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Kopfnuss

Zwitschern: Der Gipfel der Zerstreuung

Second Life, Myspace, Xing, Facebook, Chatrooms, Weblogs und jetzt Twitter – die Möglichkeiten, sich im Internet die Zeit zu vertreiben, sind schier unendlich.

Autor:Redaktion connect-professional • 4.8.2009 • ca. 1:25 Min

Ob virtuelle Welten oder Netzwerke, ein Web 2.0-Hype jagt den nächsten und sorgt regelmäßig für großes Getöse in den Medien. Doch was ist dran am neuesten Gezwitscher um die 140-Zeichen-News? Bei aller Skepsis hat das Microblogging zumindest einen unschätzbar großen Vorteil gegenüber herkömmlichen Blogs oder sozialen Netzwerken: Man muss sich nicht unterhalten. Twittern ist nicht auf Dialog ausgelegt, sondern auf monologes Verkünden von Banalitäten und Alltagsinformationen.

Zugegeben, nirgends werden Neuigkeiten schneller verbreitet als auf Twitter. Und natürlich gibt es auch wirklich interessante News, die für Stalker jeder Couleur von unschätzbarem Informationswert sind. Etwa, dass Twitterer X mit seinen Kollegen nach der Arbeit noch ein Bierchen zwitschert oder Twitterin Y für ihren Chef am Sonntag die Brötchen holen muss.

Den ungebremsten Newsflow zu filtern und die für einen persönlich wertvollen Informationen herauszupicken, setzt eine Menge Zeit voraus. Aber die ist in Zeiten von Kurzarbeit glücklicherweise in Hülle und Fülle vorhanden. So eignet sich das Zwitschern sogar in mehrfacher Hinsicht als probates Mittel, angeschlagene Selbstwertgefühle aufzupolieren und ein neues Gemeinschaftsgefühl herzustellen. Denn wie Facebook & Co. dient auch Twitter seinen Anwendern vor allem dazu, ihr Ego zu steigern, indem Sie möglichst viele Freunde oder Follower gewinnen. Da wundert es nicht, dass eine der am häufigsten gestellten Fragen auf der News-Seite Ars Technica lautet: »Wie kann ich mehr Verfolger gewinnen?«. Vor diesem Hintergrund macht auch Frank-Walter Steinmeiers Versprechen der Vollbeschäftigung plötzlich Sinn. Und vielleicht fühlt sich im aktuellen Bundestagswahlkampf ja ein Politiker zu Friedrich Merz´ Nachfolger berufen und fordert die 140-Zeichen-Steuererklärung. (Das war übrigens ein 140 Zeichen-Satz.)

Was auch immer sich Internetnutzer von Twitter versprechen, sie sollten dem Ratschlag eines Bloggers folgen: Entweder man lernt, Prioritäten zu setzen, um der Zerstreuung im Web 2.0 Herr zu werden oder man kann sich schon mal nach einer passenden Zwangsjacke umsehen. Am Ende drängt sich dann doch die Frage auf: Habt ihr alle eine Meise?