American Angst

Zu Gast bei paranoiden Freunden

4. Juli 2016, 15:23 Uhr | Lars Bube

Die USA wollen ihren bizarren Fragenkatalog zur Einreise um eine neue Komponente erweitern. Neben der obligatorischen Auskunft über etwaige kriminelle und terroristische Pläne im Gastland sollen künftig auch Profile aus sozialen Netzwerken angegeben werden.

Die ganze Welt freut sich, wenn bekanntermaßen zahlungskräftige und ordnungsliebende Deutsche im Urlaub oder auf Geschäftsreise zu Besuch kommen. Die ganze Welt? Nein, denn ein gar nicht so kleines Land erweckt bei seinen Gästen den nachhaltigen Eindruck, hier nicht erwünscht sondern allerhöchstens mit sorgenvoll gerunzelter Stirn geduldet zu sein. Wer seine Freunde in diesem Land besuchen oder an einer Konferenz teilnehmen will, muss zuvor zahlreiche harte Prüfungen fehlerfrei überstehen.

So muss man den eigentlich als äußerst freundlich und umgänglich geltenden Gastgebern schon vorab bei der Anmeldung seines Besuchs unter anderem glaubhaft versichern, dort weder mit Drogen zu handeln noch an terroristischen Aktivitäten, Spionage, Sabotage oder Völkermord teilnehmen zu wollen. Grundlagen der Etikette und des Anstands also, die für einen Europäer eigentlich zur zivilisatorischen Selbstverständlichkeit nicht nur auf Reisen gehören. Und während das eigene Volk verständnislos den Kopf schüttelt, wenn man ihm von unseren bürokratischen Pflichten wie dem Einwohnermeldeamt berichtet, muss der Gast seinen Aufenthaltsort registrieren und auch seine Fingerabdrücke hinterlegen.

Alle Kenner dieser teilweise bizarren Abläufe werden erkannt haben, dass es sich bei den beschriebenen Verfahren nicht etwa um erkennungsdienstliche Verfahren der Kriminalpolizei oder Verhörtaktiken des Mossad handelt, sondern schlichtweg um die ganz »normalen« Einreiseformalitäten in die USA. Wehe dem, der eine der Fragen nach Gesundheit, sinisteren Plänen oder der eigenen Vergangenheit ehrlich oder aus Versehen mit einem »Ja« beantwortet oder aus anderen Gründen wie etwa einer doppelten Staatsbürgerschaft als so genannter »Selectee« eingestuft ist. Ihnen droht ein stundenlanges Kreuzverhör, an dessen Ende nicht selten die sofortige Heimreise samt Einreiseverbot steht.


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