Wege zur Lärmverringerung bei IT-Schränken

Aktive Lärmreduktion

2. März 2008, 23:00 Uhr | Dr. Marc Hartel/dp Dr. Marc Hartel ist Abteilungsleiter Forschung und Entwicklung IT/Mechanik bei Rittal in Herborn.

Netzwerk- und Serverschränke sollen nicht nur eine optimale Kühlung und Stromversorgung der Komponenten garantieren, sondern auch leise arbeiten. Denn häufig werden die IT-Schränke aus Raummangel in Büroumgebungen aufgestellt, wo sie als störende Lärmquelle die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter einschränken können. Für diese Einsatzfälle entwickeln Schrankhersteller derzeit unterschiedliche Techniken zur Geräuschminderung. Besonders vielversprechend erscheinen dabei Methoden der aktiven Lärmreduzierung durch piezokeramische Aktuatoren.

Unternehmen sind auf leise arbeitende Netzwerk- und Serverschränke angewiesen, wenn sie diese in
oder in der Nähe von Büroumgebungen aufstellen. Damit sind Einzelbüros, Großraumbüros oder
Konferenzräume gemeint. Dies liegt einerseits daran, dass Lärm die Konzentrations- und damit die
Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter einschränkt. Andererseits schreiben Regelungen wie die
Arbeitsstättenverordnung sowie die Normen der VDI 2719 und der EN ISO 11690-1 Grenzwerte für die
maximale Geräuschemission vor. Im Fall der Arbeitsstättenverordnung etwa sollte der
Hintergrundgeräuschpegel in Einzelbüros 55 dB(A) nicht überschreiten. Es gilt als erwiesen, dass
Dauergeräusche ab 65 dB zu einem körperlichen Unwohlsein führen. Doch mit der stetig steigenden
Anzahl der aktiv zu kühlende Komponenten in den Schränken steigt die Anzahl und Leistung der
integrierten Lüfter, was wiederum den Geräuschpegel deutlich anhebt.

So müssen die Hersteller von Netzwerk- und Serverschränken Lösungen entwickeln, die den
austretenden Schallpegel deutlich reduzieren. Bereits im Vorfeld können sie zum Beispiel bei
lärmkritischen Produkten auf eine geräuschoptimierte Konstruktion achten. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass sich der Lärmpegel aus der Summe der Einzelkomponenten zusammensetzt. Eine
Strategie ist deshalb, den Geräuschpegel eines Netzwerkschranks punktgenau und frequenzunabhängig
bei Bedarf zu senken.

Messverfahren

Die Lärmentwicklung an einem Bauteil setzt sich aus Schallemission und Schallimmission zusammen,
also aus der Abstrahlung an der Schallquelle und dem Höreindruck an einem bestimmten Ort. Beide
müssen über eine bestimmte, definierte Zeitspanne untersucht werden. Außerdem muss die Messung über
den gesamten hörbaren Frequenzbereich erfolgen, um gezielt störende Frequenzen zu ermitteln. Der
Körperschall bezeichnet Schwingungen in Bauteilen, die durch Lüftermotoren und andere aktive
Bauelemente erzeugt werden und sich in den Festkörpern als Transversalwellen ausbreiten. Hingegen
breitet sich der Luftschall ausschließlich durch Longitudinalwellen aus, also Längswellen, die in
Ausbreitungsrichtung schwingen. Die Schallintensität kann sich zudem durch Reflexion verstärken.
Die Entwickler messen den auftretenden Körperschall mit dem Laserscanning-Vibrometer und den
Luftschall über ein Mikrofon-Array, beides in schalltoten Räumen. Für die Praxis relevant ist der
abgegebene Luftschall; die Ermittlung des Körperschalls dient überwiegend dazu, die Eigenfrequenzen
zu verifizieren und die Zonen für Dämpfungsmaßnahmen zu identifizieren.

