Während für den Endanwender das Wort Spam fest an die vielen obszönen oder lästigen E-Mails gebunden ist, hat dieses Wort in der Welt der Suchmaschinen noch eine andere Bedeutung. Search-Engine-Spam (SE-Spam) ist kein Spam, den Suchmaschinen verbreiten, sondern Spam den vermeintlich clevere Website-Betreiber erzeugen, damit ihre Website ein besseres Ranking bekommt.
An die Öffentlichkeit treten diese Probleme immer nur dann, wenn es besonders spektakuläre Fälle gibt, beispielsweise das Delisting von BMW bei Google im vorigen Jahr. BMW hatte im großen Stil Webseiten geschaffen, die nur den Zweck hatten, auf die BMW-Seite zu verweisen, weil Googles Ranking stark von externen Referenz-Links abhängt. Doch der Einsatz von SE-Spam ist nicht nur auf Google beschränkt, auch Yahoo und MSN leiden unter den andauernden Manipulationsversuchen ihrer Rankings.
Auf einer Tagung am MIT in Boston diskutierten jetzt die SE-Experten über dieses Problem und mögliche Maßnahmen. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Suchmaschinenbetreiber als auch viele Institute hinter verschlossenen Türen an geeigneten Lösungen arbeiten. Grund für diese Geheimniskrämerei ist der, dass es den Unternehmen und Universitäten weniger um ein objektiv besseres Ranking geht, sondern um die zukünftige Vormachtstellung im Web-Search-Bereich – ein Multimilliardenmarkt, wie man seit Googles Börsengang weiß.
"Diejenige Search-Engine, die gegen Spam nicht mehr anfällig ist, wird in allerkürzester Zeit die dominierende Suchmaschine werden", sagte Bill Yerazunis, MITs Spam-Experte und Chairman der Veranstaltung. Sein Kommentar darüber, dass alle Beteiligten nur lauthals klagen, aber keiner einen Lösungsansatz anbietet: "Man stelle sich vor, MSN hätte eine Lösung gefunden – würden sie das hier vortragen?"
"Ich weiß, dass an vielen Hightech-Universitäten eine Reihe von hoch qualifizierten Teams daran arbeitet. Vielleicht erleben wir bald einen neue Uni-gesponserten Startup, der in wenigen Jahren als Milliardenkonzern an die Börse geht", sagt er mit einem schmunzelden Hinweis auf die Entstehungsgeschichte von Google.
Ein besonderes Problem des SE-Spam ist nach Ansicht vieler Experten die Herkunft. "SE-Spam geht von vertrauensvollen, meist renommierten Websites aus. Das sind keine Eintageskonten, sondern teilweise Fortune-500-Unternehmen, denen man solche Handlungen nicht im Entferntesten zutrauen würde", so Amanda Watlington, Inhaberin der Agentur Search for Profit. Dabei würden die meisten Unternehmen ihrer Ansicht gar nicht vorsätzlich, sondern überwiegend "fahrlässig" spammen, das heißt, sie wissen gar nicht, was sie tun. "Viele früher erlaubten und per Mund-zu-Mund-Propaganda weit verbreiteten Maßnahmen gelten inzwischen als Spam und können das Delisting bewirken, sobald es eine Suchmaschine entdeckt", gibt sie als Grund dafür an, weshalb soviele Seiten von den großen drei Anbietern nicht mehr indexiert werden. "Verantwortungsvolle Website-Betreiber kommen nicht mehr umhin, sich von Zeit zu Zeit die Hinweise der Suchmaschinen über den Aufbau einer ordnungsgemäßen Website genauestens durchlesen", so ihre dringende Empfehlung.
Harald Weiss/wg