Flexible Netzinfrastruktur

12. September 2008, 0:00 Uhr | funkschau sammeluser

Neue mobile Anwendungen wie Mobile TV oder Mobile Banking erfordern künftig die Implementierung verschiedener Funkstandards wie HSPA, Wimax oder NFC auf einem Mobilgerät. Die Verarbeitung der unterschiedlichen Standards benötigt eine flexible Netzinfrastruktur, wie sie etwa mit dem Einsatz von Software defined Radio realisiert werden kann.

Von Dr. Peter Mayer

 

Aktuelle Mobiltelefon-Generationen bieten einen flexiblen Multi-Band- und Multi-Mode-Betrieb in zellularen Funknetzen. Sie unterstützen dabei in zunehmendem Maße unterschiedliche Kommunikations-Pipes zum Aufbau von WLAN-Verbindungen, für digitales Fernsehen und DAB (Digital Audio Broadcasting) oder zum Empfang von GPS-Satellitensignalen (Global Positioning System). Und in naher Zukunft kommen mit UWB (für Wireless USB) und Wimax (für den mobilen Zugriff auf das Internet) neue Standards dazu. Damit bedeutet das Thema Konvergenz in absehbarer Zeit eine Vielzahl an unterschiedlichen Kombinationen dieser HF-Kommunikationsund -Sendestandards in PDAs, Notebooks und Spielekonsolen. Tendenz steigend. Aufgrund bestehender Beschränkungen hinsichtlich Platzbedarf, Kosten und Energieverbrauch, ist es bei diesen Gerätetypen zukünftig nicht mehr möglich, für jeden unterstützten Standard einen eigenen drahtlosen Transceiver zu haben.

 

 

Eine der Stärken eines Software defined Modems ist die Möglichkeit, mehrere Systeme gleichzeitig zu prozessieren, wie in diesem Fall 3G-Cellular und Wireless Local Area Network (WLAN) nach 802.11g. Dieses Beispiel zeigt verschiedene Tasks auf dem EVP
Eine der Stärken eines Software defined Modems ist die Möglichkeit, mehrere Systeme gleichzeitig zu prozessieren, wie in diesem Fall 3G-Cellular und Wireless Local Area Network (WLAN) nach 802.11g. Dieses Beispiel zeigt verschiedene Tasks auf dem EVP (Embedded Vector Prozesor) welche bei der Übergabe von UMTS zu WLAN stattfinden.
© NXP

Software defined Radio

 

Eine Lösung dieser Probleme verspricht SDR (Software defined Radio), eine softwarebasierte Mobilfunktechnologie, die sich mithilfe eines programmierbaren, digitalen Signalprozessors (DSP), wie etwa eines EVP (Embedded Vector Prozessor), realisieren lässt und damit einen einzelnen, kompakten Modulblock bereitstellt, der alle unterschiedlichen Standards verarbeiten kann. Dabei hat NXP einen neuen Ansatz entwickelt, der die zu verbreitenden Funkfrequenzen im HF-Teil des Designs aufgrund der anfallenden Datenraten in drei verschiedene Bereiche unterteilt. Den Einstieg deckt dabei ein HF-Kombichip ab, der für NFC, Bluetooth, Zigbee, Wibree und UWB zuständig ist. Im mittleren Bereich kommt ein rekonfigurierbarer HF-Kanal für die Kommunikation im jeweiligen Mobilfunknetz zum Einsatz, während für breitbandige Anwendungen mit hohen Datenraten ein ebenfalls rekonfigurierbarer HF-Kanal Applikationen wie WLAN, Wimax und LTE unterstützt. Damit dieser Ansatz erfolgreich ist, muss ein hochparalleler EVP implementiert werden.