Active Structural Acoustic Control

Um den entstehenden Lärm von IT-Schränken zu reduzieren, kann der Hersteller aktive sowie
passive Maßnahmen durchführen. Zu den aktiven Maßnahmen zählt zum Beispiel das so genannte Active
Structural Acoustic Control, das sich noch im Forschungsstadium befindet. Kommerzielle Anwendungen
werden in den nächsten Jahren erwartet. Bei dieser Methode wirken auf Gehäuseteilen montierte
piezokeramische Aktuatoren auftretenden Resonanzen direkt entgegen. Eine adaptive Steuerung
verursacht eine Gegenschwingung und verringert dadurch deutlich die am Bauteil auftretenden
Schwingungen. Der Schall wird also direkt am Entstehungsort minimiert. Bei dieser Technik ist auf
die korrekte Positionierung der relativ kleinen Aktuatoren zu achten, um ein optimales Ergebnis zu
erzielen. Für Schrankanwendungen bietet dieses Verfahren ein erhebliches Potenzial, da es gezielt
Schwingungen an Bauteilen und Beplankungsteilen wie Türen oder Seitenwänden unterbindet, was die
Abstrahlung des Sekundärluftschalls verhindert. Hinzu kommt, dass die kleine Bauform nicht die
gezielte Entwärmung des Systems behindert.

Erzeugen von Gegenschall

Eine weitere Möglichkeit, Lärm zu minimieren, bietet ein Aufbau, der zu einem Geräusch den
Gegenschall hervorrufen kann. Im einfachsten Fall geschieht dies mit einem System aus Mikrofon,
Lautsprecher und Steuerung. Dabei nimmt das Mikrofon die Geräusche auf, die Steuerung wertet sie
aus und strahlt das verstärkte Eingangssignal phasenverdreht über den Lautsprecher wieder ab. Diese
Lösung eignet sich für Systeme, bei denen Stör- und Empfangsquelle genau lokalisierbar sind und die
räumlichen Gegebenheiten für diesen Aufbau passen. So wird die Methode zum Beispiel bei Kopfhörern
mit aktiver Lärmkompensation angewendet, wie sie Piloten häufig benutzen. Ein weiterer Einsatzort
sind Lüfter in geschlossenen Belüftungssystemen. Bei ersten Anwendungen in IT-Schränken und
Gehäusen erwies sich diese Methode derzeit noch als zu aufwändig und unflexibel.

Minimierung der Lärmquellen und passive Methoden

Am einfachsten und kostengünstigsten realisierbar sind meist die passiven Methoden zur
Geräuschminderung oder der Verzicht auf unnötige Lärmquellen. So sollte der Anwender zum Beispiel
nur so viele Lüfter einsetzen, wie tatsächlich notwendig sind, und deren Drehzahl mithilfe einer
Drehzahlsteuerung an die Wärmeentwicklung vor Ort anpassen. Vergleichsmessungen ergaben, dass durch
eine Verringerung der eingesetzten Lüfter von sechs auf zwei der Geräuschpegel um fast 10 dB(A)
sank. Damit war der Schrank nur noch halb so laut. Eine weitere Maßnahme ist die Auskleidung von
Bauteilen mit Schalldämmmatten. Diese kostengünstige Möglichkeit zur Schallminimierung eignet sich
für mittlere und hohe Frequenzen. Die Geräuschreduzierung hängt dabei von der Materialart, -dicke,
-befestigung und -oberflächengestaltung ab. Neben der Auskleidung mit Dämmmaterial sollten Lüfter
und Baugruppen mechanisch mit Dämpfungselementen vom Schrank entkoppelt werden. Zudem bringt auch
eine Unterbindung des direkten Austretens von Luftschall eine Lärmreduzierung. Diese relativ
einfachen Maßnahmen im und am Schrank führen nach aktuellen Messungen von Rittal zu einer
Reduzierung des Luftschallpegels um mehr als 7 dB(A).

Fazit

Die Hersteller von Netzwerk- und Serverschränken können einen entscheidenden Beitrag dazu
leisten, Bürolärm zu reduzieren und damit das Wohlbefinden und die Leistungskraft der Mitarbeiter
zu steigern. Neben effektiven passiven Maßnahmen rücken zunehmend aktive Maßnahmen der
Lärmreduzierung in den Mittelpunkt.


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