Zukunftssichere Stromversorgung

Für jedes RZ die passende USV

14. August 2025, 10:00 Uhr | Autor: Marvin Likus | Redaktion: Jörg Schröper
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Die Anforderungen an unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USVs) in Rechenzentren haben sich gewandelt: Wer KI-Anwendungen in seinem RZ betreibt, hat deutlich höhere und dynamischere Lasten als bisher. Zudem müssen die hochverfügbaren Systeme heute erheblich energieeffizienter arbeiten als bisher.

Die Rechenzentrumslandschaft ist in den letzten Jahren erheblich dynamischer geworden: Virtualisierung, die Verlagerung von Kapazitäten in die Cloud und nicht zuletzt der Betrieb von eigenen Deep-Learning- und KI-Engines verlangen, dass sich nicht nur Rechenkapazitäten, sondern auch die Energieversorgung nahtlos an neue Anforderungen und dynamische Lasten anpassen. Hinzu kommen gesetzliche Regelungen wie das Energieeffizienzgesetz, das ein Energie- und Umweltmanagement vorschreibt.

Zum Thema hat auch die German Datacenter Association (GDA) in ihrem Data Center Impact Report Deutschland 2024 veröffentlicht, dass einige Rechenzentrumsbetreiber ihre Notstromversorgung künftig nicht mehr mit traditionellen Diesel-Generatoren betreiben wollen. Als Alternative bietet sich zum Beispiel ein Aggregat an, das mit Bio-Diesel arbeitet. Vielversprechend sei laut GDA zum anderen ein USV-System mit großen Batteriekapazitäten für eine deutlich längere Überbrückungszeit als die bisher üblichen sechs bis zehn Minuten.

Das europäische Verbundsystem zur Stromversorgung wurde ursprünglich basierend auf gut berechenbaren und steuerbaren Großkraftwerken konzipiert. Mit der zunehmenden Nutzung von erneuerbarer Energie werden diese nun durch zahlreiche Kleinanlagen ersetzt, die in ihrer Energieerzeugung schwer steuerbar sind, da Wind- und Sonnenenergie nicht konstant verfügbar sind. Dadurch wird es immer anspruchsvoller, die erforderliche Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch zu halten. Hinzu kommen Risiken wie Extremwetterlagen, Erdbeben, Cyber-Angriffe oder kriegerische Handlungen, die die Energieversorgung beeinträchtigen können.

Dies alles stellt neue Anforderungen an USVs in Rechenzentren. Deren Auslegung ist unter anderem abhängig von den Anwendungen im Rechenzentrum, der Verfügbarkeitsklasse des Rechenzentrums, seiner Infrastruktur und Größe sowie von der Nachhaltigkeitsstrategie. Die USV als Garant für eine zuverlässige Energieversorgung mit möglichst reiner Sinuskurve wird dabei immer wichtiger. Bei alledem sollen die Systeme so effizient wie möglich arbeiten. Damit hat so manche in die Jahre gekommenen USV-Anlage ausgedient und muss durch eine moderne ersetzt werden.

USV gewährleisten die Betriebskontinuität und schützen Geräte

USV sollen zum einen bei Netzausfällen die Betriebskontinuität gewährleisten. Mit ihren Batteriekapazitäten halten sie zuverlässig die angeschlossene Energieversorgungsinfrastruktur im Rechenzentrum aufrecht, bis entweder das Versorgungsnetz wieder online ist oder die Notversorgung anläuft. Zum anderen schützen USV-Systeme empfindliche elektronische Geräte vor Störungen in der Energieversorgung, etwa vor Spannungseinbrüchen oder Spannungsspitzen.

Ohne diesen Schutz können solche elektrischen Ereignisse zu Dienstunterbrechungen, Datenverlust oder sogar Schäden an elektronischen Geräten führen. Der Bericht „2024 Annual Outages Analysis“ des Uptime Institutes stellt anschaulich dar, dass Probleme mit der Stromversorgung nach wie vor die Hauptursache für größere Ausfälle in Rechenzentren sind. Sie sind für 52 Prozent aller Störungen verantwortlich. Darüber hinaus sollen 42 Prozent dieser Ausfälle direkt auf Fehler der USV zurückzuführen sein. Dies unterstreicht den dringenden Bedarf an robusten USV-Lösungen, die auf die besonderen Anforderungen moderner Datenumgebungen zugeschnitten sind.