 

 

 

 

Anforderungen und Grenzen

 

Mit ihrer Fähigkeit, Modemfunktionen für viele verschiedene Kommunikationsstandards flexibel zu implementieren und nahtlose Verbindungsübergaben von einem zum anderen Standard zu verhandeln, sind programmierbare EVPs eine der Schlüsselvoraussetzungen für die Umsetzung einer leistungsfähigen SDR-Architektur. Das hohe Maß an individueller Programmierbarkeit dieser Systeme unterstützt dabei nicht nur eine Vielzahl von drahtlosen Kommunikationsstandards, die heute in modernen, portablen Produkten zum Einsatz kommen. Sie bietet dem Gerätehersteller auch eine flexibel anpassbare Systemarchitektur, um mit neuen Evolutionsstufen und Anwendungsszenarios dieser Standards Schritt halten und neue Algorithmen laufend implementieren zu können. Die EVP-Architektur ermöglicht es dem Hersteller darüber hinaus, Produkte per OTA-Downloads (Over The Air) zu reparieren oder aufzurüsten. Dadurch werden unnötige Geräterücksendungen aus dem Feld vermieden und dem Konsumenten eine noch höherwertigere Produktqualität geboten (größere Abdeckung beziehungsweise höhere Bitraten für Downloads).

 

Die Software-Programmierung von Vektorprozessoren sollte jedoch nur in solchen Fällen Anwendung finden, in denen sich durch kürzere Markteinführungszeiten eine höhere Produktdifferenzierung oder durch geringere Fertigungskosten ein echter Mehrwert erzielen lässt. Es gibt heute immer noch einige Bereiche der Basisbandverarbeitung, bei denen eine softwareprogrammierte Modemfunktionalität nicht die beste Lösung bietet. Die Anwendung mehrerer fest verdrahteter, dedizierter Sub-Module stellt dann eine bessere Alternative dar.

 

 

Software defined Radio ist ein System, das eine softwarekonfigurierbare Plattform zur Modulation und Demodulation eines Datensignals benutzt. Als Grundlage für ein komplexes Modem benötigt ein Software defined Radio eine gut programmierbare Hardware.
Software defined Radio ist ein System, das eine softwarekonfigurierbare Plattform zur Modulation und Demodulation eines Datensignals benutzt. Als Grundlage für ein komplexes Modem benötigt ein Software defined Radio eine gut programmierbare Hardware.

Hardware bleibt wichtig

 

Codecs beinhalten etwa Funktionen wie Viterbi-Algorithmen und Turbo-Kodierung/ -Dekodierung, die im Falle einer softwareprogrammierten Codec-Engine erhebliche Verarbeitungsressourcen in Anspruch nehmen würden – und zwar besonders angesichts der hohen Bitraten, die hier verarbeitet werden, typischerweise über 100 MBit/s. Da die Unterschiede zwischen den Standards jedoch eher gering sind, erfordern diese Funktionen keine zwingende Programmierung per Software. Daher ist es in solchen Anwendungsfällen sinnvoller, sie per Hardware- Beschleunigung in einer rekonfigurierbaren Codec-Lösung und nicht als softwareprogrammierten Codec zu verarbeiten. Gleiches gilt auch für den Bereich der Kanalfilterung.

 

Eine SDR-Lösung wird aus diesem Grund wahrscheinlich niemals ausschließlich softwareprogrammiert sein. Stattdessen wird hier ein Mix aus Programmierbarkeit und softwaregesteuerter Rekonfigurierbarkeit im HF-Frontend zum Einsatz kommen, bei dem Embedded Controller, digitale Signalprozessoren, Vektorprozessoren und Hardware-Beschleuniger alle einen Teil zur Gesamtfunktion des Systems beitragen.

 

In Zukunft wird ein SDR-basierendes Gerät nicht nur sämtliche Funkstandards empfangen können, sondern im Zuge der Weiterentwicklung zum Cognitive Radio auch über die Möglichkeit und Intelligenz verfügen, seine Umgebung sowie die Veränderungen in der Umgebung selbst wahrzunehmen. Entsprechend der Kapazität und Verfügbarkeit kann das System den passenden Übertragungsstandard, sowohl Breitband-, als auch Schmalbandverbindungen, auswählen. In der Folge wird das Spektrum an Übertragungsmöglichkeiten optimal hinsichtlich Qualität und Kosten genutzt.

Autor

Dr. Peter Mayer ist als Senior Director of Engineering bei NXP verantwortlich für die Entwicklung am Standort Dresden. Innerhalb des Geschäftsbereichs Mobile und Personal ist er speziell für die Entwicklung der softwarebasierten Modem-Plattformen zuständig. 

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