Ein Klebezettel auf der Kamera des Notebooks, um heimliche Beobachter auszusperren - ist das noch Bürobedarf oder schon IT-Security? Zwischen Sicherheitsbranche und Schreibwarenindustrie ist ein Kampf um Kunden entbrannt, der einige überraschende Lösungsansätze hervorzubringen scheint.
Gelegentlich sieht man auf Veranstaltungen oder in der Öffentlichkeit, dass Notebook-Nutzer ihre Webcam abgeklebt haben. Die Zahl derjenigen, die sich auf diese Weise einer heimlichen Beobachtung entziehen wollen, dürfte die Zahl derjenigen, die sich einfach nur durch die Lichtreflexionen gestört fühlen, deutlich übersteigen. Bislang kamen meist kleine Papierschnipsel und etwas Klebeband zum Einsatz, doch seit FBI-Direktor James Comey derartige Schutzvorrichtungen adelte und zugab, sie selbst zu verwenden, wittert die Security-Branche das große Geschäft. Wenn selbst der Oberschnüffler das für einen wirksamen Abwehrmechanismus hält, müsste man es doch auch Millionen von Anwendern verkaufen können, so die Hoffnung.
Die Hersteller arbeiten im Stillen bereits an eigenen Lösungen, um etablierten Playern wie 3M und Tesa ihre Kunden abzujagen. »Das ist kein einfaches Reselling-Geschäft«, jubelte im Hintergrundgespräch mit der CRN Kopfnuss bereits ein Channel-Manager, der namentlich nicht genannt werden will. »Mit Beratung und Service lässt sich hier massig Geld verdienen, denn die meisten Kunden brauchen Hilfe bei der Auswahl der Zettelfarben und beim Zuschneiden.« Künftig hält er sogar spezielle »No-Spy«-Kits für machbar, die vorgefertigte Klebeschnipsel nicht nur für Notebook und Standalone-Webcam enthalten, sondern auch für Smartphone und Tablet. »Den Leuten ist gar nicht klar, was für ein Überwachungsmonstrum sie mit ihrem Smartphone in der Hosentasche herumtragen«, berichtet der Manager schockiert und zeichnet ein Bild des Grauens: Videoüberwachung per Kamera, Abhören mit dem integrieren Mikrofon, Ortung über Mobilfunk und GPS, dazu die – erstaunlicherweise ab Werk – eingebaute Fähigkeit, Daten zu übertragen. Ein regelrechter Alptraum für die meisten Nutzer, der eigentlich nur durch abschirmende Handy- und Tablet-Hüllen aus Metall eingedämmt werden kann. Die würden sich allerdings wegen der Vielzahl an Modellen nur für Bestseller wie iPhone und iPad lohnen, räumt der Manager ein. Deren Besitzer seien dafür umso zahlungskräftiger und gerne bereit, weiteres Zubehör zu erwerben.
Ganz kampflos will die Büroartikel-Industrie den Security-Anbietern allerdings nicht das Feld überlassen. In geheimen Feldtests hat sie untersucht, wie der IT-Sektor am besten zu entern ist. Dabei fiel auf, dass die meisten Büroarbeiter kleine Zettel mit Passwörtern für IT-Systeme und Online-Dienste auf ihrem Schreibtisch verteilt haben. »Ein unglaubliches Sicherheitsrisiko«, lautete das Fazit. Eine Lösung hat die Schreibwarenbranche schon gefunden: Geheimtinte.