Moderner Robin Hood

»Hacktivist«: männlich, unter 30 , Mittelschicht

20. Februar 2015, 13:45 Uhr | Peter Tischer

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Hacktivist«: männlich, unter 30 , Mittelschicht (Fortsetzung)

Protest kann aber auch – früher wie heute – lediglich ein Mittel sein, um staatlichen Autoritäten und dem Netzkollektiv die eigene Genialität zu beweisen. Dass ein Genie in der Anonymität des Netzes unter einem Pseudonym operiert, tut dem Ego keinen Abbruch. Nicht immer muss man »Hacktivisten« also ein ideologisch gefestigtes Weltbild unterstellen. Auch der Fall eines investigativ arbeitenden Journalisten taucht in der Auswertung des BKA auf. Hacktivismus bewege sich »immer auf einem schmalen Grat zwischen Aktionen zivilen Ungehorsams und illegalen Angriffen bis hin zur Grenze des Cyberterrorismus«, zitiert das BKA.

Eine Erkenntnis, die vor allem für den FBI nicht neu ist. Der amerikanische Staatsschutz arbeitet schon seit einigen Jahren mit ehemaligen »Hacktivisten« zusammen, um von der hohen Kompetenz der zu White-Hats konvertierten Expertenauf dem Gebiet der IT-Sicherheit zu profitieren. Letztlich zähmt Business fast jeden Bürgerprotest, die Androhung hoher Haftstrafen ist ein effizientes Mittel der staatlichen Domestizierung im Digitalen. Generelle Aussagen zur Schadenshöhe jüngster »hacktivistischer« Aktionen liefert das BKA nicht. Von den hierzulande 78 bekannten Fällen waren immerhin zwölf Online-Versandhändler betroffen. Aus Angst vor Imageverlust dürfte die Dunkelziffer der nicht zur Anzeige gebrachter Hackerangriffe hoch sein.

Berühmtestes Opfer von Netzaktivisten wurde 1999 der US-Spielzeughändler eToys. Die Webseite des Internetversenders wurde in einer ausgeklügelten dreimonatigen Kampagne von der Netzkünstlergruppe eToy immer wieder lahm gelegt. Im Domain- und Markenrechtsstreit ging es lediglich um einen einzigen Buchstaben, mit fatalen Konsequenzen. Das strittige »s« kostete in der Hochphase des Dotcom-Booms eToys fünf Milliarden US-Dollar an Börsenwert. »Toywar« ist eine bis heute unerreichte Sternstunde von Netzaktivisten im friedlichen Kampf eCulture gegen eCommerce.


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