Zum Inhalt springen

Vor der Mobilfunk-Fusion: Telefónica setzt auf Daten

Vor der Mobilfunk-Fusion: Telefónica setzt auf Daten. Sollte die O2-Übernahme gelingen, wächst die Bedeutung der bisher vergleichsweise kleinen, deutschen Telefónica-Tochtergesellschaft deutlich. Bisher konzentriert sich der Anbieter auf das florierende Datengeschäft ? aber auch nach der Fusion könnte das trotz neuer Vorzeichen so bleiben.

Autor:Redaktion connect-professional • 9.11.2005 • ca. 2:25 Min

Vor der Mobilfunk-Fusion: Telefónica setzt auf Daten

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Über 26 Milliarden Euro in bar will die spanische Telefongesellschaft Telefónica auf den Tisch blättern, um den britischen Mobilfunker O2 zu übernehmen. Eine so große Übernahme hat es in der Telekommunikationsbranche diesseits des Atlantiks schon lange nicht mehr gegeben. Die Übernahme erfolgt keineswegs unfreiwillig: Das O2-Management hat sich bereits für die Transaktion ausgesprochen und will seine eigenen Aktien an Telefónica verkaufen.

Auf dem deutschen Markt würde O2 gemeinsam mit Telefónica der ohnehin geplante Einstieg in den Markt für DSL-Anschlüsse bei Privat- und SOHO-Kunden erleichtert. Die Spanier sind hierzulande bereits als Datencarrier tätig und erzielten damit zuletzt 300 Millionen Euro Umsatz. Im Wholesale-Geschäft kooperiert Telefónica mit über 30 Carriern und Providern, darunter AOL und Freenet. Im Businesskundengeschäft hat der Anbieter große Firmen wie Toyota, Adecco, BMG, Krombacher und Xerox unter Vertrag.

Andreas Bodczek, Geschäftsführer der Telefónica Deutschland GmbH, könnte die Deutschland-Tochter (derzeit 450 Mitarbeiter) vielleicht schon bald darauf trimmen, gemeinsam mit der großen, mobilen Schwester den Platzhirsch Telekom im Festnetzgeschäft zu attackieren. Das Telefónica-Management räumt dem deutschen Markt eine große Bedeutung ein und hat ehrgeizige Ziele. Das lässt sich daran ablesen, dass O2-Chef Rudolf Gröger ins Führungsgremium des Konzerns aufrücken soll.

Technisch wäre Telefónica für den Telekom-Angriff bereits gut gerüstet: Die Spanier betreiben hier einen flächendeckenden, MPLS-fähigen Backbone und sind an das weltweite Netzwerk des Mutterkonzerns angebunden. Die IP-Infrastruktur beinhaltet derzeit 329 PoPs (Points of Presence) und 74 DSL-Übergabepunkte. Selbst ohne den O2-Deal plante Telefónica für 2006 bereits die Ausweitung des Businesskundengeschäfts, wie Bodczek im Gespräch mit CRN erläutert: »Unser Fokus lag bisher bei den großen Mittelständlern und im Enterprise-Segment. Im nächsten Jahr wollen wir auch verstärkt kleinere Mittelständler ansprechen.« Von diesem Schritt erhofft sich der Telefónica-Chef kräftige Zuwächse: »Wir rechnen in Deutschland im nächsten Jahr mit rund zehn Prozent Wachstum.« Im Voice-Geschäft ging Telefónica bisher sogar von 50 bis 60 Prozent Wachstum im kommenden Jahr aus. Wohlgemerkt: Die genannten Zahlen berücksichtigen nicht die Fusion mit O2.

Bei seiner Expansion im Mittelstands-Segment setzt der Netzbetreiber übrigens gezielt auf die Zusammenarbeit mit Systemhäusern: Seit der ersten Jahreshälfte besteht ein Partnerprogramm, derzeit kooperiert Telefónica mit 30 aktiven Partnern. Nahe liegend, dass eine Expansion im Bereich der kleineren Mittelständler auch eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit ITK-Resellern zur Folge hätte.

Zweiter Anlauf

Sollte die O2-Übernahme gelingen, wäre dies hierzulande bereits der zweite Anlauf für Telefónica, einen Fuß in den Mobilfunkmarkt zu bekommen: Gemeinsam mit der finnischen Sonera hatten die Spanier Ende 2001 versucht, das UMTS-Joint Venture »Quam« am Markt zu etablieren ? was jedoch mit der Netzabschaltung im November 2002 ein unrühmliches Ende nahm. Durch die O2-Akquisition würde ? im Gegensatz zu »Quam« ? auf Anhieb ein Unternehmen mit großer Marktmacht entstehen, gleichwohl O2 hierzulande mit aktuell neun Millionen Kunden noch immer der kleinste Handy-Carrier ist.

Der Telefónica-Führung erscheint der kostspielige Deal jedenfalls attraktiv: Die Spanier würden Zugang zu den beiden wichtigsten Mobilfunk-Märkten Europas ? Deutschland und Großbritannien ? erhalten. Telefónica stiege zum zweitgrößten Mobilfunkanbieter Europas auf. Der Rivale Deutsche Telekom müsste sich künftig mit Platz drei zufrieden geben. Weltweit würde der Kundenstamm der Telefónica-Mobilfunksparte Telefónica Móviles von derzeit 90 Millionen auf rund 116 Millionen Kunden ansteigen.

_____________________________________________

INFO

Telefónica Deutschland GmbH
Hülshorstweg 30, D-33415 Verl
Tel. 05246 80-1080, Fax 05246 80-2080
www.telefonica.de