Netzwerktechniker stehen bei Umpatchungen von LWL-Verbindungen immer wieder vor folgendem Problem: Ausgerechnet die Ports, die umgeschaltet werden sollen, oder die vorhandenen Reserve-Patch-Kabel sind ohne Staubschutzkappen. Die Stirnflächen müssten also gereinigt werden, doch das passende Werkzeug ist nicht zur Hand. Wer jetzt die Verbindung ohne professionelle Reinigung einfach schaltet, riskiert, dass die Glasfaser beschädigt wird.
Die Mehrzahl aller auftretenden Störungen in optischen Netzwerken lässt sich auf Verschmutzungen
der Glasfaserstirnflächen zurückführen. Schon kleinste Partikel im aktiven Kern einer Faser können
den Lichtweg blockieren, einen reflektierenden Luftspalt verursachen oder, je nach Konsistenz, die
polierte Steckerstirnfläche beschädigen.
Dies verursacht nicht nur eine erhöhte Einfügedämpfung, sondern auch eine zunehmende
Verschlechterung der Übertragungseigenschaften nach jedem weiteren Steckvorgang. Denn größere
Partikel können unter dem Druck des Steckvorgangs in kleinere Teile zersplittern und sich in die
Oberfläche eindrücken. Die Einfügedämpfung erhöht sich schon nach wenigen Steckvorgängen soweit,
dass das optische Dämpfungsbudget überschritten wird und keine Datenübertragung mehr möglich
ist.
Mit zunehmender Datenrate und Leistung verschärft sich das Problem. Denn dann macht sich auch
die optische Rückflussdämpfung als wichtige Kenngröße bemerkbar, deren dB-Wert insbesondere bei
breitbandigen Anwendungen möglichst hoch sein sollte. Sie hängt vor allem von der Qualität des
Lichtwellenleiters, der Spleiße sowie der optischen Stecker und deren Installation ab.
So reagieren manche Lasersysteme wie hochlineare DFB-Laser sehr empfindlich auf reflektierte
Signalanteile. Außerdem sind breitbandige optische Systeme für hohe Ausgangsleistungen konzipiert.
Setzt der Betreiber zum Beispiel Multiplexing-Verfahren wie CWDM oder DWDM mit Erbium- oder
Raman-Verstärkern ein, muss die optische Leistung deutlich angehoben werden. Bei solchen
Verbindungen muss mit der Anzahl der Kanäle (Farben) auch die optische Leistung entsprechend
vervielfacht werden.
Wie entscheidend die optische Rückflussdämpfung (ORL) für eine Verbindung sein kann, zeigt ein
Beispiel, bei dem zwei Rechenzentren mit 10GbE über Singlemode-Kabel miteinander verbunden wurde.
An beiden Standorten mussten die Verbindungen durch mehrere Technikräume hindurch geschaltet
werden. Nach Abschluss der Installationsarbeiten und der Abnahmemessungen starteten die Techniker
mehrere Testläufe, bei denen jeweils keine 10GbE-Übertragung zustande kam, obwohl die
Abnahmemessungen in Ordnung waren. Auch OTDR-Messungen brachten keinen Aufschluss über die Ursache
des Problems, da die gemessenen Dämpfungswerte nicht auffällig waren. Erst nach der Messung der
optischen Rückflussdämpfung stellte sich heraus, dass diese zu niedrig war. Die Installateure
hatten damals bei den Abschlussmessungen ein verschmutztes Messkabel verwendet und damit die
Schmutzpartikel auf die installierten Stecker übertragen. Die Störungsbeseitigung war somit relativ
einfach, aber sehr aufwändig, da mehrere tausend Stecker an unterschiedlichen Standorten gereinigt
werden mussten.