Dimensionierung einer Rechenzentrums-USV

Bei der Auswahl der passenden USV für ein Rechenzentrum müssen zentrale Faktoren wie benötigte Leistung, Autonomiezeit und Architektur berücksichtigt werden. Die Dimensionierung einer USV umfasst die Energielast und die Anzahl der Batterien, die eine USV bei einem Stromausfall benötigt, um die Energieversorgung für die gewünschte Überbrückungszeit übernehmen zu können. Dazu müssen alle zu unterstützenden Lasten und ihre maximalen Schein- (Angabe in Voltampere VA) sowie Wirkleistungen (W) identifiziert werden. Das Personal des Rechenzentrums muss also zunächst den Energiebedarf der angeschlossenen Geräte ermitteln. Das betrifft alles, was über die USV versorgt werden soll: aktive IT-Komponenten wie Server, Storage-Geräte, Switches, Router genauso wie das Kühlsystem inklusive Lüfter.

Der daraus ermittelte Gesamtleistungsbedarf ist ausschlaggebend für die erforderliche Schein- und Wirkleistung der USV. Ist nur die Scheinleistung in Voltampere (VA) angegeben, berechnet sich die Wirkleistung, indem die Scheinleistung mit dem cos Phi der maximal tolerierbaren Phasenverschiebung multipliziert wird. Die benötigte Gesamtwirk- und Scheinleistung ist jeweils die Summe der Einzelwerte. Diese Leistungswerte in VA und Watt muss die USV mindestens bereitstellen können.

Bei einer Gesamtscheinleistung von 100 kVA und einem Ausgangsleistungsfaktor cos Phi von 0,9 erzielt eine USV zum Beispiel 90 kW Wirkleistung. Der Leistungsfaktor von modernen USV-Anlagen liegt heute in der Regel zwischen 0,94 und 0,98. Um Überlastungen zu vermeiden und einen unterbrechungsfreien Betrieb bei Lastschwankungen zu gewährleisten, ist es sinnvoll, bei der Gesamtlastleistung der USV etwas Reserve mit einzuplanen.

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Zusammenhang zwischen Schein- und Wirkleistung sowie Leistungsfaktor
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Ist die Lastleistung ermittelt, können die Batterien so dimensioniert werden, dass die USV die maximale Versorgungslast bei einem Stromausfall für die gewünschte Autonomiezeit übernehmen kann. Außerdem sollte der Planer auch hier leicht überdimensionieren, um Faktoren, die die Leistung der Batterien beeinträchtigen, mit zu berücksichtigen. Dazu zählen zum Beispiel Batteriealterung oder eine ungünstige Umgebungstemperatur. Hier sollte die Faustformel der Alterung mit Faktor x 1,2 angenommen werden.

Rechenzentren gelten als kritische Infrastrukturen. Deshalb muss die USV redundant ausgelegt sein. Früher haben Rechenzentrumsbetreiber zwei große, überdimensionierte USV-Anlagen eingebaut, um die Redundanz herzustellen und über ausreichend Reserve zu verfügen. Redundanz lässt sich heute besser über parallele modulare USV-Architekturen umsetzen, da diese schon mit einer USV-Einheit mehr das erforderliche Minimum an Redundanz (n+1) umsetzen können.

Diese N+1-Redundanz gewährleistet einen kontinuierlichen Betrieb, selbst wenn eine USV-Einheit oder ein Batteriemodul ausfallen sollte. Parallele modulare Architekturen lassen sich nicht nur einfach redundant auslegen, RZ-Betreiber können sie auch schnell erweitern, um neuen Anforderungen gerecht zu werden. Bei einem Anstieg der aktiven Last und des Strombedarfs fügt der Betreiber einfach zusätzliche USV- oder Powermodule nahtlos parallel hinzu.

Modulare USV-Systeme sind in der Regel ausreichend zur Absicherung von klassischen mittelgroßen On-Premises-Rechenzentren oder zum Beispiel von Edge-Rechenzentren im Bereich Forschung & Entwicklung oder im Fertigungsbereich. Für größere Rechenzentren sind skalierbare modulare Systeme anzuraten. Diese können in größerem Maße mit den Anforderungen mitwachsen, da bei Bedarf zusätzliche USV-Einheiten an das USV-System angereiht werden können.

