Am Ende fehlte dem Weltmeister Spielwitz, taktische Flexibilität und schließlich Erfolgswillen. Von SAP hochgerüstet mit Big Data und diversen Analytics-Tools, zeigt die Pleite bei der WM-Vorrunde: Technologie im modernen Fußball ersetzt keine alten Tugenden auf dem Platz.
Es hätte so schön sein können. Deutschland taumelt vor Glück, wird zum fünften Mal Fußball-Weltmeister und Europas größter Softwarehersteller SAP schreibt eine weitere Erfolgsmeldung: »DFB und SAP beenden gemeinsam den Fluch des Weltmeisters. Titelverteidigung bei der WM in Russland gelungen«. Der leidige Rest ist, auch noch historisch einmalig, bekannt. Deutschland scheidet als Gruppenletzter in der Vorrunde aus, es hat für die noch Nummer eins der Weltrangliste nicht einmal gegen die auf Platz 108 stehenden den Koreaner gelangt. Die Innovations-Partnerschaft zwischen DFB und SAP hat nach Erfolgen in Brasilien 2014, beim Confed Cup 2017 und der UEFA U-21 Europameisterschaft 2017 dieses Mal einen herben Rückschlag erlitten.
Im Spitzensport findet seit einigen Jahren schon ein technologisches Wettrüsten statt. Generalstabsmäßig haben sich beim DFB die vielen Scouts, Trainerstab und die Spieler auf Gegner, ihre Spielzüge oder das Schussverhalten bei Elfmetern vorbereitet, haben Videosequenzen studiert, Muster analysiert und darauf abgestimmte Matchpläne erstellt. Teammanager Oliver Bierhoff ist die treibende Kraft einer technologischen Aufrüstung beim DFB mit den SAP-Cloudtools Match Insights, Challenger Insights und Penalty Insights. Die Investition in Technologie schien bei der letzten WM 2014 in Brasilien aufzugehen, denn noch nie hatte der DFB bei einer WM so viele Tore aus Standardsituation erzielt wie vor vier Jahren. Die digitale Transformation sei längst auch im Fußball angekommen, schwärmte Bierhoff. »Hier müssen wir weiterhin ein globaler Vorreiter sein und werden zusammen mit SAP an weiteren Neuerungen für den Fußball arbeiten«.
Und doch endete Big Data nun im Big Desaster. Auf taktisch überraschende Mexikaner wirkte das schablonenhafte DFB-Spiel harmlos, gegen die Kampf- und Laufbereitschaft der Schweden und Koreaner fehlten den homogenisierten Weltmeistern der Erfolgswille und die individuelle Klasse. Man wird Christoph Biermanns Buch »Machtplan« über die Digitalisierung des Fußballs nochmals neu bewerten. Und man wird fragen müssen: Warum hat ein »aufgebähter Betreuerstab« (11 Freunde) mit zwei DFB-Mitarbeitern auf jeden der 23 Spieler die alten Tugenden des Fußballs nicht eingefordert?