Da das Laserlicht nicht vom Glas absorbiert wird, findet bei der Übertragung in der Faser keine
nennenswerte Erwärmung statt. Befinden sich aber Licht absorbierende Verschmutzungen auf den
Kontaktflächen und reichen zudem in den Faserkernbereich hinein, werden sie vom Licht erwärmt. Das
Risiko einer Faserbeschädigung steigt dann enorm, da durch ein LWL-Kabel Energie mit sehr hoher
Dichte gesendet wird. Zur Veranschaulichung: Sendet ein Laser durch einen Faserkern einer
Singlemode-Faser (9 µm Durchmesser) eine Energie von 1 W, so entsteht in der Verbindung eine
Energiedichte von ungefähr 15,7 GW/m². Die solare Oberflächenenergiedichte liegt im Vergleich dazu
bei 62,6 MW/m². Das heißt, die Energiedichte in einer Singlemode-Faser ist 250-mal größer als auf
der Sonnenoberfläche.
Damit wird klar, warum die Senkung des Koppelverlustes und eine sorgfältige Handhabung der
Stecker so wichtig sind. Zudem sollten grundsätzlich auch alle mechanischen Parameter der IEC-Norm
eingehalten werden.
Damit ist es auch einleuchtend, dass vor jedem Steckvorgang die Steckerstirnflächen mit Hilfe
eines Mikroskops zu kontrollieren und gegebenenfalls zu reinigen sind. Mit den richtigen Werkzeugen
sind diese Probleme schnell, einfach und sicher zu beheben.
Der Fachhandel bietet hierzu eine große Auswahl verschiedener Inspektionsmikroskope, Monitore
und Reinigungswerkzeuge für Entwicklung, Produktion und den Feldeinsatz an. Einfache
Handmikroskope, analoge Videomikroskope mit verschiedenen Monitoren, digitale Videomikroskope für
PC oder Laptop, bis hin zu komplett ausgestatteten Inspektions- und Reinigungskoffern. Die
Mikroskope arbeiten üblicherweise mit einer 200- und/oder 400-fachen Vergrößerung und verfügen
meist über eine Fülle an optional erhältlichen Anschluss- und Steckeradaptern.
Die einfachen Handmikroskope sind relativ günstig und auch einfach zu bedienen. Leider verfügen
sie über keinen vollständigen Augenschutz. Der Anwender muss vor der Kontrolle sicherstellen, dass
die Übertragungswege freigeschaltet sind. Außerdem müssen Stecker in Patch-Feldern oder Spleißboxen
vor der Überprüfung erst umständlich ausgebaut werden.
Videomikroskope sind absolut augensicher und können einen Stecker auch durch einen Adapter
hindurch überprüfen. Damit entfällt der zeitraubende Ausbau. Selbst Stecker in räumlich beengten
Verteilerschränken, in Backplanes oder Messgeräten lassen sich damit einfach kontrollieren.
Digitale Videomikroskope oder analoge Videomikroskope mit USB-Adapter kann der Anwender direkt
an einen PC, Laptop oder ein OTDR neuerer Bauart anschließen. Sie bieten außer der Inspektion die
Möglichkeit, inspizierte Bilder von Steckeroberflächen für Dokumentationszwecke zu archivieren.
Bei den Reinigungswerkzeugen gibt es ebenfalls beides: einfache mechanische Werkzeuge zur
direkten Reinigung von Steckeroberflächen und solche, die durch eine Kupplung hindurch eingesetzt
werden können. Dies sind zum Beispiel portable Geräte, die mit einem Kompressor ein flüssiges
Reinigungsmittel durch die Steckeradapter hindurch spülen und nicht nur die Steckeroberflächen,
sondern auch die Adapter säubern. Optional kann der Benutzer auch ein Videomikroskop und einen
Monitor an diese Geräte anschließen und erhält somit ein kombiniertes Inspektions- und
Reinigungswerkzeug, untergebracht in einem handlichen Koffer. Generell sind von mehreren Anbietern
modular aufgebaute Inspektions- und Reinigungskoffer erhältlich, die sich für unterschiedliche
Anwender oder Anwendungen anpassen und mit unterschiedlichen Mikroskopen und Reinigungswerkzeugen
ausstatten lassen.
Nur eine sorgfältige Inspektion und Reinigung vor jedem Steckvorgang gewährleistet, dass eine
LWL-Verbindung ausreichend vor Störsignalen geschützt ist. Insbesondere bei hohen Datenraten ist
dies unerlässlich für ein betriebssicheres Glasfasernetzwerk.