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Untergeschoben

Deutschland ist ein Sanierungsfall, so will es unsere Kanzlerin Angela Merkel sehen, und sie hat natürlich völlig Recht, weil unsere Republik gar keinen anderen Zustand kennt, als am Rande der Insolvenz zu stehen. Das war früher so, das ist heute nicht anders.

Autor:Redaktion connect-professional • 28.7.2006 • ca. 1:40 Min

Die angehäuften Schulden in der Ära Helmut Schmidt, die möchte man heute haben in Berlin! Stattdessen gibt es sattsam bekannte Durchhalteparolen wie sparen, kürzen, streichen. Wie langweilig! Interessieren tut dies ja längst niemanden mehr, in einer Republik, die wissen will, warum Rudi Carell mit seiner 14- jährigen Tochter Annemieke in den Puff gefahren war oder welche Zoten Materazzi zu Zidane gesagt haben mag.

A propos Fußballweltmeisterschaft. Die größte Steuererhöhung aller Zeiten, geschickt ins Halbfinale verlegt, lässt keinen Pendler aus der Haut fahren. Schon eher das Tor der Italiener in der 128. Minute. Nun die gute Nachricht für Pendler und Merkel: Südafrika bekommt die WM in vier Jahren nicht gebacken, weshalb das Spektakel in Deutschland wiederholt werden wird. Großartig! Wenn dann auch noch so um den Juni/Juli 2010 herum Peter Alexander und Johannes Heesters das Zeitliche segnen, steht der Großen Koalition in Berlin nichts mehr im Wege, um ein wenig unpopuläre Maßnahmen zwischen die medialen Großereignisse beiläufig einzustreuen.

Wie Computer Reseller News aus einem vertraulichen Strategiepapier der Koalitionsspitzen erfuhr, hat die Regierung bereits einschneidende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung verabschiedet, lediglich der Fahrplan für die Veröffentlichungen könnte sich noch geringfügig ändern. Und die sehen so aus: Die Telekom wird wieder vollständig verstaatlicht, die Grundgebühren für Telefon- und DSL-Anschluss steigen auf monatlich 199,90 Euro, während die Regulierungsbehörde die Liquidation des Wettbewerbs überwachen wird. Solche Marginalien verkündet Merkel am besten nach Deutschlands Vorrundensieg gegen WM-Neu- ling Liechtenstein. Ein wenig sensibler muss die Kanzlerin da schon mit der breiten Masse umgehen, denn hier droht dann doch möglicherweise zarter Widerstand: Einkünfte aus lohnabhängiger Arbeit werden mit Mehrwertsteuer belegt, wonach der Arbeitgeber den Abzug von 20 Prozent aufs Gehalt bereits am Monatsanfang an die Finanzämter zu überweisen hat. Ein Viertelfinal-Knaller wie Deutschland gegen England wäre hier durchaus der willkommene Tag der Verkündigung.

Beim letzten Punkt dagegen müsste die Konstellation folgende sein, um jeden Protest im Keim zu ersticken: Nach einem packenden Elfmeter-Finale gewinnt Deutschland gegen Brasilien, während Peter Alexander und Johannes Heesters auf der Ehrentribüne zeitgleich einem Herzanfall erliegen. Erst dann wäre für Merkel der Weg frei, sich sämtlicher Steuersorgen zu entledigen und alle Schulden der Kommunen, Länder und des Bundes gerechterweise auf alle Köpfe der Republik zu verteilen: Es wären läppische 21.000 Euro.