Messen für Netzwerk- und RZ-Infrastuktur

Das richtige Schaufenster

31. Juli 2012, 6:00 Uhr | Dipl.-Ing. Doris Piepenbrink, freie Journalistin im München.

Auf welcher Messe kann sich der Experte für Verkabelung und Infrastruktur am besten informieren? Lohnt sich die Reise nach Hannover zur CeBIT oder zur HMI? Zeigen die Aussteller auf der Light + Building interessante Produkte für den Netzwerker? Ein - nicht ganz uneigennütziger - Versuch eines Vergleichs.

Manche Kritiker formulieren es drastisch: Die Zeiten der großen Publikumsmessen sind grundsätzlich vorbei. Längst habe das Internet die Rolle der Präsentationsplattform für neue Produkte eingenommen. Kaum ein Hersteller oder Anbieter kann es sich heute leisten, eine Ankündigung bis zu einem Messetermin zurückzuhalten. Zu groß ist der Druck, der von der digitalen Öffentlichkeit buchstäblich aus der ganzen Welt kommt.

Dennoch können sich die großen deutschen Frühjahrsmessen nicht über einen Besuchermangel beklagen. Offenbar hat sich Rolle der Messe grundsätzlich gewandelt: Heute ist sie mehr und mehr Treffpunkt für einen persönlichen Austausch, der gerade im Social-Media-Zeitalter wieder einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert geniest. Wie seit jeher gilt dabei doch: Vorarbeit durch den Aussteller ist gefragt, am besten in Form von konkreten Kundeneinladungen. Wer dagegen auf zufällige Laufkundschaft wartet, wird meist mit Langweile am Stand bestraft.

Für die Spezialisten der Netzwerk- und Infrastrukturfirmen gelten diese Aussage in einem ganz besonderen Kontext. So ist dieser Branchenzweig seit dem Verschwinden der "Leitmesse" Exponet gewissermaßen kollektiv auf der Suche nach einem gleichwertigen Ersatz. Im Frühjahr 2012 standen als Kandidaten mit unterschiedlichen Schwerpunkten die CeBIT, die Hannover Messe Industrie (HMI) und die Light + Building in Frankfurt zur Auswahl, für spezielle Anwendungen auch die Anga Cable in Köln. Allen Veranstaltungen gemein ist, dass sowohl die Netzwerker als auch RZ- und Infrastrukturexperten nicht die Hauptrolle spielen, sondern nur einen mehr oder weniger ausgeprägten Nebenpart einnehmen.

Die Redaktion der LANline war auf allen genannten Messen unterwegs, um sich selbst ein Bild zu machen. Nach wie vor besticht die CeBIT durch ihre Gesamtgröße (Besucher- und Ausstellerzahlen siehe Kasten auf Seite 8). Allerdings beklagen nicht nur CeBIT-Abstinenten in den vergangenen Jahren eine inhaltliche Verschiebung in Richtung Consumer-Welt. Dies beeinflusst ohne Frage heute auch das Profi-Umfeld erheblich. Mit Klingeltonangeboten will sich der ernsthafte CeBIT-Besucher allerdings wohl eher selten beschäftigen. Kritiker entdecken auf der CeBIT nun viele Themen, die vor einiger Zeit - wenig erfolgreich - in die CeBIT Home ausgegliedert werden sollten. "Da kann ich gleich auf die Funkausstellung gehen", fasst es der Kommentar eines Besuchers zusammen.

Die "Netzwerkhalle" auf der CeBIT gibt es in der alten Form nicht mehr, allerdings waren viele Infrastrukturanbieter in der Hallenreihe 11, 12 und 13 zu finden. Dort dominiert unter anderem seit einiger Zeit der Rittal-Stand, der praktischerweise gleich bis zur Hannover Messe Industrie aufgebaut bleibt. Im Zeichen des Zusammenwachsens von IT und Produktion bietet auch die HMI seit einigen Jahren immer mehr Netzwerkbezug. Die Überlegung, welche Art von Produktion oder Planung heute ohne Vernetzung noch denkbar wäre, macht den Zusammenhang klar.

Folgerichtig gab es auf der HMI einen speziell markierten Rundgang durch verschiedene Hallen unter dem Label "IT & Industrial". Diese an sich gute (und logische) Idee war leider nur halbherzig umgesetzt, denn bei vielen Ausstellern am Rande des Weges fragte man sich doch, was diese denn nun mit dem Thema zu tun haben sollten. Dennoch ist der Ansatz richtig, die industriellen Ausstellungstücke mit der dazugehörenden IT und dem passenden Netzwerk gemeinsam zu präsentieren. Diese Welten wachsen zusammen, Produkte werden abhängig voneinander geplant und gebaut und oft als Paket geordert.

Auf der Light + Building in Frankfurt, die alle zwei Jahre stattfindet, geht es in erster Linie um Beleuchtungstechnik und Innenarchitektur. Auch diese Themen deuten sofort an, wo die Berührungspunkte zur modernen Gebäudevernetzung zu finden sind. Infrastrukturanbieter fanden sich auf der Light + Building in zwei Hallen zusammen, was an der Gesamtmesse einen eher kleinen, aber nicht verschwindenden Teil ausmacht. Laut vielen Ausstellern ist auf der Messe noch am ehesten die "richtige Zielgruppe" anzutreffen (siehe auch Kasten "Light + Building vorn" auf dieser Seite). Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch für den Besucher, dass er dort neben den richtigen Produkten auch mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Kollegen aus der Branche treffen kann - unter heutigen Community-Aspekten ein nicht zu vernachlässigender Punkt. Allerdings gilt auch, dass die größte Zahl der Besucher aus dem Umfeld der Innendesigner und Architekten kommen dürfte - ohne Zweifel übte beim Thema Licht in diesem Jahr besonders die boomende LED-Technik mit ihren vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten eine hohe Anziehungskraft aus. Ob die Light + Building den Platz der Leitmesse für die Netzwerkinfrastruktur einnehmen kann, ist jedoch nicht nur wegen der Besucherverteilung unsicher: Die Messe findet im Zweijahresrhythmus statt, was nicht unbedingt den Innovationszyklen dieses Branchensegments entspricht.

Pluspunkt Konferenz

Die LANline war in Frankfurt als Kooperationspartner der Bildungsinitiative der Netzwerkindustrie (BdNI) vertreten. Die gemeinsame Vortragsreihe war durchweg gut besucht. Überhaupt drängt sich die Frage auf - und so viel Eigenwerbung darf an dieser Stelle erlaubt sein - ob nicht beispielsweise die Tech Foren der LANline zum Thema Verkabelung und Infrastruktur mit einem anspruchsvollen Kongress und einer kleineren, aber exklusiven Ausstellung die modernere Form der Präsentation darstellen. Immerhin kommen dort zu einzelnen Veranstaltungen rund 400 Teilnehmer und über das Jahr gerechnet deutlich mehr als 1.000.

Fazit

Ganz zuhause sind Netzwerker und besonders Verkabelungs- und Infrastrukturspezialisten auf keiner der deutschen Messen. Die Frage nach der dringend notwendigen "Leitveranstaltung" für diesen Branchenbereich bleibt zumindest teilweise unbeantwortet.
Doris Piepenbrink,
Dr. Jörg Schröper

Der Autor auf LANline.de: jschroeper

LANline.

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