Dieses „Power on Demand“ oder „Pay as you grow“ optimiert die Investitionskosten, indem der Betreiber nur dann Module oder USV-Einheiten für eine zunehmende Stromlast zukauft, wenn er sie tatsächlich benötigt. Zudem vereinfachen sie Installation und Batterieaustausch, was wiederum die Betriebskosten senkt. Zusätzliche Funktionen wie vollständiger Frontzugriff, erweiterte Diagnosefunktionen, benutzerfreundliche Displays und Fernüberwachung tragen zusätzlich zur Einsparung von Service- und Verwaltungskosten bei.

Energieverbrauch und Energieeffizienz

Die Energieeffizienz einer USV ist heute ein ausschlaggebender Faktor bei der Auswahl des Systems. Dabei versteht man unter USV-Effizienz das Verhältnis der an die Last gelieferten Energie zu der von der USV aus dem Stromnetz oder den Batterien aufgenommenen Energie. Um 2010 erzielten hocheffiziente USVs für Rechenzentren eine Effizienz von 95 Prozent, heute sind es um die 98 Prozent. Da die Effizienz mit der Last schwankt, ist es wichtig, dass die USV hohe Wirkungsgrade über einen breiten Lastbereich hinweg erzielt und nicht nur bei der Nennleistung. Dies gilt insbesondere bei einer redundanten Auslegung, wo ein Teil der USV-Einheiten mit geringerer Last betrieben werden.

USV-Systeme mit modularer oder skalierbarer Architektur weisen aufgrund der flexiblen Leistungsmodule und automatischer Leistungsanpassungstechniken tendenziell einen höheren Wirkungsgrad auf. Solche Designs optimieren die Effizienz selbst bei Teillast.

Manche Hersteller bieten ein erweitertes Batterielademanagementsystem für ihre USV-Systeme an sowie weitere Funktionen, mit denen sich die Effizienz der USV verbessern lässt.

Damit eine USV stets die Versorgung übernehmen kann, müssen die Batterien geladen und im guten Zustand sein. Daher nutzt die USV einen Teil der aufgenommenen Energie zum Laden der Batterien. Wird für das Aufladen der Batterien ein intelligentes Lademanagementsystem eingesetzt, lässt sich die Batterielebensdauer um die Hälfte verlängern. Das heißt, sie müssen entsprechend seltener ausgetauscht und entsorgt werden. Außerdem können Anwender durch ein dosiertes Aufladen den Energieverbrauch reduzieren, da die Batterien dabei nicht überhitzt werden. Das Lade-Management-System überwacht hierzu die Betriebsparameter Spannung und Strom in Echtzeit. Die Batterien werden zyklisch in mehreren Phasen aufgeladen, wobei die Dauer und Intensität der Aufladung vom Zustand der Batterie abhängen. Dieses optimierte Laden belastet die Batterien nicht.

USV
Keor Flex von Legrand ist ein Beispiel für eine skalierbare modulare USV für größere Rechenzentren. Sie erzielt eine Effizienz von 98,5 Prozent im Doppelwandlermodus und basiert auf 100-kW-Leistungsmodulen. Sie lässt sich mit mehreren aneinander gereihten USV-Einheiten zu maximal 1,2 MW auf bis zu 4,8 MW Nennleistung skalieren. Das ermöglicht die Absicherung von hohen Lasten oder eine besonders lange Überbrückungszeit.
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Fazit

Das alles zeigt: Es gibt nicht das eine USV-System für Rechenzentren. Jeder Systemtyp hat seine eigenen Vor- und Nachteile und muss bei der Auswahl sorgfältig überlegt werden. Rechenzentrumsmanager sollten eng mit USV-Herstellern zusammenarbeiten, um die beste Lösung für ihre Anforderungen zu finden. Die richtige Wahl kann zu einem hocheffizienten und belastbaren Rechenzentrumsbetrieb beitragen. Entscheidende Faktoren sind dabei Energieeffizienz sowie langfristige Kosteneinsparungen. Skalierbare modulare USV-Systeme erlauben eine passgenaue Dimensionierung und können mit den wachsenden Anforderungen des Rechenzentrums mitwachsen.

Marvin Likus ist Account Manager Legrand Datacenter Solution bei Legrand System.


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