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Verträge, die nichts zählen

Verträge, die nichts zählen. Klagefreudige Arbeitnehmer, ein zahlungsunwilliger Altgesellschafter und eine Bank, die sich schadlos halten will: Die Unternehmensberatung Birner wollte das Systemhaus Gecos aus Hagen vor einer Insolvenz retten ? und scheiterte.

Autor:Martin Fryba • 11.1.2006 • ca. 2:25 Min

Verträge, die nichts zählen

»Pacta sunt servanda« heißt ein Grundsatz des Zivilrechts und bedeutet, dass Verträge eingehalten werden müssen. Für Günter Birner muss dieser Satz wie blanker Hohn klingen. 200.000 Euro hat er in den Sand gesetzt. In jeder andren Firma wäre er dafür gefeuert worden, doch der Prokurist kann sich des Rückhalts der Geschäftsführung sicher sein.

Erstens, weil der Oberpfälzer im gutem, wenn auch irrigem Glauben auf Kaufmannstugenden gehandelt hatte. Und zweitens, weil bei der Unternehmensberatung Birner aus Neunburg vorm Wald seine Ehefrau Gabriele die Geschäfte führt. Um in das Fass ohne Boden nicht weiteres Geld hineinstecken zu müssen, hat sie als Geschäftsführerin für dieses bodenlose Fass, das Systemhaus Gecos in Hagen, Insolvenz angemeldet. Dabei sah zunächst alles sehr gut aus, als Birner das überschuldete Unternehmen im Sommer von den Altgesellschaftern kaufte. Als Herstellerpartner der C.I.S. AG war man gerade dabei, größere Lizenzumsätze mit der ERP-Software »Semiramis« an Land zu ziehen. Günter Birner veranschlagte das Umsatzvolumen für Gecos auf 400.000 Euro in 2005. Doch dann kam alles anders als erhofft.

Zunächst der Reihe nach. Als das Hagener Systemhaus mit rund 13 Mitarbeitern in Zahlungsschwierigkeiten geriet, sprang ihr Kunde Birner ein. Die Unternehmensberatung nutzte die Software der IT-Firma, um damit für ihre Kunden die Buchhaltung, Controlling und Gehaltsabrechnungen abzuwickeln. Ein Umstieg auf ein anderes System scheute Birner aus Kostengründen. Er kam auf die Idee, bei Gecos einzusteigen und mit bewährter Mannschaft die Geschäfte fortzusetzen. Mit den drei Altgesellschaftern schloss er eine Übereinkunft, dass sie die Schulden in Höhe von 150.000 Euro übernehmen. Ein entsprechender Vertrag wurde mit der Sparkasse Hagen unterzeichnet. Der Belegschaft - wozu auch die drei Altgesellschafter gehörten ? bürdete Birner eine große Last auf: Sie sollten auf die Hälfte ihres Gehalts verzichten, wobei nachgezahlt würde, wenn die Geschäfte wieder gut laufen würden. Alle haben »in Einzel- und Gesamtgesprächen« Zustimmung zum Sanierungsbeitrag geäußert, versichert Birner.

Kurz nach der notariellen Unterzeichnung des Kaufvertrags haben es sich vier Angestellte dann doch anders überlegt. Sie sind nicht mehr zur Arbeit erschienen und wurden daraufhin fristlos gekündigt. Vor dem Arbeitsgericht klagten sie auf Wiedereinstellung und Zahlung ihres vollen Gehalts, berichtet Birner. Der Gecos in Hagen, respektive dem neuen Inhaber, drohte im Vergleichsverfahren eine Niederlage. Umgeschwenkt ist mittlerweile auch die Sparkasse Hagen. Birner zufolge verweigerte einer der Altgesellschafter seinen Anteil an den Schulden von über 50.000 Euro zu begleichen, die Sparkasse schickte Birner daraufhin mehrere Briefe, worin sie ihre Vereinbarung widerrief. »Ich sollte diese Altschulden plötzlich übernehmen, dafür sicherte man mir die Übertragung des Vollstreckungstitels zu«, entrüstet sich Birner.

Klagewillige Arbeitnehmer, ein vertragsbrüchiger Altgesellschafter und ein aus seiner Sicht »absolut nicht nachvollziehbares Geschäftsgebaren« der Sparkasse Hagen, haben Birner jeden Glauben an Unternehmertum in Deutschland geraubt. »Ich kann nur jedem Mittelständler raten, Deutschland zu verlassen«, so der sichtlich frustrierte Prokurist. Der Vorstand der Sparkasse Hagen, Klaus Hacker, war zu keiner Stellungnahme bereit. »Mit Verweis auf das Bankgeheimnis müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass wir in der Sache keine Stellungnahme abgeben dürfen«, ließ er einen Bankensprecher CRN mitteilen. Dass das »Verfahren« noch nicht abgeschlossen sei, wie es im Nachsatz heißt, nützt weder Birner noch der Gecos etwas. Rechtsanwalt Andreas Grund in Hagen wurde am 9. Dezember 2005 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

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INFO

UBB Unternehmensberatung Birner
Eixendorf West 5, D-92431 Neunburg v. Wald
Tel. (0700) 247637-00, Fax (0700) 247637-09
www.birner-group.de