Seit über 50 Jahren bemüht sich die NSA weltweit, möglichst nahtlos alle Kommunikationskanäle anzuzapfen. Dank dem Sommerloch wird daraus plötzlich eine schockierende Erkenntnis.
Der Abhörskandal um die NSA-Lauschangriffe zieht immer weitere Kreise. Die deutsche Bundeskanzlerin persönlich, sonst nicht unbedingt für klare Worte bekannt, erklärt die umfassenden Abhöraktionen einerseits gespielt erbost als »inakzeptabel« und stellt fest »Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg« - als ob das etwas daran ändern würde, dass eine Generalüberwachung in einer Demokratie schlichtweg nicht zu rechtfertigen ist. Gleichzeitig schickt sie jedoch ihre Vertrauten wie Ronald Pofalla los, um den Freunden in den USA und Großbritannien die Treue auszusprechen. Aber auch die Opposition nutzt die willkommene Gelegenheit eines heißen Aufreger-Themas im Wahljahr, um der amtierenden Regierung die Schuld für das Ausspionieren eines ganzen Volkes in die Schuhe zu schieben. Die Presse nimmt solche Scharmützel – oder eher schon offenen Verbal-Bombardements – natürlich gerne auf und steigert ihre Auflagen mit der Angst der Bürger vor dem Generalverdacht aus Übersee.
Doch tritt man in all der Aufregung erst mal einen Schritt zurück und betrachtet die ganze Affäre mit etwas Abstand und klarem Blick, fällt schnell auf: Bei allem Lärm gibt es eigentlich wenig Neues zu berichten. Seit den 70er Jahren stehen im Lande kaum zu übersehende, weiße Gebäude, unter deren Kuppeln besagte NSA ihre Technik zur Überwachung der gesamten Kommunikation in, aus und nach Deutschland installiert hat. Meist in enger Zusammenarbeit mit unseren eignen Schlapphüten. Die gar nicht so geheime NSA beschreibt ihr noch weniger geheimes Ziel auf ihrer Webseite seit Jahren ganz offiziell darin, Kommunikation aller Art abzufangen, zu entschlüsseln und auszuwerten »um unter allen Umständen einen Entscheidungsvorsprung für unsere Nation und Alliierten zu erreichen«. Dass ein Geheimdienst mit diesem Credo, rund 50.000 Mitarbeitern und einem zweistelligen Milliardenbudget also keine Koi-Karpfen züchtet, versteht sich dem mündigen und interessierten Bürger eigentlich von selbst. Diese Erkenntnis ist ungefähr so schockierend wie die Information, dass Zuckerwatte keine Watte enthält, sondern nur Zucker.
Noch überraschender wie alltägliche Lauschpraxis der großen Brüder ist somit nur noch, was der Geheimdienst der CRN, »CIA«, jetzt herausgefunden hat: Um die Zeit bis zur Fertigstellung des neuen Datacenters in Utah zu überbrücken hatte die NSA schon seit Jahren einen Vorläufer von Prism im Einsatz, der selbst intimste personenbezogen Daten sammeln kann - wenn der Nutzer nur naiv genug ist, keine Gefahr zu wittern. Sein Name: Facebook.