Backup läuft nun auf eine zentrale NetApp Nearstore R200 in München. Während der Implementierungsphase wurden die Daten getrennt nach Client- und Datenbank-Volumes für den Initialspiegel schrittweise remote auf die R200 übertragen. Nach einem halben Jahr waren alle Ämter umgestellt. Dass das Remote Backup mit insgesamt 300 Gigabyte Volumen trotz einer Bandbreite von nur 256 KBit/s funktioniert, liegt am blockbasierten, inkrementellen Datentransfer der Snap­shots. Neben seiner Schnelligkeit sprach für das NAS-System auch die einfache Handhabung. Für die 79 Dienststellen war die einfache Handhabung das entscheidende Kriterium. Nun wird die gesamte Struktur zentral von München aus verwaltet. Fällt einmal eine Festplatte aus, wird der Ersatz automatisch an den jeweiligen Standort geliefert, einer der dortigen Mitarbeiter wechselt die Disk aus und alles Weitere übernimmt das System. Die Kombination aus dezentraler Datenhaltung in den Ämtern und zentralem Backup war für das LVG die wirtschaftlichste Lösung. Stündliche Online-Snapshots haben die Datenverfügbarkeit deutlich erhöht. Die Mitarbeiter können ihre Daten nun aus dem Snapshot-Verzeichnis per Mausklick selbst wiederherstellen. Statt einer Schulung genügte ein kurzer Hinweis im Intranet auf die neue Funktion, die sofort von den Benutzern akzeptiert war und das Helpdesk entlastete. Nachts wird der Tages-Snapshot jedes Amts mit der Backup-Software Snapvault von Netapp auf die R200 übertragen. Ein Wochen-Snapshot jedes Systems ersetzt die fünf Tages-Snapshots und steht vier Wochen zur Verfügung. Die gesamten Daten lassen sich auch ohne Voll-Backups komplett aus den Snapshots rekonstruieren (Incremental Backup Forever).

System mit Doppelfunktion
Die Sicherung läuft nachts, sodass die betreffenden Systeme tagsüber kaum belastet sind. Da auf der R200 nach Dienstschluss der aktuelle Stand der Daten aller Ämter liegt, übernimmt das System tagsüber den File-Service zur Aufbereitung der Geodaten für den Internetvertrieb. Ursprünglich mussten die Daten dafür bei jedem Vermessungsamt erst abgefragt und konsolidiert werden, bevor der Geodaten-Servercluster in München sie für diesen Zweck bereitstellen konnte. Die neue Lösung spart Zeit und erhöht die Auslastung des Backup-Speichers. Seit Mitte 2004 trennt das LVG strikt Daten und Server. Diese Storage-Konsolidierung vereinfacht und beschleunigt Server-Updates und auch deren kompletten Austausch. Für den soeben angelaufenen Wechsel auf AMD-basierende HP-Proliant-Server in den Vermessungsämtern müssen Daten weder gesichert noch kopiert werden. Die neuen Applikationsserver werden lediglich an der NAS-Appliance angemeldet und sind sofort zugriffsbereit. Die Vermessungsämter speichern mittlerweile auch Luftbilddaten des LVG, integriert in ein Auskunftssystem, auf den Appliances. Zur Herstellung von Karten und Orthophotos (entzerrte Luftbilder) lässt das LVG jedes Jahr ein Drittel der Staatsfläche befliegen. Die digitalen Orthophotos liefern als Hintergrundbilder für die Katasterkarte wertvolle Informationen. Sie geben unter anderem Aufschluss über die aktuelle Nutzung der Flurstücke. Diese Informationen fließen zum Beispiel in die Berechnung der EU-Förderung der Landwirtschaft ein. Demnächst werden die Orthophotos von 40 cm auf 20 cm Boden­auflösung umgestellt. Damit steigt die Datenmenge erheblich. Ein Quadratkilometer Bayern als digitales Orthophoto belegt dann 75 MByte statt bisher 19 MByte Speicher. Mit einem skalierbaren NAS-System lässt sich dies problemlos bewältigen. Eine Vervierfachung der Da­ten­menge wäre mit normalen File Servern und lokaler Storage unmöglich, da sich ein herkömmliches Filesystem nicht unendlich erweitern lässt.

Unified Storage in München
Was ursprünglich als Backup-Lösung begann, hat sich mittlerweile zu einem flexiblen Storage-Angebot entwickelt. Eine Netapp FAS940 mit 12 TByte brutto wurde parallel zu den kleinen Systemen in den einzelnen Ämtern und der R200 angeschafft, um darauf Software-Entwicklungsdaten im Katasterwesen, das Internet-Angebot und Preprocessing-Daten abzulegen. Tests zeigten, dass Postgre SQL in Kombination mit dem Netzwerkspeicher schneller ist als mit lokalem Speicher. Heute liegen alle Daten auf Netzwerkspeicher, die Implementierung eines SAN war nicht nötig. Um noch mehr Leistung und Zuverlässigkeit für die Datenbankapplikationen zu realisieren, wurde die FAS940 im Herbst 2005 durch eine FAS3050 mit 30 TByte Speicherkapazität ersetzt. Immer mehr Fachreferate ließen sich von dem System überzeugen und konsolidieren nun ihren lokalen Speicher auf das zentrale System. Zudem ist die Lösung sehr flexibel. Ad-hoc zwei TByte für eine wissenschaftlich-technische Be­rechung bereitzustellen und an­schließend wieder abzuziehen, ist eine Sache von wenigen Mausklicks. Die Administration profitiert auch von der Multiprotokollarchitektur für NFS, CIFS, iSCSI und Fibre-Channel. Damit kann jede Plattform im eigenen Protokollformat bedient werden, was gegenseitige Zugriffe und Authentifizierung einschließt. Die Fachabteilungen selbst entscheiden, ob und wann die Daten einer Applikation auf dem NAS-System konsolidiert werden. Derzeit testet das LVG die FAS3050 mit iSCSI für einige Hochleistungs-Applikationen wie etwa die Luftbildverarbeitung. Bevor die Orthophotos in das Auskunftssystem eingespielt werden, werden die Aufnahmen in München digitalisiert, gerechnet und kartenkonform aufbereitet. Über 20 Arbeitsplätze mit Fibre-Channel-Infrastruktur auszustatten, ist relativ teuer. Sollte daher die Leistung von iSCSI dem Anspruch der Fachabteilungen genügen, werden die bestehende Ethernet-Struktur und der Netzwerkspeicher genutzt. Dieses Beispiel zeigt, dass die NAS-Systeme der LVG die Voraussetzungen dafür schaffen, die IT schnell geänderten Organisationsstrukturen anzupassen.

Klaus-Georg Friedel ist Sachgebietsleiter »Datennetze und Netzwerkdienste« am Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern in München.