Ein paar E-Mails reichen der New Yorker Staatsanwaltschaft, um zwei Top-Banker im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkrise verhaften zu lassen und sie vor Gericht zu stellen.
Dem 52-jährigen Ralph Cioffi und dem 46-jährigen Matthew Tannin wird Betrug in Milliardenhöhe
vorgeworfen. Als Manager zweier auf Hypotheken ausgerichteter Hedge-Fonds der Investmentbank
Bear-Stearns sollen sie schon im Frühjahr 2007 gewusst haben, dass die Hypotheken der Fonds viel
weniger wert sind als offiziell dargestellt.
Als die Fonds später geschlossen werden mussten, hatten deren Investoren 1,6 Milliarden Dollar
verloren. Sollten Cioffi und Tannin vom Gericht für schuldig befunden werden, drohen ihnen
Haftstrafen von bis zu 20 Jahren.
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/im_buero_sind_private_mails_pass:/2007049/31325490_ha_CZ.html?thes=">Im
Büro sind private Mails passé
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/wirtschaftsspionage_via_mail_ueberrascht_die_unternehmen:/2008007/31398954_ha_CZ.html?thes=">Wirtschaftsspionage
via Mail überrascht die Unternehmen
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/e-mail-verkehr_automatisch_verschluesseln:/2007037/31215429_ha_CZ.html?thes=">E-Mail-Verkehr
automatisch verschlüsseln
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/mail-nachverfolgung_muss_zum_echtzeitprozess_werden:/2006050/30904082_ha_CZ.html?thes=">Mail-Nachverfolgung
muss zum Echtzeitprozess werden
Die einzigen Beweise, die die New Yorker Staatsanwaltschaft gegen die beiden hat, sind ein paar
E-Mails, die diese über die Qualität der Fonds untereinander ausgetauscht haben. "Es ist immer
wieder verblüffend zu erleben, mit welcher Sorglosigkeit die Leute E-Mails benutzen", sagt die
einstige Staatsanwältin Carol Bruce über die jetzt bekannt gewordenen Dreistigkeit.
Dabei glaubten die beiden Bankmanager, dass es völlig ausreichend sei, wenn man die kritischen
E-Mails über private Accounts verschickt. So kommunizierten beide bei vertraulichen Themen über die
privaten Accounts ihrer Ehefrauen, und sie haben auf ihren Clients auch stets die E-Mails
sorgfältig gelöscht. "Selbst Topmanager glauben immer noch, dass eine E-Mail auf ewig verschwunden
ist, nur weil die Delete-Taste gedrückt wird", wundert sich Matthew Orwig, Anwalt bei Sonnenschein,
Nath & Rosenthal in Texas.
Die New Yorker Staatsanwaltschaft erhielt jedoch von den Providern Kopien aller E-Mails und
nutzt die vermeintliche Spurenverwischung der beiden Angeklagten jetzt gegen sie: "Die Tatsache,
dass Cioffi und Tannin die privaten Accounts ihrer Ehefrauen für ihre sensitiven
Informationsaustausch nutzten, beweist, dass sie sich ganz genau im Klaren darüber waren, dass ihr
Handeln strafbar ist", heißt es in der Klageschrift.
In einer der dem Gericht vorgelegten E-Mails schreibt Cioffi an einen Kollegen: "Es wird nicht
gleich die ganze Wirtschaft zusammenbrechen, aber Wall Street wird mit Prozessen überschwemmt
werden, die Dealer werden Millionen verlieren, und der Hypothekenmarkt wird nie wieder so sein wie
zuvor." Und an den Kollegen Tannin schrieb er: "Der Subprime-Hypothekenmarkt ist sehr hässlich
geworden – ich denke, wir sollten schnellsten aussteigen." Doch Cioffi widersprach: "Stell dir vor,
ich habe noch Leute überzeugen können, Geld darin zu investieren." Kurz danach brachen beide Fonds
zusammen und lösten eine Beinahepleite von Bear-Stearns aus.
E-Mails gewinnen bei den amerikanischen Wirtschaftsprozessen eine immer größere Bedeutung, da
sie im Prozess eine starke Wirkung haben. "Die Nachricht wird vom Projektor an die Leinwand
geworfen und kann vom Richter, der Jury und dem Publikum gelesen werden, und parallel liest der
Ankläger süffisant jedes Wort entsprechend pointiert vor", sagt der frühere Staatsanwalt Joshua
Hochberg, der jetzt bei einer Anwaltskanzlei in Washington tätig ist.
Der erste spektakuläre Fall dieser Art war der Prozess gegen Frank Quattrone – damals Chef der
New Yorker Investmentabteilung von Credit Suisse. Ihm wurde eine E-Mail aus dem Jahr 2003 an seine
Mitarbeiter zum Verhängnis, in der er diese aufforderte, umgehend alle zweifelhaften "Dateien zu
bereinigen oder zu löschen". Kurz zuvor hatte er erfahren, dass die New Yorker Staatsanwaltschaft
ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen die Bank anstrebt.
Harald Weiss/wg